Gilles Bourdos

Renoir

Maler Renoir (Michel Bouquet). Foto: Arsenal Filmverleih
(Kinostart: 7.2.) Ein Maler-Porträt als Bonbonniere: Seinen Abgesang auf die Belle Epoque zelebriert Regisseur Bourdos im Stil des Impressionisten als Schwelgerei in delikaten Arrangements, die einen leicht schalen Nachgeschmack hinterlässt.

Pierre-August Renoir (1841–1919) war einer der produktivsten und erfolgreichsten Impressionisten. Seine lichten Bilder von Szenen voller Ausgelassenheit feierten das Lebensgefühl der französischen bourgeoisie – die dankte es ihm mit derart vielen Porträt-Aufträgen, dass sie ihm fast lästig wurden.

 

Info

Renoir

 

Regie: Gilles Bourdos
111 min., Frankreich 2012; 

mit: Michel Bouquet,
Christa Théret,
Vincent Rottiers

 

Website zum Film

Als er sich nach 1880 einer eher klassizistischen Malweise zuwandte, steigerte das noch seine Popularität. Sinnlich schwellende Rundungen und zarte Pastelltöne verliehen Renoirs Bildern in den Augen seiner Zeitgenossen den süßlichen, aber unwiderstehlichen Schmelz kostbarer Bonbonnieren.

 

Lebensende des Maler-Fürsten

 

Der Film von Regisseur Gilles Bourdos beschränkt sich auf eine Episode am Lebensende des Maler-Fürsten. 1915 hat sich Renoir (Michel Bouquet) längst auf sein Landhaus mit großem Grundstück an der Côte d´Azur zurückgezogen. Er trauert um seine kürzlich verstorbene Frau und wird von Arthritis geplagt.


Offizieller Filmtrailer


 

Hofstaat seiner Ex-Modelle

 

Dennoch lässt sich der Greis täglich von seinem Hofstaat ins Freie tragen, um zu malen. Vier weibliche Bedienstete umsorgen ihn – alle waren früher seine Modelle und Geliebte. Nun taucht eine fünfte Frau auf: Die selbstbewusste junge Andrée Heuschling (Christa Theret) denkt nicht daran, dieses Rollen-Modell zu übernehmen. Sie posiert für Renoirs Gemälde, lässt sich aber nicht von ihm umgarnen.

 

Eher schon von seinem Sohn Jean Renoir (Vincent Rottiers), der als Soldat aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrt, um eine Verletzung auszukurieren. Ungeduldig brennt er darauf, zurück an die Front zu gehen. Sachte lenkt Andrée seine Leidenschaft in eine andere Richtung: das Kino. Tatsächlich wird sie in den ersten sechs Filmen des später weltberühmten Regisseurs die Hauptrolle spielen.

 

Erlesene Bilderbögen

 

Wie der alte Maler seinem Modell mit Komplimenten, so schmeichelt ihm der Film mit Bildern. Nicht nur Andrées milchweiße Haut und feuerrotes Haar rückt er in warmen Sonnenschein, sondern das gesamte Ambiente: die gediegene Einrichtung des großbürgerlichen Anwesens und die üppig mediterrane Vegetation im weitläufigen Garten.

 

Die idyllische Szenerie fängt Kameramann Mark Ping Bing Lee, der 2000 den Autorenfilm-Hit «In The Mood For Love» von Wong Kar-Wai fotografierte, aus immer neuen Blickwinkeln ein. Mit sanft gleitenden Kamera-Fahrten schafft er erlesene Bilderbögen: lichtdurchflutete Tableaus aus zarten Valeurs und flirrenden Reflexen, wenn der Wind durch Gräser und Baumkronen streicht.

 

Versöhnlich milde Abendrot-Stimmung

 

Hintergrund

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau
bei Film-Zeit.


Lesen Sie hier einen Beitrag zur aktuellen Ausstellung  “Visions of Modernity” mit Werken des Impressionismus in der Deutsche Guggenheim, Berlin


sowie hier eine Besprechung der Ausstellung “Reiselust und Sinnesfreude” mit Werken deutscher Impressionisten in Apolda und Aschaffenburg.

In diesem in Schönheit erstarrten Refugium geschieht nicht viel. Als bei einem Picknick am Fluss eine Bö die Accessoires durcheinander wirbelt, sorgt das schon für einen Höhepunkt an Dramatik. Dass die belle epoque derweil in den Stahlgewittern des Krieges zerbirst, ist kaum zu erahnen.

 

Gemächlich und beschaulich geht es auch im Verhältnis der Personen untereinander zu. Die Spannungen zwischen den drei Hauptfiguren – weltflüchtiger und schönheitstrunkener Groß-Künstler, zwischen Eifer und Melancholie schwankender Sohn und seine abenteuerlustige Geliebte – werden meist im gepflegten Konversationston ausgetragen. Dieser Abgesang auf eine untergehende Epoche taucht alles in versöhnlich milde Abendrot-Stimmung.

 

Insofern fängt Regisseur Bourdos perfekt die Atmosphäre von Renoirs impressionistischem Œuvre ein: ein Fest des Lichterspiels, der harmonischen Kompositionen und subtilen Akzente. Das betört die Augen anfangs, ermüdet aber auf Dauer: eine Schwelgerei in delikaten Arrangements, die nach fast zwei Stunden einen leicht schalen Nachgeschmack hinterlässt.