
Nach dem „Prinzessinnenbad“ in den „Scherbenpark“: Bereits mit ihrer charmanten Doku über Girlies in Berlin-Kreuzberg hat sich Regisseurin Bettina Blümner um das Image weiblicher Teenager aus prekären Verhältnissen verdient gemacht; dafür gab’s 2007 den deutschen Filmpreis.
Info
Scherbenpark
Regie: Bettina Blümner
95 Min., Deutschland 2013
mit: Jasna Fritzi Bauer,
Ulrich Noethen, Vladimir Burlakov
Papa Mörder, Mama tot
Sascha (Jasna Fritzi Bauer) lebt mit ihren beiden jüngeren Geschwistern und einer Pflegemutter in einem scheußlichen Hochhaus-Viertel. Ihre russlanddeutsche Mutter, mit der Sascha als kleines Kind nach Deutschland kam, wurde ein Jahr zuvor ermordet – von ihrem Ex-Mann, dem Vater von Saschas Geschwistern.
Offizieller Filmtrailer
Flucht in gutbürgerlichen Haushalt
Das Mädchen ist traumatisiert und voller Hass und Zorn; gegen den Mörder ihrer Mutter sowieso, aber auch gegen die Umgebung, in der sie leben muss. Zufällig lernt sie den Journalisten Volker (Ulrich Noethen) kennen und flüchtet sich zu ihm in dessen gutbürgerlichen Haushalt, als sie es zu Hause nicht mehr aushält.
Zu Volker und seinem Sohn Felix (Max Hegewald) entwickelt Sascha eine freundschaftliche, fast familiäre Beziehung. Bald scheint es, als würde sie wieder Freude am Leben empfinden können; doch dann passiert etwas, das alles in Frage stellt.
Weichgespülte ZDF-Version
Hintergrund
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Bauer könnte als Sascha mehr, als nur so niedlich zu sein, wie es Regisseurin Blümner ihr abfordert. Das Drehbuch von Katharine Kress tilgt jedoch aus der Teenager-Suada die am meisten verstörenden Elemente und lässt nur eine weichgespülte, familienkompatible Version übrig, die getrost im ZDF laufen könnte.
Aus Luder wird Jungfer
Nichts bleibt übrig von dem Luder, das Sascha im Roman manchmal spielt; sie setzt gezielt ihre Sexualität ein, um bestimmte Dinge zu erreichen. In der Filmfassung ist sie eher kindlich selbstbewusst und sexuell noch völlig unerfahren, als sie auf den nervigen Felix trifft, der unbedingt sein erstes Mal erleben will.
Auch die Story wird verniedlicht; nicht nur der Kontakt zum Bildungsbürger-Milieu von Volker und Felix, sondern auch die Szenen im desolaten sozialen Wohnungsbau, aus dem Sascha kommt. Dort geht es zwar richtig zur Sache, aber insgesamt entsteht der Eindruck, als würden die harten Jungs ihre Goldkettchen allein aus folkloristischen Gründen tragen.