Die Pazifik-Überquerung der Kon-Tiki 1947 ist eine der großen Erfolgs-Geschichten des 20. Jahrhunderts; erstaunlich, dass sie erst jetzt als Spielfilm ins Kino kommt. Doch eine Verfilmung gibt es längst: Thor Heyerdahl selbst erhielt 1951 für Aufnahmen, die er auf dem Floß gemacht hatte, den Oscar für den besten Dokumentarfilm.
Info
Kon-Tiki
Regie: Joachim Rønning + Espen Sandberg, 113 min., Norwegen/Großbritannien 2012;
mit Pål Sverre Hagen, Jakob Oftebro, Gustav Skarsgård
Norwegens teuerster Film
Nun bringen ihn Joachim Rønning und Espen Sandberg auf die Leinwand – mit der teuersten norwegischen Filmproduktion, die es je gab. Das Regisseur-Duo ist auf heimatliche Helden-Taten spezialisiert: In «Max Manus» porträtierten sie 2008 einen Widerstandskämpfer gegen die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg.
Offizieller Film-Trailer
Niemand glaubt Heyerdahl
Auch in «Kon-Tiki» kratzen sie nicht am Lack von Norwegens Nationalheiligtum; dazu böte Heyerdahls Vita auch wenig Anlass. Stattdessen folgt der Film dem klassischen Strickmuster eines Abenteuer-Epos: per aspera ad astra.
Dem jungen Forscher, der 1937/8 auf der Südsee-Insel Fatu Hiva lebt, erzählt ein Einheimischer von der mythischen Herkunft seines Volkes aus dem Osten. Das widerspricht dem damaligen Stand der Wissenschaft: Man nimmt an, dass Polynesien von Südostasien aus besiedelt wurde. Heyerdahl findet Stein-Statuen und Feldfrüchte, die denen in Südamerika ähneln. Doch niemand glaubt diese Theorie; seine Aufsätze bleiben ungedruckt.
Perus Präsident finanziert Expedition
So verfällt er auf die Idee, experimentell zu beweisen, dass er Recht hat. Er lässt aus 13 Meter langen Balsaholz-Stämmen mit traditionellen Methoden ein Floß bauen, das er auf den Namen des Inka-Sonnengottes tauft. Es wird allein von Querhölzern und Hanfseilen zusammengehalten und verfügt dabei über Mast, Steuer und Schutzhütte. Das einzige moderne Utensil ist ein Funkgerät.
Perus Präsident José Luis Bustamante gefällt die Vorstellung, Vorfahren seiner Landsleute hätten die Südsee erobert; er finanziert die Expedition. Bei seiner fünfköpfigen Crew verlässt sich Heyerdahl auf norwegische Freunde und Bekannte; nur einer kann segeln. Zwei wissen wenigstens mit einem Funkgerät umzugehen.
80 Minuten in der Wasserwüste
Diese Landratten stechen im Februar 1947 von der peruanischen Küste aus in See; ihr Gefährt erweist sich als quasi manövrierunfähig. Strömungen und Winde treiben es erst die Küste entlang, dann auf den offenen Ozean hinaus in Richtung Galapagos-Inseln. Nach 101 Tagen erreicht Kon-Tiki das Raroia-Atoll im Tuamotu-Archipel – unweit von den Marquesas-Inseln, wo Heyerdahl seine Theorie entwickelte.
Diese Pazifik-Überfahrt war gewagt, aber vor allem langwierig. Doch der Film umschifft souverän die verhängnisvollste Klippe: Mehr als 80 Minuten lang zeigt er fünf eher wortkarge Norweger auf engstem Raum in einer unendlichen Wasserwüste, ohne zu langweilen.
Sonnenverbrannte Wikinger mit Vollbärten
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung des 3D-Films "Life of Pi" von Ang Lee über einen "Schiffbruch mit Tiger"
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und hier eine Rezension der Ausstellung "Maori - Die ersten Bewohner Neuseelands" im Linden-Museum, Stuttgart.
Und die Regisseure verschweigen nicht das Geheimnis von Heyerdahls Berühmtheit. Der 33-jährige Anthropologe und Ethnologe mochte als Kapitän ein Anfänger sein; in Sachen PR war er ein Naturtalent. Schon das Auslaufen im peruanischen Pazifik-Hafen Callao inszenierte er als Volksfest.
Heyerdahl war Nichtschwimmer
Danach blieb die ganze Welt auf dem Laufenden: Bei jedem Funkkontakt gab er Position der Kon-Tiki und Lageberichte durch, die er unermüdlich schrieb. Karten, welchen Kurs das Floß nahm, erschienen auf der Titelseite der «New York Times». Den größten Sieg feierte Heyerdahl aber über sich selbst: Er war eigentlich wasserscheu und konnte nicht schwimmen.