Jon Brewer

BB King – The Life of Riley

B.B. King performing live at the Royal Albert Hall, 2011. Kevin Nixon/Guitarist Magazine. Copyright Future Publishing Limited, 2011./Quelle: Senator Film
(Kinostart: 9.5.) Filmisches Denkmal für eine lebende Legende: B.B. King hat den Blues populär gemacht wie kaum ein anderer Musiker. John Brewers Doku-Porträt erinnert ausgiebig an die elenden Anfänge; nur am Ende verflacht es zu TV-Ästhetik.

B.B. King ist eine der letzten lebenden Blues-Legenden. 1924 als Riley B. King in bitterer Armut geboren, öffnete ihm die Musik einen Weg in die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Nachdem britische Bands wie John Mayall & the Bluesbreakers und die Rolling Stones den Blues wieder populär gemacht hatten, erfuhr auch seine Karriere einen entscheidenden Schub.

 

Auf zahlreichen Konzert-DVDs ist B.B. King singend und Gitarren spielend zu sehen. In Richard Pearces Film «The Road To Memphis» stellte er persönlich die Stadt vor, in der er unter der Anleitung seines Cousins und Mentors Bukka White zum bluesman wurde; das «B.B.» in seinem Namen stammt aus seiner Zeit als Radio-DJ und steht für Blues Boy.

 

Info

BB King -
The Life of Riley

 

Regie: Jon Brewer

123 Min., USA 2013;

mit: B.B. King, Morgan Freeman, Eric Clapton

 

Website zum Film

Es gibt eine autorisierte Biografie, und sein musikalisches Werk wird regelmäßig neu aufgelegt: B.B. King ist alles andere als vergessen, sein Leben wohl dokumentiert. Warum also noch eine Dokumentation über B.B. King? Die Frage muss sich Regisseur John Brewer gefallen lassen – und er beantwortet sie mit großer Geste.

 

Definitives Porträt

 

Es fehlte eben noch das definitive Porträt, das Fazit, das filmische Denkmal; der Film, mit dem man zu den Oscars kommt. Schon dass als Erzähler Morgan Freeman fungiert, der ja meistens Richter, Gott oder eine andere moralische Autorität spielt, deutet darauf hin.


Offizieller Filmtrailer


 

Auf dem Acker schuften

 

Auch die schiere Zahl berühmter Interview-Partner, die Regisseur Brewer versammelt, dürfte einen Superlativ darstellen: Bill Cosby, Mick Jagger, Barack Obama, Bruce Willis, Johnny Winter, Ringo Starr, Eric Clapton, Carlos Santana und viele andere äußern sich zu B.B. King.

 

Er selbst kommt in diversen Situationen zu Wort: backstage, im Zug oder auf dem Acker, auf dem er einst selbst geschuftet hat; mal verschmitzt lachend, mal sarkastisch, mal hintergründig und bei allem Charme: bitterernst. Im ersten Teil vermitteln weniger populäre Zeitzeugen auf eindringliche Weise, aus was für elenden Verhältnissen sich der Mann emporgearbeitet hat.

 

B.B. King als Traktorfahrer

 

Noch vor dem Film-Vorspann erinnert Bill Cosby daran, dass dieser vielgepriesene sound, den wahre Fans beim ersten Ton erkennen, seine Wurzeln in äußerst schmerzhaften Erfahrungen hat. King wuchs in Mississippi bei Großeltern und Tante auf. Er fuhr Traktor und arbeitete als Baumwoll-Pflücker im System des sharecropping. Dabei erhielt der Landbesitzer einen Teil der Ernte; diese damals im Süden übliche, legale Weiterführung der Sklaverei zielte darauf ab, afroamerikanische Arbeiter ihr Leben lang in Schulden zu halten.

 

Zeuge eines Lynchmords

 

Es dauert lange, bis Riley B. King in der Chronologie des Films seinen Weg findet, wobei die interviewten Zeitgenossen ein dichtes Bild seiner Jugend schildern: Wie er jede Woche in Rufus Thomas‘ Talentshow auftrat, weil er vom Preisgeld leben musste. Wie Rassismus den Alltag bestimmte: King selbst erwähnt als unvergessliches Erlebnis einen grausamen Lynchmord, dessen Zeuge er wurde.

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Beasts of the Southern Wild" - surreales Südstaaten-Drama über Hurrikan "Katrina" von Benh Zeitlin

 

und hier einen Bericht über den Film "The United States of Hoodoo" -  Doku über Voodoo-Praktiken in den US-Südstaaten von Oliver Hardt

 

und hier eine Rezension des Films "The Black Power Mixtape 1967 - 1975" - fesselnde Polit-Doku über die US-Bürgerrechtsbewegung von Göran Hugo Olsson

 

Erst im zweiten Anlauf gelang es ihm, in Memphis als Radio-DJ und tourender Musiker seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Sein Erfolg beschränkte sich freilich auf die Kneipen, Cafés, Tanzhallen und honky tonk joints des so genannten chitlin‘ circuit der wichtigsten Auftrittsorte für Schwarze, den ein paar Veteranen in einer der schönsten Film-Szenen treffend beschreiben.

 

Weltstar nach Stones-Tornee

 

B.B. King führte ein Leben auf der Straße. Es dauerte noch Jahre, bis er die Linie der Segregation überschritt, die populäre Musik in den USA nach Rassen-Grenzen teilte. Erst als die ihn verehrenden Rolling Stones ihn mit auf Tour nahmen, wurde B.B. King zu einer internationalen Größe.

 

Der Film folgt diesem Weg mit gemessenem Tempo, wobei Bild-,Tonspur und die Erzählungen charismatischer Zeitzeugen einander handwerklich blitzsauber ergänzen. Jedoch: Je mehr B.B. Kings Karriere Fahrt aufnimmt, desto unergiebiger wird der Film. Wie es in einem seiner Songs heißt: «The Thrill is Gone», wenn von Stones-Bassist Bill Wyman bis Ausnahme-Gitarrist Derek Trucks ein berühmter Bluesmusiker nach dem anderen seine Anekdoten und Preislieder zu Protokoll gibt.

 

Mensch wird zur Ikone

 

Im Lauf des Films verwandelt sich B.B. King, den wir gerade als Menschen mit Launen und dunklen Erinnerungen kennen gelernt haben, wieder in eine Ikone. Wenn einer wenig interessanten Kooperation mit den irischen Musikern von U2 viel Platz eingeräumt wird und man B.B. King in einer Montage mit Regierungschefs und Königen sieht, dann wiederholt das öde jene TV-Ästhetik, die gerne Widersprüche in ein symbolkräftiges Bild eindampfen will.

 

Das steht in diesem Fall für – wofür sonst – den amerikanischen Traum, der sich in B.B. King unbestreitbar verwirklicht hat: Der einzige Missklang in einer Doku, die ansonsten anschließt an die Reihe gelungener Musiker-Porträts von «Nico – Icon» bis «Marley».