
Seit 40 Jahren blähen sich am Bennelong Point in Sydney die Segel der Kultur. Das Opernhaus von Jørn Utzon verankerte mit seiner kühnen Dachkonstruktion nicht nur die Stadt selbst, sondern den ganzen Kontinent Australien dank dieses architektonischen Zeichens auf der Landkarte zeitgenössischer Kultur.
Info
Kultur:Stadt
15.03.2013 - 26.05.2013
täglich außer montags
11 - 19 Uhr
in der Akademie der Künste,
Hanseatenweg 10, Berlin
28.06.2013 - 13.10.2013
täglich außer montags 10 bis 17 Uhr im Kunsthaus Graz, Lendkai 1
Gegenwind für Elbphilharmonie
Positive Effekte wünscht sich auch Hamburg von der Elbphilharmonie der Architekten Herzog & de Meuron. Als Flaggschiff der entstehenden Hafen City soll das Konzerthaus mit zerzauster Glaskrone ein neues Wahrzeichen der Hansestadt werden. Wegen Bau-Verzögerung und Kosten-Explosion bläst dem Renommier-Projekt inzwischen allerdings scharfer Gegenwind entgegen.
Interview mit Kurator Matthias Sauerbruch + Impressionen der Ausstellung
Eingriffe in städtische Umgebung
Aufstieg und Niedergang des «Bilbao-Effekts» dokumentiert die Ausstellung «Kultur:Stadt»; zuerst in der Berliner Akademie der Künste, danach im Kunsthaus Graz. Ihr Hauptinteresse gelte aber den Strategien dieser architektonischen Eingriffe in ihre städtische Umgebung, betont Kurator Matthias Sauerbruch, Architekt mit Büro in Berlin. 37 Projekte sollen zeigen, wie Kulturbauten Städte beeinflussen – baulich, ökonomisch und sozial.
Städte benötigen nicht unbedingt architektonische Ikonen; sie drücken wie in Sydney, Bilbao oder Hamburg oft ein ausgeprägtes Minderwertigkeitsgefühl aus. Kulturbauten können sich auch verstecken. Das von Jarbonegg & Pálffy 1992 entworfene Kunstzentrum der Generali Foundation in Wien fügt sich introvertiert in den unregelmäßigen Grundriss eines Hinterhofs ein.
Centre Pompidou als temporäre Zeltstadt
Mit funktional und einfühlsam gestalteten Innenräumen und ihrer Lage in direkter Nachbarschaft der Wiener Kunstinstitutionen beansprucht die Stiftung gleichwohl, als inhaltlich arbeitender Konkurrent der etablierten Museen wahrgenommen zu werden.
Andere Beispiele setzen ebenfalls auf architektonische Diskretion. Ein Ableger des Centre Pompidou fungiert als temporäre Zeltstadt, die transportabel ist und in variabler Form immer neu errichtet werden kann. Der Berliner Club Berghain zog in ein ehemaliges Kraftwerk ein: Er verzichtet auf bauliche Außenwirkung; wichtig ist nur, was drinnen passiert. Und die soziales Initative «Detroit Soup» spart sich eigene Räumlichkeiten und nutzt als Gast immer wieder andere Orte in der deindustrialisierten US-Metropole.
Kultur erhält Industrie-Großbauten
Kultur- und Kreativ-Wirtschaft ist zu einer bedeutenden Branche geworden. Der Ökonom Andy Pratt weist im Katalog nach, dass ihre Bruttowertschöpfung stetig wächst und in manchen Ländern mit der Automobil- und Chemie-Industrie gleichgezogen hat. Da verwundert nicht, dass Kultur-Einrichtungen verlassene Industrie-Standorte übernehmen und sie mit neuem Leben und Sinn erfüllen.
Beispiele sind etwa das Museum Tate Modern in London, die Zeche Zollverein in Essen oder das Berliner Radialsystem, ein Veranstaltungsort für Tanz und Konzerte. Ob Heizkraftwerk, Kohlebergwerk oder Abwasser-Pumpwerk – industrielle Großbauten von gestern können heute oft nur durch kulturelle Nutzung erhalten werden.