Das Wort “Bekenntnisse” ist ziemlich aus der Mode gekommen, die Sache selbst umso populärer geworden: In unzähligen Talkshows legen die Teilnehmer einen Seelen-Striptease hin und enthüllen bedenklos ihr Innerstes.
Info
Confession
Regie: Sylvie Verheyde
115 Min., Frankreich/ Deutschland/ Großbritannien 2012;
mit: Pete Doherty, Charlotte Gainsbourg, August Diehl
Zeitgenosse im Biedermeier
Jetzt ist sein autobiographischer Roman über seine stürmische Liebe zu George Sand, femme fatale der ersten Jahrhunderthälfte, verfilmt worden: Die “Bekenntnisse eines Zeitgenossen” der Jahrzehnte der Restauration, die man in Deutschland Biedermeier nennt.
Offizieller Filmtrailer
Erst zieren, dann zögern
Erzähler Octave (Pete Doherty) lebt als Sohn aus gutem Hause wie in einem goldenen Käfig. Politisch bewegt sich nichts, sein Pariser Freundeskreis frönt allerlei dekadentem Zeitvertreib, um die Langeweile zu vertreiben; von Ausritten zu Pferd bis zu rauschenden Festen. Auf einer dieser Soireen liebäugelt Octaves Geliebte mit einem Anderen, was ihn vor Eifersucht rasend macht. Er stürzt sich in Gelage mit freizügigen Gespielinnen – bis sein Vater stirbt.
Schock und Läuterung des Helden: Nun macht er artig der jungen Witwe Brigitte (Charlotte Gainsbourg) den Hof, die sittsam auf dem Lande haust. Erst ziert sie sich lange, bis seine Beharrlichkeit obsiegt. Dann kann sie sich nicht dazu durchringen, mit ihm zu neuen Ufern aufzubrechen – bis seine Gefühle erkalten.
Pausbäckig und altklug in Rüschenwäsche
Feuer und Glut der Leidenschaft, Ernüchterung und Asche – eine alte Geschichte. Selten wurde sie so feinfühlig und nuanciert erzählt wie von de Musset. Regisseurin Sylvie Verheyde überträgt sie werkgetreu und zugleich absolut zeitgemäß auf die Leinwand: Die Hauptrolle mit Pete Doherty zu besetzen, ist ein Geniestreich.
Der skandalumwitterte Kopf der Britrock-Band “The Babyshambles” legt ein phänomenales Kino-Debüt hin. Weh und Ach einer zwischen Hingabe und Egoismus, Sehnsucht und Weltekel zerrissenen Seele verkörpert Doherty herzergreifend, wenn er pausbäckig und altklug aus seiner Rüschenwäsche guckt.
Drogen-Liaison als Schauspiel-Praktikum
Hintergrund
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Dass ihr dieser Verehrer nicht geheuer ist, kann man seiner Angebeteten kaum verdenken. Charlotte Gainsbourg verleiht ihrer Brigitte genau die richtige Mischung aus Willfährigkeit und Eigensinn, um sie als höhere Tochter der Epoche glaubhaft werden zu lassen. Einer Zeit, in der sich Frauen formal Männern in allen Belangen unterordnen mussten, obwohl sie begannen, sich mit Bildung selbstständig zu machen – die ersten Anfänge der Emanzipation.
Gegenwart in edlem Ambiente
De Mussets amour fou zu George Sand würde sich heute schwerlich so zutragen: Sie müsste kaum fürchten, was die Leute denken, wenn er sie täglich besuchte. Doch die Mechanik der Liebe verläuft unverändert vom ersten Auflodern bis zur Asche. Insofern zeigt “Confession” eine ganz gegenwärtige Geschichte – in edlem Ambiente, mit geschliffenen Dialogen und erlesenem Dekor.