Berlin

Martin Scorsese

Jodie Foster, Robert De Niro und Martin Scorsese während der Dreharbeiten zu TAXI DRIVER, USA 1976. Foto: Martin Scorsese Collection, New York/ Quelle: Deutsche Kinemathek
So bedeutend wie vielseitig: Scorsese hat das Leben Jesu, des Dalai Lama, von Bob Dylan und Armani verfilmt. Doch unvergesslich ist seine virtuose Darstellung von Gewalt. Nun ehrt ihn die Deutsche Kinemathek mit der weltweit ersten Ausstellung.

Erstes Storyboard mit elf Jahren

 

Dabei kann Scorsese ganz anders; wenige Regisseure sind derart vielseitig. Er hat in «The Last Temptation of Christ» (1988) einen Roman über das Leben Jesu verfilmt und mit «Kundun» (1997) die Jugend des Dalai Lama. Spirituelle Motive tauchen häufig in seinen Werken auf; als Kind wollte er katholischer Priester werden. Oder Filmemacher: Mit elf Jahren zeichnete er sein erstes Storyboard – für einen Sandalen-Film mit Richard Burton und Alec Guiness.

 

Als eingefleischter Rock-Fan hat Scorsese außerdem seine Stars in mehreren Musik-Filmen verewigt: etwa in «The Last Waltz» (1978) und «Shine a Light» (2008) über Konzerte von The Band und den Rolling Stones, oder in Biopics über Bob Dylan und George Harrison – und den Modeschöpfer Giorgio Armani. Die Ausstellung präsentiert sogar Teile seiner Platten-Sammlung: penibel katalogisierte Singles im Tragekoffer.

 

Trommelfeuer entwaffnet Zuschauer

 

Dass dennoch vor allem gewaltlastige Filme des Regisseurs in Erinnerung bleiben, liegt an seiner virtuosen Inszenierung von Brutalität. Legendär der entscheidende Boxkampf in «Raging Bull»: Wie bei der Dusch-Szene von Hitchcocks «Psycho» zerhackt Scorsese das Geschehen in schnell geschnittene Sequenzen aus unterschiedlichen Perspektiven. Ein Trommelfeuer aus Bildern, das den Zuschauer völlig entwaffnet.

 

Welchen Aufwand derlei erfordert, zeigt das originale Storyboard des Films: Jede einzelne Einstellung, die nur Sekundenbruchteile dauert, hat der Regisseur eigenhändig gezeichnet. Gegenüber hängt der Schnitt-Plan seines jüngsten Films «Hugo Cabret». Allein die Aufstellung aller Szenen füllt die komplette Wand.

 

Appell für länger haltbare Farbfilme

 

Wesentlich länger ist die Liste der Filme, die Scorsese selbst gesehen hat. Sein Produktions-Büro in New York verfügt über ein eigenes Sichtungs-Kino samt «Vorführungs-Tagebuch» über alle Streifen, die dort laufen: oft mehrere pro Tag.

 

Hintergrund

Lesen Sie hier einen Beitrag über den Dokumentarfilm "Blank City" von Céline Danhier über die New Yorker Szene der 1970/80er Jahre

 

und hier eine Besprechung des Films "Hugo Cabret" von Martin Scorsese mit Ben Kingsley + Sacha Baron Cohen

 

und hier eine Besprechung der Ausstellung “Am Set: Paris – Babelsberg – Hollywood” über Standfotografie in Filmstudios in der Deutschen Kinemathek, Berlin.

Seit langem engagiert er sich für die Bewahrung des Weltkino-Erbes: Ende der 1970er Jahre appellierte er an Eastman Kodak, haltbarere Farbfilme herzustellen. 1990 gründete er eine Stiftung, die Filme restaurieren lässt. Und mit «Hugo Cabret» drehte er eine Hommage an die Anfänge des Kinos – mithilfe modernster 3D-Technik.

 

Mafia an der Wall Street

 

Kein Zweifel: Scorsese ist einer der bedeutendsten Regisseurs der Gegenwart. Seine windungsreiche Karriere lässt sich in der Ausstellung in allen Facetten nachvollziehen. Wobei die Anordnung in thematische Kapitel hilft, den Überblick zu behalten; er könnte sonst zwischen den zahllosen Dokumenten, Szenenbildern und Memorabilia leicht verloren gehen.

 

Doch alle Wege führen nach New York zurück; wie sein nächster Film, der Mitte Dezember in die deutschen Kinos kommt. «The Wolf of Wall Street» handelt von einem gigantischen Börsen-Betrug – bei dem natürlich die Mafia mitmischt: If I can make it there, I’ll make it anywhere!