München

Brueghel – Gemälde von Jan Brueghel d. Ä.

Jan Brueghel d. Ä.: Großer Fischmarkt, 1603. Foto: © Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek, München
Der Meister der kleinen Dinge: Jan Brueghel d. Ä. war einer der vielseitigsten und brillantesten Maler um 1600. Die Alte Pinakothek präsentiert die enorme Bandbreite seines virtuosen Könnens – oft in Kooperation mit Maler-Kollegen.

Maler-Familien gibt es einige in der Kunstgeschichte, doch keine war so erfolgreich wie die Brueg(h)els. Ihre Mitglieder auseinander zu halten, fällt der Nachwelt nicht leicht: Alle hießen Pieter oder Jan, arbeiteten zeitweise zusammen und kopierten munter Maltechnik, Motive und ganze Gemälde ihrer Verwandtschaft. Wer soll sich da noch auskennen?

 

Info

Brueghel – Gemälde von Jan Brueghel d. Ä.

22.03.2013-16.06.2013

täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, dienstags 10 bis 20 Uhr

in der Alten Pinakothek, Barer Straße 27, München;

 

Weitere Informationen

Orientierung bietet nun eine Ausstellung in der Alten Pinakothek. Sie dröselt die verwickelten Familienverhältnisse auf, indem sie anschaulich vorführt, welche Eigenarten die einzelnen Brueghel-Maler hatten, wann und wie sie kooperierten und welche Einflüsse sie aufnahmen – voneinander und von Dritten.

 

Größte deutsche Brueghel-Sammlung

 

Das kann die Pinakothek souverän zeigen, weil sie über einen Werkbestand verfügt, der in Deutschland einmalig ist: Allein von Jan Brueghel d. Ä. besitzt sie 49 Gemälde, dazu zwei von seinem Vater Pieter Bruegel d. Ä. (er ließ aus unbekannten Gründen das «h» in seinem Namen weg), drei von seinem Bruder Pieter Brueghel d. J. und fünf von seinem Sohn Jan Brueghel d. J..

Impressionen der Ausstellung


 

Jan Brueghel d. Ä. als eigenständiger Künstler

 

Dazu kommen noch Werkstatt-Arbeiten; insgesamt 80 Bilder, von denen einige auf Galerien in ganz Bayern verteilt und für diese Schau nach München zurückgekehrt sind. Zusammen mit etlichen Leihgaben bieten die 130 Exponate einen mustergültigen Überblick über den gesamten Brueghel-Kosmos mit Freunden, Partnern und Schülern.

 

Zentriert um Jan Brueghel d. Ä. (1568 – 1625); sonst steht er oft im Schatten seines Vaters (1526/30 – 1568), aber hier zurecht im Mittelpunkt. Er wird nicht als sein Nachfolger charakterisiert, der nur allmählich aus dessen übermächtigem Erbe hervortrat, sondern als eigenständige Persönlichkeit, die rasch zum vielseitigen und führenden Künstler aufstieg.

 

Brueghel-Brüder kopieren unterschiedlich

 

Natürlich arbeiteten Jan wie sein Bruder Pieter Brueghel d. J. in der Tradition ihres früh verstorbenen Vaters. Der hatte quasi im Alleingang die Bauern-Genremalerei erfunden; seine «Wimmelbilder» voller Figuren und Allegorien von Sprichwörtern blieben auch nach seinem Tod enorm populär. Um die Nachfrage zu befriedigen, kopierten Jan und Pieter diese Werke, doch auf unterschiedliche Weise.

 

Während Pieter die Vorlagen des Vaters maßstabsgetreu abmalte, wählte Jan kleinere Formate und setzte eigene Akzente: Das wird deutlich an ihrer beider Versionen von «Die Predigt Johannes des Täufers», die direkt nebeneinander hängen. Pieter, der die Niederlande wohl nie verlassen hat, blieb zeit seines Lebens Kopist. Dagegen reiste Jan etwa 1589 nach Süden und erweiterte seinen Horizont.

