Paderborn

CREDO – Christianisierung Europas im Mittelalter

Ludwig Fahrenkrog: Der Sieg des Lichts über die Finsternis, ca. 1896. Foto: © Museum Biberach
Wie wurde Europa christlich? Diese extrem komplexe Geschichte über mehr als 1400 Jahre voller Konflikte stellt nun eine Riesen-Ausstellung mit 800 Objekten in drei Museen faszinierend anschaulich dar – samt seltenen Einblicken in heidnische Kulte.

Die einfachsten Fragen sind oft am schwersten zu beantworten. Wie Europa christlich wurde, ist so eine Frage. Genauer: Wie gelang es einer obskuren nahöstlichen Sekte, die einen analphabetischen Hingerichteten verehrte, den ganzen Kontinent zu missionieren und darüber hinaus die halbe Welt?

 

Info

 

CREDO – Christianisierung Europas im Mittelalter

 

26.07.2013 - 03.11.2013

täglich außer montags 10 bis 18 Uhr

im Diözesanmuseum + Kaiserpfalz + Städtische Galerie, Paderborn

 

Kurzführer 5 €,
zweibändiger Katalog 49,95 €

 

Website zur Ausstellung

 

In Paderborn wird nun diese Frage glänzend beantwortet. Mit einer Ausstellung von rund 800 Kunstwerken in drei Museen, die alle Regionen von Grönland bis zur Levante und zwei Jahrtausende umfasst – also die gesamte Zeit seit Christi Geburt. Mehr europäische Geschichte geht nicht. Dass die Schau das riesige Thema anschaulich aufbereitet und trotz enormer Materialfülle ihre Besucher nirgends überfordert, ist ein kleines Wunder.

 

Einheit in der Vielfalt

 

Es stellt sich ein, indem die Kuratoren den Prozess der Christianisierung in zahlreiche kleine Kapitel unterteilen, die an ebenso vielen Stationen dargestellt werden: Einheit in der Vielfalt. Mit klug gestaffelten Präsentationsformen: Kurze Wandtexte informieren über Eckdaten, Vitrinen-Texte über Teilaspekte, und kleine Erläuterungstafeln über einzelne Objekte.


Impressionen der Ausstellungs-Schauplätze in Paderborn: Franziskanerkloster, Erzbischöfliches Palais, Diözesanmuseum, Hoher Dom, Museum in der Kaiserpfalz, Abdinghof-Kloster


 

Papst trifft Kaiser in Paderborn

 

Wobei die wichtigsten der rund 800 Exponate oft selbst Schriftstücke sind. Etwa eine Abschrift des Römer-Briefes von Apostel Paulus, die um 200 n. Chr. in Oberägypten entstand; die unscheinbare Papyrus-Handschrift wird heute in der Chester Beatty Library in Dublin aufbewahrt. 1800 Jahre alt, ist sie einer der kostbarsten Schätze der Ausstellung – von denen etliche fast nie öffentlich gezeigt werden.

 

Ein halbes Jahrtausend jünger sind prachtvoll bebilderte Evangeliare aus Irland oder das so genannte Karls-Epos. Es berichtet über das Treffen von Karl dem Großen mit Papst Leo III. im Jahr 799 in Paderborn; im Folgejahr wurde Karl zum Kaiser gekrönt. Von der Kaiserpfalz, wo die Zusammenkunft stattfand, sind noch Grundmauern-Reste erhalten. Das darüber errichtete Museum ist einer der drei Ausstellungsorte: Weltgeschichte unter den Füßen.

 

So viele Rückschläge wie Erfolge

 

Zwischen beiden Ereignissen bewegt sich der erste Teil der Schau im Diözesanmuseum. Sie schraubt sich auf zwölf unterschiedlich hohen Ebenen langsam empor; wer mag, darf darin einen symbolischen Aufstieg zum Himmel sehen. Doch keinen unaufhaltsamen Siegeszug des Christentums, im Gegenteil: Die Ausstellung stellt klar, dass die Missionierung ebenso viele Rückschläge wie Erfolge erlebte.

 

Im Jahr 313 gewährte Kaiser Konstantin, nachdem er „in diesem Zeichen“ des Kreuzes eine wichtige Schlacht gewonnen hatte, im Römischen Reich Religionsfreiheit. Kaum hundert Jahre später wurde das Christentum Staatsreligion. Gegen starke Konkurrenz etwa des Mithras-Kultes, dessen Anhänger die Sonne anbeteten und Stiere opferten, wie eine spätantike Marmor-Skulptur wunderbar vorführt.

 

Waffenglück durch Jesus-Verehrung

 

Nun erst setzte sich das Kreuz als christliches Symbol durch. Das Todes-Zeichen passte zu unsicheren Zeiten: Barbaren-Stämme besetzten eine römische Provinz nach der anderen. Gegen Todesängste schien eine Erlösungsreligion zu helfen, die ihren Anhängern ewiges Leben im Jenseits versprach. Doch warum ließen sich auch siegreiche Eroberer bekehren?

 

Aus demselben Grund wie schon Kaiser Konstantin: Sie versprachen sich von der Verehrung Jesu mehr Waffenglück. Anfang des 7. Jahrhundert probierte das der Frankenkönig Chlodwig aus. Er besiegte seine Feinde und ließ sich taufen: Das heutige Frankreich wurde christlich.

 

Innen Christus, außen Tierleiber

 

Wie stark sich der neue Glaube lokalen Bräuchen anpasste, zeigt die herrliche Goldscheibe von Limons: Innen ist das Antlitz Christi mit Kreuz-Nimbus abgebildet, außen formen Tierleiber im germanischen Stil einen Strahlenkranz. Solche synkretistischen Kunstwerke, die christliche und heidnische Elemente verbinden, finden sich überall in Europa.