
Farb-Symbolik im Pferde-Kampf
In diesen Jahren fand Saleh zu seinem Markenzeichen: bewegte Jagd- und Kampf-Szenen mit Reitern und wilden Bestien. Von französischen Romantikern wie Horace Vernet übernahm er verschlungene Kompositionen und exzentrische Tieransichten; sie reicherte er mit tropischer Fauna und Elementen südostasiatischer Landschaften an.
Salehs Symbolik wirkte auf europäische Betrachter fremdartig. Etwa bei Pferden: Schimmel dulden Attacken stets, Rappen wehren sich und Füchse flüchten panisch. Im Gemälde „Pferde, von Löwen angegriffen und von einer Schlange verteidigt“ (1841) widerspricht die Rolle des Reptils abendländischem Verständnis: Die Schlange ist nicht verderblich, sondern hilfreich. Was sich aus der Mythologie von Java ableiten lässt: Die Naga-Schlange garantiert die Fruchtbarkeit allen Lebens.
In Frankreich ist Orientalismus etabliert
Solche Bilder fanden reißenden Absatz. Sie entsprachen der Vorstellung von „leidenschaftlichen Orientalen“ aus einer Weltgegend voller Dramatik. Eine Fantasie, die Saleh geschickt förderte: Er nobilitierte sich selbst, indem er sich „Prinz“ nannte und den Zusatz „von“ in seinen Namen schmuggelte. Seine vermeintlich adlige Abstammung verschaffte ihm Zugang zu höchsten Kreisen und dem sächsischen Königshof.
Als er 1845 nach Paris übersiedelte, begann sein Stern zu sinken. In Frankreich hatte sich nach der Eroberung Algeriens 1830 der Orientalismus als Malschule längst etabliert. Salehs Motivwelt erregte hier ebenso wenig Aufsehen wie seine Herkunft aus Übersee. Sein letzter großer Erfolg war 1851 die Verleihung des niederländischen Titels „Maler des Königs“; danach kehrte er nach Java zurück.
Nur Gespräche über Zucker + Kaffee
Dort fiel es ihm schwer, wieder Fuß zu fassen. Zwar betreute er die staatliche Gemäldesammlung voller Porträts von Kolonial-Beamten, sammelte indigene Kunst für offizielle Stellen und malte weiter. Doch Saleh, der das kulturelle Leben Europas gewöhnt war, ödete die Beschränktheit der Kolonial-Verwaltung an. Diese Leute sprächen nur über „Zucker und Kaffee, Kaffee und Zucker“, beklagte er in Briefen.
1869 wurde er unter dem Verdacht rebellischer Umtriebe unbegründet verhaftet. Die Haft traumatisierte ihn; er verfiel in Depressionen. Während einer dreijährigen Reise durch Europa misslang ihm, sich hier wieder dauerhaft niederzulassen. Als er 1880 auf Java starb, war er nervlich zerrüttet und verarmt.
Genie der Liebenswürdigkeit + Freundschaft
Ein Wanderer zwischen den Welten, der überall ein Außenseiter blieb, obgleich er sich jedem Umfeld anzupassen verstand. Saleh scheint ein Genie der Liebenswürdigkeit und Freundschaft gewesen zu sein: Die Ausstellung strotzt geradezu von Zeugnissen, die seine zahllosen Kontakte in alle Richtungen belegen. Andernfalls wäre es ihm auch kaum gelungen, jahrelang in Elite- und Intellektuellen-Zirkeln europäischer Metropolen zu verkehren.
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung „Das fremde Abendland? Orient begegnet Okzident von 1800 bis heute“ im Badischen Landesmuseum, Karlsruhe
und hier eine Besprechung der Ausstellung "ASIA: Looking South" mit Gegenwarts-Kunst aus Indonesien in der Galerie ARNDT, Berlin
und hier einen Beitrag über die Ausstellung "Orientalismus in Europa" mit Werken des 19. Jahrhunderts in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München.
Neues Saleh-Museum in Jakarta
Die Schau konzentriert sich vorwiegend auf Salehs Aufenthalte in Deutschland, insbesondere die Jahre in Dresden: Regierungschef von Sachsen war damals Bernhard August von Lindenau, dessen Nachlass den Grundstock des Museums bildet. Dagegen kommen die Lebensabschnitte in den Niederlanden und Java etwas zu kurz.
Aus praktischen Gründen: Der Transport von Arbeiten, die sich in Indonesien befinden, wäre zu teuer. Wer das Gesamtwerk von Saleh kennen will, müsste demnächst um den halben Globus fliegen: In Jakarta wird derzeit sein letzter Wohnsitz, das Herrenhaus von Cikini, in ein Prinz-Raden-Saleh-Museum umgewandelt.