Wayne Blair

The Sapphires

Die Sapphires geben auf der Bühne alles. Foto: Senator Film
(Kinostart: 20.6.) Flashback in die 1960er Jahre: Das Debüt von Regisseur Wayne Blair zeigt als Musical-Komödie mit sozialkritischem Touch, wie sich vier junge Aborigines-Frauen mit ihrem Gesangstalent gegen Rassismus in Australien durchsetzen.

1968: Die australischen Ureinwohner haben eben erst das Wahlrecht erstritten. Deswegen haben die Schwestern Gail, Julie und Cynthia auch nicht den Hauch einer Chance bei dem Talentwettbewerb, in dem sie zu Beginn des Films irgendwo im australischen Outback die Sprösslinge der weißen Mittelschicht an die Wand singen.

 

Info

The Sapphires

 

Regie: Wayne Blair

103 Min., Australien 2012

mit: Deborah Mailman, Jessica Mauboy, Shari Sebbens, Miranda Tapsell, Chris O‘Dowd

 

Website zum Film

Nur der irische Hausmusikant Dave („90 Prozent der Popmusik ist Müll. Der Rest ist Soul“) erkennt durch den Nebel seines Katers das Talent der Mädchen. Und da er ohnehin gerade gefeuert wurde, schlägt er ihnen vor, im gar nicht so fernen Vietnam die US-Truppen zu unterhalten. Seine Versuche, die kurzerhand „The Sapphires“ getaufte Band zu managen, gehören zu den running gags des Films.

 

Klassische Band-Geschichte

 

Es ist eine klassische Band-Geschichte, die Regisseur Wayne Blair da erzählt; die Kino-Version eines in Australien schon lange erfolgreichen Musicals. Autor Tony Briggs, der auch am Drehbuch beteiligt war, dramatisierte mit „The Sapphires“ die Geschichte seiner eigenen Familie.

 

Sie basiert auf den Erlebnissen der australischen Schwestern Laurel Robinson und Lois Peeler und ihrer Cousinen. Und so wie der strukturell ganz ähnliche Film „Priscilla, Königin der Wüste“, ist daraus ein feelgood movie geworden, wie es im Buch steht.


Offizieller Filmtrailer


 

 Brüder Bob und Harvey Weinstein

 

Nach dem Erfolgsrezept der Brüder Bob und Harvey Weinstein. Mit ihrem Filmvertrieb Miramax haben sie die Kunst verfeinert, „europäische“ (oder eben auch australische) Themen für das amerikanische Mainstream-Kino zu erschließen. Filme wie „Mein linker Fuß“ oder „Das Piano“ erfuhren auf diese Weise unverhoffte Erfolge. Das gelang den Brüder vor allem mit einer flotten Schnittfassung, weswegen sich Harvey Weinstein auch den Spitznamen „Harvey Scissorheads“ verdient hat. Wie viel Federn ein Film nach der Übernahme des Vertriebs durch die Weinstein-Company lassen muss, ist dabei einerlei.

 

Herzerwärmende Songs

 

Fest steht: Die Geschichte der Sapphires entfaltet sich im zügigen Tempo und erlaubt sich in seiner routinierten Montage aus herzerwärmenden Songs, sympathischen Charakteren, flotten Dialogen und wohlgesetzten Pointen keine Durchhänger. Von der ersten Begegnung singen und spielen sich einem die Hauptdarstellerinnen, zur Hälfte Kino-Debütantinnen, ins Herz. Als versoffener, aber herzensguter Manager zieht Chris O’Dowd alle Register seines Knuddelbärchen-Charmes. Damit erweicht er sogar das Herz der ältesten Schwester Gail (Deborah Mailman), die aber auch lernen muss, dass die Sängerin mit dem größten Mundwerk nicht automatisch zur Frontfrau wird.

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit

 

Lesen Sie hier eine Besprechung der Ausstellung  "Spinifex Arts Project" - Aboriginal Art aus der Great Victoria Desert Australiens im Staatlichen Museum für Völkerkunde, München

 

und hier einen Bericht über das Gespräch mit Warwick Thornton über die Modernisierung der Aborigines-Kultur auf den "Künstler-Kongressen" der documenta 13

 

und hier eine Rezension des Films "Samson und Delilah"  von Warwick Thornton - der erste Spielfilm von und mit Australiens Ureinwohnern

 

Dieser Konflikt wird ebenso rasch aus dem Weg geräumt, wie alle weiteren Hindernisse auf dem Weg zum Happy-End. Der Krieg in Vietnam ist gerade so bedrohlich, wie er sein muss, um die Handlung voran zu treiben, aber keine wirkliche Strapaze. Die Bürgerrechtsfrage und ihr fundamentaler Zusammenhang mit der Soul-Musik, mit der die Mädchen ja nicht von ungefähr bei den G.I.s punkten, ist eine historische Unterströmung, die als bekannt vorausgesetzt und deswegen nicht weiter thematisiert wird.

 

 Sozialkritischer Touch

 

Etwas in die Tiefe geht der Film, wenn er auf ein spezifisch australisches Thema kommt: Die vierte Sapphire muss nämlich, bevor es richtig losgehen kann, aus einer weißen bürgerlichen Familie losgeeist werden.

 

Dass Cousine Kay (Shari Sebbens) zwar auch eine tolle Stimme, aber einen komplett anderen background hat, liegt, so erfahren wir in Rückblenden, an einem dubiosen Regierungs-Programm. Es riss hellhäutige Mischlingskinder von ihren Eltern los, um sie in weißen Familien aufwachsen zu lassen. Auch da gilt es also, auf dem Weg zum happy end ein paar offene Wunden zu heilen.

 

Die Sache der Aborigines

 

Das gilt natürlich nicht nur für die Sapphires, sondern betrifft auch die Gesellschaft Australiens, was zum Teil den Erfolg von Musical und Film erklärt. Dass die Damen, auf deren Geschichte der Film sehr lose beruht, allesamt für die Sache der Aborigines eingetreten und dabei hohe Ämter erreichten, gibt dem feelgood-Faktor also auch noch humanitäres Gewicht. Warum auch nicht!?