Bettina Blümner

Scherbenpark

Sascha (Jasna Fritzi Bauer) träumt von zwei Dingen: Sie will sich an ihrem Stiefvater rächen und ein Buch über ihre Mutter schreiben. Foto: © Neue Visionen Filmverleih
(Kinostart: 21.11.) Problemmädchen-Porträtistin: „Prinzessinnenbad“-Regisseurin Bettina Blümner verfilmt Alina Bronskys Roman über ein Prekariats-Girlie. Das gerät trotz wunderbar rotziger Hauptdarstellerin in Milieu- und Figurenzeichnung zu brav.

Nach dem „Prinzessinnenbad“ in den „Scherbenpark“: Bereits mit ihrer charmanten Doku über Girlies in Berlin-Kreuzberg hat sich Regisseurin Bettina Blümner um das Image weiblicher Teenager aus prekären Verhältnissen verdient gemacht; dafür gab’s 2007 den deutschen Filmpreis.

 

Info

 

Scherbenpark

 

Regie: Bettina Blümner

95  Min., Deutschland  2013

mit: Jasna Fritzi Bauer, 

Ulrich Noethen, Vladimir Burlakov

 

Website zum Film

 

Auch Sascha, die Hauptfigur in Blümners neuem Spielfilm, ist ein Problemmädchen. Die Regisseurin hat ihre Verfilmung des 2008 erschienenen Debüt-Romans von Alina Bronsky als Sozialdrama angelegt. Allerdings balanciert ihre Inszenierung unentschieden zwischen dramatischen und heiteren Momenten. Mitunter ruht sie sich im allzu Harmlosen aus, obwohl eine starke Hauptdarstellerin manche dramaturgische Schwäche wettmacht.

 

Papa Mörder, Mama tot

 

Sascha (Jasna Fritzi Bauer) lebt mit ihren beiden jüngeren Geschwistern und einer Pflegemutter in einem scheußlichen Hochhaus-Viertel. Ihre russlanddeutsche Mutter, mit der Sascha als kleines Kind nach Deutschland kam, wurde ein Jahr zuvor ermordet – von ihrem Ex-Mann, dem Vater von Saschas Geschwistern.

Offizieller Filmtrailer


 

Flucht in gutbürgerlichen Haushalt

 

Das Mädchen ist traumatisiert und voller Hass und Zorn; gegen den Mörder ihrer Mutter sowieso, aber auch gegen die Umgebung, in der sie leben muss. Zufällig lernt sie den Journalisten Volker (Ulrich Noethen) kennen und flüchtet sich zu ihm in dessen gutbürgerlichen Haushalt, als sie es zu Hause nicht mehr aushält.

 

Zu Volker und seinem Sohn Felix (Max Hegewald) entwickelt Sascha eine freundschaftliche, fast familiäre Beziehung. Bald scheint es, als würde sie wieder Freude am Leben empfinden können; doch dann passiert etwas, das alles in Frage stellt.

 

Weichgespülte ZDF-Version

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Finsterworld" - episodenhafte Tragikomödie von Frauke Finsterwalder

 

und hier einen Bericht über den Film "Dr. Ketel – Der Schatten von Neukölln" - sozialkritischer Medizin-Thriller von Linus de Paoli

 

und hier eine Rezension des Films "Feuchtgebiete" - brillante Verfilmung des Bestsellers von Charlotte Roche von David Wnendt

 

Alina Bronskys „Scherbenpark“-Roman stellt die Verfilmung vor eine große Schwierigkeit: Es ist unmöglich, den einmalig rotzigen Tonfall, in dem die Ich-Erzählerin Sascha im Buch ihre Geschichte erzählt, auf die Leinwand zu übertragen. Doch diese Rotzigkeit verkörpert Hauptdarstellerin Jasna Fritzi Bauer wunderbar mit schief gezogenen Mundwinkeln und herausfordernder Stupsnase.

 

Bauer könnte als Sascha mehr, als nur so niedlich zu sein, wie es Regisseurin Blümner ihr abfordert. Das Drehbuch von Katharine Kress tilgt jedoch aus der Teenager-Suada die am meisten verstörenden Elemente und lässt nur eine weichgespülte, familienkompatible Version übrig, die getrost im ZDF laufen könnte.

 

Aus Luder wird Jungfer

 

Nichts bleibt übrig von dem Luder, das Sascha im Roman manchmal spielt; sie setzt gezielt ihre Sexualität ein, um bestimmte Dinge zu erreichen. In der Filmfassung ist sie eher kindlich selbstbewusst und sexuell noch völlig unerfahren, als sie auf den nervigen Felix trifft, der unbedingt sein erstes Mal erleben will.

 

Auch die Story wird verniedlicht; nicht nur der Kontakt zum Bildungsbürger-Milieu von Volker und Felix, sondern auch die Szenen im desolaten sozialen Wohnungsbau, aus dem Sascha kommt. Dort geht es zwar richtig zur Sache, aber insgesamt entsteht der Eindruck, als würden die harten Jungs ihre Goldkettchen allein aus folkloristischen Gründen tragen.