Chiara Mastroianni

Les Salauds – Dreckskerle

Marco (Vincent Lindon) und seine Nichte Justine (Lola Créton). Foto. Real Fiction Filmverleih
(Kinostart: 26.12.) Blut, Regen und Bodennebel: Im Thriller von Regisseurin Claire Denis ist es ständig stockduster. Das verdunkelt die Enthüllung von perversem Kindesmissbrauch ebenso wie zahllose Schwächen des Films. Ein völlig verunglücktes Machwerk.

Bad news are good news: Pädophilie zieht immer. Seitdem sich die zivilisierte Menschheit darauf geeinigt hat, Kindesmissbrauch als das allerabscheulichste Verbrechen zu betrachten, lässt sich damit jeder Dreck pfeffern. Mag ein Krimi, als Buch oder Film, noch so mies sein: Treibt darin ein Kinderschänder sein Unwesen, scheint der Absatz gesichert.

 

Info

 

Les Salauds - Dreckskerle

 

Regie: Claire Denis

100 Min., Frankreich / Deutschland 2013

mit: Vincent Lindon, Chiara Mastroianni, Michel Subor

 

Weitere Informationen

 

Dieses Kalkül dürfte der Grund sein, warum der elfte Film von Regisseurin Claire Denis auch hierzulande ins Kino kommt. Das Festival von Cannes schob ihn im Mai aus dem Wettbewerb in die Nebenreihe „Un certain regard“ ab. Als er im August in Frankreich regulär anlief, fiel er bei Presse und Publikum durch. Angelsächsische Kritiken waren ebenso negativ.

 

Nichts motiviert, alles abartig

 

Kein Wunder: Selbst wohlwollende Stimmen finden anerkennende Worte allenfalls für die beiden Hauptdarsteller. Vincent Lindon, das große Raubein mit weichem Herzen des französischen Films, wurstelt sich unermüdlich durch einen undurchsichtigen Plot, in dem kaum etwas motiviert ist, aber alles möglichst niederträchtig und abartig erscheinen soll.


Offizieller Filmtrailer


 

Mastroianni teilt Bett mit Widerling

 

Chiara Mastroianni als seine Geliebte Raphaëlle, die eigentlich Mätresse des Superbösewichts Edouard Laporte (Michel Subor) ist, lässt mit der ihr eigenen, schnippischen Nonchalance alle Abscheulichkeiten an sich abperlen. Damit bleibt sie sich wunderbar treu, bloß: Wieso um alles in der Welt lässt sie sich angeblich freiwillig vom Widerling Laporte aushalten?

 

Für plausible Charaktere hat dieser Film keine Zeit. Frachterkapitän Marco (Lindon) muss von den Weltmeeren zurück nach Paris: Sein Schwager ging bankrott und hat sich umgebracht, seine hysterische Schwester Sandra macht dafür Laporte verantwortlich – und zudem für die Seelenverwirrung ihrer Tochter Justine, die nackt durch die Straßen stromert.

 

Maiskolben-Orgien im Folter-Tempel

 

Der Seemann auf Landgang mietet sich im Haus ein, in dem Laporte wohnt, stellt ihm nach und verführt en passant Raphaëlle – eine glänzende Idee: So kommt zumindest ein Funken Sinnlichkeit in diese blutleere Schauermär. Auf rätselhafte Weise, nach ziellosen Autofahrten und Verfolgungsjagden durch das ewig dunkle Paris samt Umland, enthüllt Marco das grässliche Geheimnis: Laporte und sein Schwager vergewaltigten Minderjährige bei Orgien.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films Die Liebenden – von der Last, glücklich zu sein - hervorragendes Musical-Melodram mit Chiara Mastroianni von Christophe Honoré

 

und hier einen Beitrag über den Film "Die Jagd" - packendes Psycho-Drama über Pädophilie von Thomas Vinterberg mit Mads Mikkelsen

 

und hier einen kultiversum-Bericht über den Film "Mademoiselle Chambon" - subtiles Kammerspiel von Stephane Brizé mit Sandrine Kiberlain + Vincent Landon.

 

Nicht in irgendeiner Hotel-Suite, nein: In einem leer stehenden Bauernhaus auf freiem Feld, das ein skrupelloses Betreiber-Pärchen zum Folter-Tempel umgebaut hat. Dort traktieren ihre so vermögenden wie verdorbenen Kunden ihre hilflosen Opfer mit Maiskolben – zufällig liegen die blutverschmiert herum, als Marco den Ort erstmals inspiziert.

 

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

 

Dieses corpus delicti beweist: Das Drehbuch, das Regisseurin Denis gemeinsam mit Jean-Pol Fargeau verfasst hat, schreckt vor keinem geschmacklosen Kolportage-Effekt zurück. Hier fabulieren zwei gewiss geistig und psychisch Kerngesunde von den Abgründen menschlicher Gelüste wie die Blinden von der Farbe. Wie man sich eben in feinsinnig intellektuellen Kreisen die SM-Clubs der reichen und mächtigen Perversen so vorstellt.

 

Das könnte unfreiwillig komisch sein, wäre es nicht handwerklich so schlecht gemacht. Allerlei in der Luft hängende Handlungsfäden, sinnfreie Dialoge und diverse Anschlussfehler machen den Film zu einem unverdaulichen Brocken aus Blut, Regen und Bodennebel. Damit ab dem zweiten Weihnachtstag unschuldigen Kinogängern das Geld aus der Tasche ziehen zu wollen, ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.