München/ Hamburg/ Überlingen

Spinifex Arts Project: Aboriginal Art aus der Great Victoria Desert Australiens

Byron Brooks beim Malen. Foto: © Spinifex Arts Project/ ARTKELCH/Quelle: staatl. Museum für Völkerkunde München
Mit Gemälden vor Gericht ziehen: Damit erstritten Aborigines aus dem Südwesten Australiens 1997 die Rückgabe ihres angestammten Landes. Ihre farbenprächtigen, so komplexen wie geschichtsträchtigen Bilder sind nun in drei Städten zu sehen.

Freiluftmalerei wörtlich genommen: Aborigines malen ihre Bilder meist unter freiem Himmel auf dem Boden. Häufig als Gemeinschafts-Arbeit, bei der sie rings um eine großformatige Leinwand sitzen. Alle sind mit dem Thema vertraut: Schöpfungs-Mythen der dreamtime, die von den Ahnen im Land ihrer Herkunft berichten.

 

Info

Spinifex Arts Project: Aboriginal Art aus der Great Victoria Desert Australiens

 

28.3.2013 - 12.5.2013
täglich außer montags 9.30 bis 17.30 Uhr im Staatlichen Museum für Völkerkunde, Maximilianstraße 42, München

 

Katalog 14,90 €

 

Weitere Informationen

 

30.05.2013 - 03.06.2013
freitags bis sonntags 10 bis 20 Uhr in der Fabrik der Künste, Kreuzbrook 10/12, Hamburg

 

Weitere Informationen

 

07.06.2013 - 30.06.2013
täglich außer montags 14 bis 18 Uhr, samstags 11 bis 13 Uhr in der Galerie Gunzoburg, Aufkircher Str. 3, Überlingen

 

Weitere Informationen

Was wie abstrakt-dekorative Arrangements aus Kreisen und Punkt-Linien anmutet, ist Historien- und Landschaftsmalerei zugleich: Sie gibt bedeutende Ereignisse an gewissen Orten wieder. Angehörige eines Clans werden auf bestimmten Altersstufen in jeweilige dreamings eingeweiht; dann sind sie für Erhalt und Weitergabe der Geschichten verantwortlich.

 

Tüpfel-Zonen verdecken Geheimnisse

 

Deshalb beginnen viele Aborigines erst im hohen Alter zu malen: Nun haben sie genug Autorität, um die Mythen in Bildern festzuhalten. Wobei die typische Tüpfel-Technik oft nichts darstellen, sondern umgekehrt etwas verdecken soll: geheime Teile der Geschichten, die Uneingeweihten nicht enthüllt werden dürfen.

 

Das Spinifex Country liegt im Südwesten Australiens in der Great Victoria Desert; benannt nach einer Gras-Art, die Sandebenen und -hügel bedeckt. In diesem abgeschiedenen Gebiet bekamen manche Aborigines erst in den 1950er Jahren Kontakt zu Weißen: als sie in Missions-Stationen umgesiedelt wurden, damit die britische Armee dort Atombomben testen konnte.

 

Rückgabe-Klage mit Bildern untermauert

 

In den 1980er Jahren kehrten etliche in ihre Heimat-Region zurück. 1997 klagten sie auf Rückgabe ihres Landes – und belegten ihre Ansprüche mit zahlreichen Gemälden, die ihr profundes Wissen über das Terrain bezeugten. Drei Jahre später übereignete ihnen die Regierung per Vertrag das Spinifex Country.


Impressionen der Ausstellung


 

Kollektive Gestaltung + individuelle Stile

 

Seither malen die Künstler des Spinifex Arts Project beharrlich weiter. Ihnen kommt zugute, dass aboriginal art immer mehr geschätzt wird: Ihre Werke werden in Museen und Galerien weltweit ausgestellt. 25 davon sind derzeit im Münchner Völkerkunde-Museum zu sehen: in Zusammenarbeit mit der Freiburger Galerie «Artkelch», die seit 2007 jährlich eine Schau mit Aborigines-Kunst aus je einer anderen Region Australiens durch Deutschland touren lässt.

 

Dass die Künstler derselben Region entstammen, ist offensichtlich. Manche Gestaltungs-Elemente wie Netze aus Kreisen, die Orte markieren, und Verbindungslinien, die Wege und Reiserouten anzeigen, finden sich auf fast allen Werken. Doch es gibt auch eindeutige stilistische Unterschiede; einige Maler pflegen einen sehr individuellen Stil.

 

Wie Werke der Neuen Wilden

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier einen Bericht über das Gespräch mit Warwick Thornton über die Modernisierung der Aborigines-Kultur auf den "Künstler-Kongressen" der documenta 13

 

und hier eine Besprechung des Films "Samson und Delilah"  von Warwick Thornton - der erste Spielfilm von und mit Australiens Ureinwohnern

 

und hier ein Bericht über die Ausstellung "Remembering Forward" - Malerei der australischen Aborigines seit 1960 im Museum Ludwig in Köln

Am deutlichsten wohl Carlene West: Sie kombiniert große monochrome Flächen mit kleinteilig getüpfelten Zonen zu spannungsreichen Kompositionen. Dagegen beschränkt sich Simon Hogan, mit mehr als 80 Jahren der ältesten Künstler, meist auf zwei oder drei Farben, mit denen er reich ornamentierte Formen schafft. Hogan war ein Wortführer der Gruppe, die Ende der 1990er Jahre die Rückübertragung ihres Landes erstritt.

 

Kaum jünger ist Roy Underwood. Seine Bilder zeichnen sich durch streng wirkende Reduktion aus: vielfach verästelte Geflechte in Rot auf schwarzem Grund. Ähnlich geht Anne Hogan vor: Sie lässt große Partien frei, wodurch die von ihr verwendeten Ocker-Töne umso stärker hervortreten. Ganz anders arbeitet dagegen Anmanari Brown, die auf dot painting verzichtet. Mit schwungvollem Duktus malt sie in leuchtenden Farben, was ein wenig an Werke der Neuen Wilden erinnert.

 

Der schmale Katalog schildert anschaulich, wie die Spinifex-Künstler leben und arbeiten. Dazu erklärt er den mythologischen Hintergrund jedes Motivs: ein guter Einblick in die Jahrtausende alte Vorstellungswelt der Aborigines voller Skorpione, die in Fels-Spalten lauern und Schlangen, die in Wasserlöchern hausen. Man muss sie nicht namentlich kennen, um die Ausdruckskraft dieser so andersartigen wie harmonischen Bild-Schöpfungen zu bewundern.