 

Petersdom neben Antwerpen-Bauten

 

Von seinem mehrjährigen Aufenthalt in Rom brachte er nicht nur Kontakte zu Malern und Mäzenen mit, sondern auch zahllose Zeichnungen: etwa von Bögen des Kolosseums, antiken Gräbern oder dem Sibyllen-Tempel in Tivoli. Nach seiner Rückkehr 1596 streute er diese Motive in seine «Weltlandschaften» ein: Auf dem «Großen Fischmarkt» (1603) stehen der Petersdom und das Castel dell´Ovo in Neapel neben Bauten seiner Heimatstadt Antwerpen.

 

Geschätzt wurde Jan Brueghel d. Ä. für seine kleinteilige und zugleich äußerst präzise Malweise. Wie viele seiner flämischen Kollegen spezialisierte er sich auf Genres, vor allem virtuose Landschaften in Miniatur-Formaten; die Ausführung größerer Figuren überließ er anderen.

 

Teamarbeit mit Rubens

 

Durchaus üblich war Teamarbeit, bei der zwei Partner jeweils einen Teil der Komposition malten. Diese Bilder wurden anschließend von Werkstatt-Mitarbeitern kopiert und als Zweitfassungen günstiger angeboten. Am meisten begehrt waren Teamarbeit-Gemälde von Jan Brueghel d.Ä. und Rubens.

 

Brueghel legte Hintergrund und Details an, Rubens gestaltete die Figuren: Damit bekamen die Bilder eine sinnlich-barocke Note, während Brueghel eher nüchtern naturgetreu malte. Oder in umgekehrter Abfolge, wie bei diversen Madonnen im Blumenkranz. Dieses neue Genre erfand Brueghel um 1607; seine filigran lebensechten Blüten und Insekten trugen ihm den Spitznamen «Blumen-Brueghel» ein.

 

Optimierung durch Arbeitsteilung

 

Hintergrund

 

Lesen hier eine Besprechung des Films “Die Mühle und das Kreuz” von Lech Majewski: die Verfilmung eines Renaissance-Gemäldes von Pieter Brueghel.

 

und hier eine Besprechung der Ausstellung "Peter Paul Rubens" im Von der Heydt-Museum, Wuppertal

 

und hier einen Beitrag über die Ausstellung "Die verzauberte Landschaft" mit Landschaftsmalerei von Claude Lorrain im Städel, Frankfurt/Main

Solche Kooperationen gab es auch über große Entfernungen hinweg. Brueghel bemalte kleine Kupfertafeln, die er nach Venedig zu seinem Freund Hans Rotthamer schickte; der versah sie mit Figuren und sandte sie zum Verkauf zurück. Oder sie mündeten in eine Art Serienproduktion wie zwischen Brueghel und Hendrik van Balen. Beide hatten ihre Ateliers in derselben Straße in Antwerpen; viele Bilder wechselten mehrfach hin und her.

 

Das klingt nach prosaischer Massenfabrikation, doch das war sie nicht. Im Gegenteil: Indem Maler ihre jeweiligen Talente und Stärken einbrachten, erzielten sie optimale Ergebnisse – wie bei jeder Arbeitsteilung. Diese Spezialisierung ging sehr weit: So arbeitete Brueghel zuweilen mit Sebastian Vrancx zusammen, der sich auf Kampf- und Gefecht-Szenen konzentrierte.

 

Nie wieder Brueghels verwechseln

 

Dadurch ist es für heutige Forschung recht mühsam, herauszufinden, welcher Maler inwieweit an welchem Gemälde beteiligt war. Eine Sisyphos-Aufgabe, der sich die Alte Pinakothek voller Hingabe widmet: Der opulente, doch gut lesbare Katalog listet minutiös auf, was man über einzelne Bilder inzwischen weiß – und macht auf viele Details aufmerksam, die man beim Rundgang leicht übersieht. Damit man die Angehörigen der Brueghel-Dynastie nie wieder miteinander verwechselt.