Quentin Tarantino

Django Unchained

Dr. King Schultz (Christoph Waltz) und Django (Jamie Foxx). Foto: Sony Pictures Releasing
(Kinostart: 17.1.) «Inglorious Basterds» mit Pferden: Die Südstaaten-Sklaverei dient Tarantinos neuem Film als Anlass für Laber- und Metzel-Orgien. Im Dschungel der Zitate und Verweise steckt kein System, jedenfalls kein antirassistisches.

Quentin Tarantino lässt seinen achten Film von der Kette; aber das Timing, die Fabulierkunst und der Erfindungsreichtum seiner ersten drei Filme «Reservoir Dogs», «Pulp Fiction» und «Jackie Brown» sind längst dahin. Geblieben ist eine Zitate-Hölle, in der sich der Regisseur selbst nicht mehr zurecht findet. 

 

Info

Django Unchained

 

Regie: Quentin Tarantino
165 min., USA 2012; 

mit: Jamie Foxx, Christoph Waltz, Leonardo DiCaprio

 

Website zum Film

«Django Unchained» dürfte einem Großteil seiner Fans wieder sehr gefallen – ebenso wie jene B-Movies und Genre-Filme, aus denen Tarantino seine filmsprachlichen Stichworte bezieht. In denen muss man auch allerhand Redundanz ertragen, bis es zur Sache geht. Das kann Spaß machen, aber von einem neuen Tarantino wird mehr erwartet.

 

Postmoderner Stanley Kubrick

 

Immerhin gilt der Regisseur als eine Art postmoderner Stanley Kubrick: als jemand, der sich ein beliebiges Genre vornehmen kann, um damit Neues zu erzählen. Mit «Ingloriuos Basterds» mag ihm das mit Ach und viel Krach noch gelungen sein, doch «Django Unchained» ist kaum mehr als «Basterds mit Pferden» geworden. Das hat mehrere Gründe.


Offizieller Filmtrailer


 

Guter mit Herrenmenschen-Arroganz

 

Zunächst liegt es daran, dass Tarantino wohl der einzige Regisseur ist, dem Miramax-Chef Harvey «Scissorhands» Weinstein niemals Kürzungen aufdrücken würde. Diesem fast dreistündigen Film hätte dagegen eine Stunde Gewichtsverlust gut getan. 

 

Denn Christoph Waltz, den Tarantino zuletzt als blasierten SS-Offizier glänzend besetzte, darf nun mit derselben Herrenmenschen-Arroganz den Guten geben: Sein Dr. King Schultz – ein deutscher Zahnarzt, der als Kopfgeldjäger flüchtige Schurken eher tot als lebendig bei den Behörden abgibt – hat sehr viel zu erzählen.

 

Zäh wie TV-Produktionen

 

Kühne These: Hat Tarantino, der schon Tim Roth, Samuel L. Jackson, Christopher Walken und viele Andere legendäre Monologe halten ließ, sich in diesem Fall von Karl-May-Filmen und TV-Produktionen inspirieren lassen, in denen Christoph Waltz früher mitspielte? Die Rede ist von ARD-Krimis und ZDF-Romanzen; ungefähr in jener behäbigen Zähe ist «Django » inszeniert.

 

Es gibt haargenau eine Szene, die an große Tarantino-Momente erinnert, nämlich als der Ku-Klux-Klan als planloser Spießerverein demaskiert wird. Ansonsten regiert das bewährte Schema: Endloses Gelaber, bis einer die Knarre zieht, und dann blubbert ketchuprotes Kunstblut aus den Beuteln bis zum nächsten Schnitt.

 

Weder Sarg noch Einzelgänger

 

Der Titelheld bleibt seltsam blass. Obwohl der Clou gerade ist, dass mit Jamie Foxx ein Schwarzer den schweigsamen Einzelgänger spielt, der in zwei legendären Italo-Western von Franco Nero dargestellt wurde; hier hat Nero einen Kurzauftritt. Aber der neue Django schleppt keinen Sarg, sondern eine Kette mit sich herum. Und er ist auch kein Einzelgänger. 

 

Zu Beginn wankt er als Teil einer Chain Gang einer unerfreulichen Zukunft entgegen. Von Dr. King aus den Händen tumber Rednecks befreit, lässt sich Django selbst zum Kopfgeldjäger ausbilden, um schließlich seine Gattin Broomhilda (Kerry Washington) zu befreien.

 

Protest von Spike Lee

 

Dr. King versteht nur Brünnhilde und ist, gerührt von so viel deutscher Seele in des edlen Wilden Gemüt, mit von der Partie. Gemeinsam löschen sie den Haushalt eines sadistischen Plantagen-Besitzers aus: Leonardo Di Caprio in seiner besten Rolle seit «Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa» von 1993.     

 

Regisseur Spike Lee hat pünktlich zum Kinostart protestiert, die Sklaverei der Schwarzen sei kein «Spaghetti-Western» gewesen, sondern ein «Holocaust»; er wolle sich den Film gar nicht erst anschauen. Das ist schade, denn «Django Unchained» sieht aus, als hätte Tarantino ihn extra für Spike Lee gemacht. Die Frage ist nur, ob er den Kollegen beeindrucken oder verhöhnen wollte.