Thorsten Klein

Lost Place (3D)

Kein Anschluss an dieser Telefonzelle: Daniel (François Goeske) und Elli (Jytte-Merle Böhrnsen) wollen Hilfe rufen. Foto: Bettina Enigl © MovieBrats, Dragonfly Films, NFP
(Kinostart: 19.9.) Völlig verstrahlt: Im ersten deutschen Mystery-Thriller in 3D wabern gefährliche Energiewellen des US-Militärs durch den Pfälzer Wald. Der Film von Regisseur Klein schwingt handwerklich souverän, aber inhaltlich diffus mit.

Deutsche Genrefilme haben es hierzulande schwer, sich gegen schwermütige Dramen und dummdreiste Komödien durchzusetzen. Das war früher anders. In den 1920er Jahren leisteten Visionäre wie Friedrich Wilhelm Murnau und Fritz Lang wahre Pionierarbeit; Langs SciFi-Klassiker „Metropolis“ von 1927 ist bis heute stilbildend.

 

Info

Lost Place

 

Regie: Thorsten Klein

101 Min., Deutschland 2013

mit: François Goeske, Pit Bukowski, Jytte-Merle Böhrnsen, Josefine Preuß

 

Website zum Film

 

Die jüngst gegründete Initiative „Neuer Deutscher Genrefilm“ will Abhilfe schaffen. Passend dazu kommt nun Thorsten Kleins Debütfilm „Lost Place“ ins Kino. Der Mystery-Thriller protzt mit 3D-Technik; als erster deutscher Film ist er zudem mit „Dolby Atmos“ ausgestattet, dem neuesten Schrei in Sachen surround sound. Aber kann der Film auch inhaltlich mit dieser geballten high tech-Offensive mithalten?

 

Schnitzeljagd mit GPS

 

Der 17-jährige Daniel (François Goeske) und die gleichaltrige Elli (Jytte-Merle Böhrnsen) verbindet die Leidenschaft für „Geocaching“: eine zeitgemäße Form der Schnitzeljagd, bei der im Internet Koordinaten für Schätze hinterlegt werden. Denen spürt man anschließend vor Ort mit GPS-Empfängern nach.


Offizieller Filmtrailer


 

Gehirnwäsche mit Funktechnologie

 

Ihre erste gemeinsame Tour führt die beiden in den Pfälzer Wald. Daniel kommt mit seinem prolligen Kumpel Thomas (Pit Bukowski), während Elli von ihrer missmutigen Freundin Jessica (Josefine Preuß) begleitet wird. Beide haben keinerlei Interesse an der technisch aufgerüsteten Schnitzeljagd, doch das ist ihr geringstes Problem: Als sie einem geheimnisvollen Mann im Strahlenschutz-Anzug (Anatole Taubman) begegnen, überschlagen sich die Ereignisse.

 

In den 1980er Jahren experimentierte das US-Militär auch auf deutschem Boden mit geheimer Funktechnologie. Man munkelte, dass die so genannte HARP-Technologie das menschliche Gehirn beeinflussen könne. Bis heute stehen gewaltige Antennen-Felder im Pfälzer Wald, von denen selbst viele Militärs nicht wissen, wozu sie eigentlich dienen.

 

Köpfe-Gleichschaltung statt Kampfeinsätze

 

Im Film erzählt der geheimnisvolle Mann im Schutzanzug, die Antennen strahlten Schwingungen ab, die menschliche Körper durchdringen, den Willen der Opfer beeinflussen und äußerst schmerzhaft sein sollen: Ließen sich die Gehirnströme von Gegnern kontrollieren, wäre ein konventioneller Kampfeinsatz überflüssig.

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Mashup-Films “Abraham Lincoln Vampirjäger” von Timur Bekmambetov, produziert von Tim Burton

 

und hier einen Beitrag zum Film “Red Lights” - Parapsychologie-Thriller von Rodrigo Cortés mit Robert De Niro und Sigourney Weaver

 

und hier einen Bericht über den Film "Was du nicht siehst" - Coming-Of-Age-Drama mit Mystery-Elementen von Wolfgang Fischer.

 

Website der Initiative "Neuer Deutscher Genrefilm"

 

Doch „Lost Place“ hat keinen politischen Anspruch, sondern will einfach seine Zuschauer knapp zwei Stunden lang fesseln. Das gelingt dem handwerklich souverän gemachten Mystery-Thriller durchaus.

 

Lobenswert unauffällige special effects

 

Die Kameraführung ist kompetent; 3D lässt das Publikum in eine fremdartige Welt eintauchen, deren Bedrohlichkeit durch den so bombastischen wie düsteren Soundtrack verstärkt wird. Unter den Darstellern sticht Pit Bukowski als Oberprolet Thomas hervor. Er verkörpert seine klischeehafte Rolle derart überzeugend, dass seine pausenlosen Sprüche für manchen Lacher gut sind.

 

„Lost Place“ rückt seine deutsche Herkunft in den Vordergrund und kann zugleich mit internationalen Standards mithalten. Das gilt auch für die dosiert eingesetzten special effects, die zumeist nicht groß auffallen − was in diesem Fall ein Qualitätsmerkmal ist: In vielen anderen deutsche Genre-Produktionen wie etwa dem Vampirfilm „Wir sind die Nacht“ (2010) wirken sie häufig eher peinlich.

 

Löcher in Haaren + Haut

 

Allerdings lässt Regisseur Thorsten Klein mehr in der Schwebe, als dem Film wirklich gut tut. So brennt die im Lauf der Geschichte zunehmende Strahlung nicht nur Löcher in Haare und Haut, sondern offenbar auch in den Plot.

 

Die wahre Natur der gefährlichen Energiewellen bleibt diffus, ihre Wirkung inkohärent. Erst als allgemeine Wirrnis den Film zu zerreißen droht, wird auf eine Art und Weise wieder Ordnung wiederhergestellt, die ebenso konsequent wie makaber ist.