Florian Flicker

Grenzgänger

Ronnie (Stefan Pohl), Jana (Andrea Wenzl) und Hans (Andreas Lust) vor ihrer Hütte. Foto: © Thimfilm
(Kinostart: 12.9.) Dreiecksbeziehung an der Donau: Eine Frau steht zwischen ihrem Mann, der Menschen schmuggelt, und dem Soldaten, der ihn ausspioniert. Regisseur Flicker aktualisiert den Österreich-Klassiker sehr ruhig und bedeutungsschwer.

Eine klassische Dreiecksgeschichte, und doch eine außergewöhnliche Konstellation in völliger Abgeschiedenheit: Ein Soldat verliebt sich in die Frau eines Fluchthelfers, den er observieren soll. Der Schlepper wiederum bittet seine Frau, sich auf den jungen Mann einzulassen, um ihn abzulenken. Und die Frau gerät zwischen die Fronten der beiden Männer, bis sie eine folgenschwere Entscheidung trifft.

 

Info

 

Grenzgänger

 

Regie: Florian Flicker

88 Min., Österreich 2012

mit: Stefan Pohl, Andrea Wenzl und Andreas Lust

 

Website zum Film

 

Der Stoff von „Grenzgänger“ basiert auf dem Theaterstück „Der Weibsteufel“, das Karl Schönherr 1914 schrieb. Regisseur und Drehbuchautor Florian Flicker hat die Handlung stark modernisiert; für seine Adaption gewann er den Österreichischen Filmpreis. Seine Fassung beleuchtet anstelle der „teuflischen Kraft des Weibes“ vor allem die Sprachlosigkeit zwischen Mann und Frau.

 

Schlupfloch in die EU

 

Anfang 2000 im Grenzgebiet der Österreichischen Donau-Auen: Die angrenzende Slowakei ist noch nicht Mitglied der Europäischen Union; das wilde Sumpfgebiet trennt Ost- von Westeuropa und dient als Schlupfloch in die EU.


Offizieller Filmtrailer


 

Fische + Menschen aus dem Fluss schleppen

 

In dieser Abgeschiedenheit lebt der Au-Fischer Hans (Andreas Lust) mit seiner jungen Frau Jana (Andrea Wenzl). Die beiden führen ein kleines Gasthaus. Sie leben von den wenigen Touristen, die sich in diese Gegend verirren, und den Soldaten, die hier stationiert sind, um die Grenze zu bewachen.

 

Nachts ist der wortkarge Hans unterwegs, um Fische zu fangen; außerdem schmuggelt er Menschen über die Grenze in den goldenen Westen. Das Militär hat Verdacht geschöpft, kann Hans aber nichts nachweisen. Als der junge, draufgängerische Soldat Ronnie (Stefan Pohl) in die Au versetzt wird,  bekommt er den Auftrag, sich mit Jana anzufreunden.

 

Verdächtiger legt falsche Fährte

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Ende der Schonzeit" - Melodram über deutsch-jüdische Dreiecksbeziehung im Schwarzwald 1942 von Franziska Schlotterer

 

und hier einen Bericht über den Film "Die Farbe des Ozeans" - Drama über eine Kanaren-Urlauberin zwischen Partner + Flüchtling von Maggie Peren

 

und hier einen Beitrag über den Film Paradies: Liebe” von Ulrich Seidl über eine Wienerin auf Männerjagd in Afrika.

Er soll sich ihr Vertrauen erschleichen, um Beweise sammeln zu können. Hans durchschaut das sofort und bittet seine Frau, auf die Avancen des jungen Soldaten einzugehen, um ihn auf eine falsche Fährte zu locken. Widerwillig erklärt sich Jana dazu bereit, verliebt sich aber bald in Ronnie. Hans sieht seine Existenz und Zukunftspläne bedroht; er will die alte Ordnung wieder herstellen.

 

Zwischen den drei Protagonisten entsteht eine angespannte Situation, in der nicht offen gelegt wird, wer welche Interessen verfolgt. Am Ende bleibt brutale Ernüchterung: Jana fordert das Schicksal heraus, um ihre Selbstbestimmung zurück zu gewinnen.

 

Schlichte Leute an rauem Ort

 

Der Film funktioniert auf ruhige und wortkarge Art, ohne zu langweilen: Sein gedrosseltes Tempo passt sich an die schlichten Charaktere auf ihrem rauen Schauplatz an und lullt den Zuschauer durch die Ruhe des ländlichen Idylls ein – bis es damit schlagartig vorbei ist.

 

Trotzdem erschließen sich die Handlungsweisen der Personen nicht ganz: Die Liebesbeziehungen bleiben in allen Konstellationen eher blass und undurchsichtig. So lässt das dramatische Ende viele Fragen offen.

 

Ein paar Brüche der durchgehenden Ruhe hätten dem Film bestimmt gut getan und mehr emotionale Verbindung zu den Figuren entstehen lassen. So verliert sich die Empathie irgendwann in bedeutungsschweren Einstellungen, die den Zuschauer auf Distanz halten; obwohl Regie wie Darsteller über viel Potenzial verfügen.