Der ganze Felixmüller (1897 – 1977) soll es sein! Sein Frühwerk zählt zum Kanon des deutschen Expressionismus und ist in vielen Museen vertreten. Doch was danach kam, bleibt meist unbeachtet, als sei er untätig geblieben. Worüber der Maler sich bereits 1948 bitter beklagte: «Wollen Sie mich durchaus in den Expressionismus hineinkategorisieren und als 1920 gestorben hinstellen?»
Info
Conrad Felixmüller -
Zwischen Kunst und Politik
25.11. 2012 - 07.04. 2013
täglich außer montags 11 - 18 Uhr im Museum Gunzenhauser, Falkeplatz, Chemnitz
Katalog 28 €
20.04.2013 - 07.07.2013
täglich außer montags 14 - 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr, am Wochenende ab 11 Uhr in der Städtischen Galerie,
Hauptstraße 60 - 64, Bietigheim-Bissingen
13.10.2013 - 02.02.2014
täglich außer montags 11 - 18 Uhr im Ernst Barlach Haus, Jenischpark, Baron-Voght-Straße 50a, Hamburg
Sächsischer Staatspreis für Wunderkind
Er war ein Wunderkind. Schon mit 15 Jahren wird der Arbeitersohn in die Kunstakademie Dresden aufgenommen; seine Zeichnungen, Holzschnitte und Drucke sind so markant wie ausdrucksstark. Bald kommt der Durchbruch: 1915 führt ihn Ludwig Meidner in den Berliner Künstler-Kreis um den «Sturm»-Galeristen Herwarth Walden ein. Er ist mit Otto Dix, Carl Sternheim und Franz Pfemfert befreundet, dessen Zeitschrift «Die Aktion» er illustriert.
1917 hält Felixmüller im Atelier regelmäßig «Expressionistische Soireen» ab. Ein Sammler zahlt ihm monatlich 250 Mark für das Vorkaufsrecht bei allen Werken. Der Jung-Star heiratet, ist Mitglied von Sezessions-Gruppen in Dresden und Berlin, tritt 1919 der KPD bei und 1924 wieder aus – und erhält 1920 für ein heute verschollenes Gemälde den Sächsischen Staatspreis.
Impressionen der Ausstellung
Radikaler Bruch mit Sturm- und Drang-Jahren
Mit dem Preisgeld reist er nicht wie üblich nach Rom zur Künstler-Villa Massimo, sondern in Bergbau-Reviere von Ruhrgebiet und Sachsen. Dort beobachtet er Kohle-Kumpel und Stahl-Kocher in ihrer rußgeschwärzten Arbeitswelt. Seine Bilder sind weniger politische Anklagen mit revolutionären Forderungen, vielmehr einfühlsame Porträts ihrer Würde trotz widriger Lebensumstände; ihm liegt am «Mit-Empfinden» mit ihnen.
Mitte der 1920er Jahre löst sich Felixmüller vom Expressionismus. Nicht auf einen Schlag, sondern allmählich, dafür umso entschiedener. Damit steht er nicht allein: In der Weimarer Republik hat sich das O-Mensch-Pathos der Kriegszeit erschöpft. Viele Künstler wie Dix oder George Grosz greifen auf herkömmlich figurative Darstellungen zurück – und spitzen ihre «Neue Sachlichkeit» sozialkritisch zu. Doch wenige verwerfen ihre «Sturm- und Drang-Jahre» so radikal wie Felixmüller.
Kultivierung zur Salon-Malerei
Er versucht, verkaufte ältere Bilder gegen jüngere einzutauschen, und vernichtet oder übermalt viele frühe Arbeiten. Oder er rahmt Leinwände um und bemalt ihre Rückseite, da er sich neue nicht leisten kann. Geldnot plagt ihn und seine Familie jahrzehntelang; sein Stil-Wandel, den er «Kultivierung» nennt, wird von der Öffentlichkeit kaum goutiert.
Waren seine expressionistischen Bilder in bunten Farben mit leuchtenden Komplementär-Kontrasten gehalten, bevorzugt Felixmüller nun eine gedeckte Palette. Mit fein abgestuften Valeurs schafft er ausgewogene Kompositionen, die harmonisch wirken – oder fad. Stets zeigen sie, wie hervorragend der Künstler sein Handwerk beherrscht, doch viele gleichen akademischer Salon-Malerei.