Geoffrey Rush

The Best Offer – Das höchste Gebot

Der Kunstexperte Virgil Oldman (Geoffrey Rush) unterzeichnet den Vertrag mit Claire Ibbleston. Foto: Warner Bros.
(Kinostart: 21.3.) Psycho-Thriller im Kunsthandel: Ein Auktionator kann und hat alles, nur keine Frau – bis er einer mysteriösen Auftraggeberin verfällt. Kunst interessiert Regisseur Guiseppe Tornatore weniger als ein brutaler Bluff.

Systematisch sammeln heißt, eine eigene Ordnung dem Chaos der Welt entgegenzusetzen – und sei es der Unordnung im eigenen Gemüt. Virgil Oldman (Geoffrey Rush) hat eine phänomenale Kollektion erstklassiger Kunstwerke zusammengetragen. Sie füllen sein weitläufiges Luxus-Appartement in Wien; der Sammler schwimmt im Geld.

 

Info

The Best Offer –
Das höchste Gebot

 

Regie: Giuseppe Tornatore, 123 min., Italien 2012;

mit: Geoffrey Rush, Sylvia Hoeks, Jim Sturgess und Donald Sutherland

 

Website zum Film

Kapital und Kleinodien erwirbt er mit leichter Hand und scharfem Auge. Als weltweit renommierter Kunst-Experte taxiert er en gros wertvolle Gemälde, Skulpturen und Stilmöbel, die er anschließend im eigenen Auktionshaus versteigert. Fälschungen erkennt er auf den ersten Blick; die Museumsdirektoren des Louvre und der Eremitage suchen seinen Rat.

 

Bilder von Strohmann ersteigert

 

Oldmans größter Schatz verbirgt sich in einem Tresorraum: eine enorme Porträt-Galerie mit Frauen-Bildnissen von der Spätgotik bis zur klassischen Moderne. Um sie zu ergänzen, greift er zu schmutzigen Tricks. Auf von ihm falsch deklarierte Bilder lässt er seinen einzigen Freund Billy Whistler (Donald Sutherland) bieten, was sie ihm weit unter Marktwert sichert.


Offizieller Filmtrailer


 

Stundenlang betrachtet Oldman die gemalten Antlitze – vor realen Frauen scheut er zurück. Wie überhaupt vor seinen Mitmenschen, die er distanziert und herablassend behandelt: Telefonhörer umwickelt er mit Papier, nie legt er seine Handschuhe ab. Nicht einmal beim Essen in Edel-Restaurants, in denen er allabendlich allein diniert.

 

Agoraphobie der jungen Auftraggeberin

 

Eines Tages beauftragt ihn Claire Ibbleston (Sylvia Hoeks) telefonisch, die Kunstgegenstände im Stadt-Palais ihrer verstorbenen Eltern zu veräußern. Oldman macht sich an die Arbeit, doch die junge Frau tritt nie in Erscheinung. Bald findet er heraus, dass sie versteckt in diesem Palais haust – sie habe es seit zwölf Jahren nicht mehr verlassen, erklärt sie.

 

Gegen ihre Agoraphobie geht er unbeholfen, aber geduldig an. Dabei berät ihn Robert (Jim Sturgess), ein mit allen Wassern gewaschener Restaurator mechanischer Apparate und Frauenliebling. Allmählich gelingt es Oldman, Claire aus ihrem Refugium zu locken und ihr Herz zu gewinnen. Beide kurieren einander von ihren Phobien, ihr Glück scheint perfekt. Bis der alte Kunstkenner erkennen muss, dass er einer perfekten Fälschung aufgesessen ist.

 

Kunst als Staffage und gadgets

 

«The Best Offer» ist also eher ein Psycho-Thriller mit Krimi-Elementen als ein Film über Kunst. Die dient nur als Staffage, um den Objekt-Fetischismus von Oldman und seine vermeintliche Allwissenheit zu illustrieren. Er bewertet Renaissance-Plagiate ebenso präzise wie russische Avantgardisten, obwohl kein Experte in allen Epochen gleichermaßen bewandert ist. Oder Artefakte sind gadgets wie die antiken Getriebe, aus denen Robert einen verloren geglaubten Automaten-Menschen aus der Zeit der Aufklärung zusammenbastelt.

 

Hintergrund

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

und hier einen Beitrag über den Film "Die Mühle und das Kreuz": Regisseur Lech Majewski überträgt ein Gemälde von Pieter Bruegel auf die Leinwand.

 

und hier eine Besprechung des Films "The King's Speech"  - preisgekrönte Filmbiographie über König George VI. von Tom Hooper mit Geoffrey Rush.

Das Kunsthandels-Milieu, in dem der Film spielt, interessiert Regisseur Giuseppe Tornatore offenbar wenig. Das war in seinem Durchbruch «Cinema Paradiso» von 1990, der einen Oscar und Europäischen Filmpreis gewann, noch anders. Deutlich autobiographisch gefärbt, erzählte er von der magischen Anziehungskraft eines sizilianischen Dorf-Kinos, das die Hauptfigur bewog, abzuwandern und Film-Regisseur zu werden – wie Tornatore selbst.

 

Daniel Düsentrieb repariert alles

 

Damals wiesen Illusionen den Weg ins wahre Leben; diesmal verstellen sie ihn. Geoffrey Rush, der 2011 in «The King’s Speech» als jovialer Sprachtrainer von King George VI. begeisterte, überzeugt hier, solange er den arroganten Kunst-Schnösel gibt. Sobald er aber unerklärlicherweise dem Phantom einer Auftraggeberin verfällt, die nur durch geschlossene Türen mit ihm spricht, wirkt sein Dahinschmelzen arg ausgedacht.

 

Wie sein Ratgeber Jim Sturgess, der nicht nur à la Daniel Düsentrieb alles reparieren kann, sondern auch die Mechanik der weiblichen Seele virtuos zu bedienen weiß. Dass dieses gut zwei Stunden lange Auftauen eines emotional Vereisten in einem brutalen Bluff endet, ist umso frustrierender. So bleibt nur Ernüchterung: Bilder täuschen weniger als Menschen.