Diese Ausstellung stellt einen multimedialen Strategen vor. Als Künstler eher zweitrangig, tritt Hans Richter in der Avantgarde-Szene der 1910/20er Jahre als Meister der Vernetzung hervor. Er schreibt Bücher über Dada, was zuvor als unmöglich galt, verdient sein Geld mit Werbefilmen – und sucht nach einer künstlerischen Universalsprache. Ein Meister der Übertragung, nicht der Inhalte.
Info
Hans Richter – Begegnungen:
Von Dada bis heute
27.03.2014 - 30.06.2014
täglich außer dienstags
10 bis 19 Uhr, ab 20. Mai
täglich bis 20 Uhr
im Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstr. 7, Berlin
Katalog 35 €
Mit Richter durch Ismen wandern
Dabei entsteht eher ein Überblick als ein tiefer Eindruck. Doch wer sich an einer Wanderung, – indirekt geführt von Hans Richter – durch Dadaismus, Konstruktivismus und andere Ismen in Fotografie, Film und Architektur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis hin zu Marcel Duchamp und seinen readymades erfreuen kann, ist hier richtig.
Interview mit MGB-Direktor Gereon Sievernich + Impressionen der Ausstellung
Der Künstler als Geist des Kurators
Dabei erscheint Richter als Geist des Kurators: Er hatte die Film-Sektion der „Internationalen Ausstellung des Deutschen Werkbundes Film und Fotografie“ (FiFo) verantwortet, die 1929 im selben Gebäude zu sehen war; der Martin-Gropius-Bau hieß damals „ehem. Kunstgewerbemuseum“.
So wird eingangs ein Ausschnitt aus Richters Film „Vormittagsspuk“ (1928) gezeigt: mit fliegenden Hüten, die auch das Ausstellungs-Plakat zieren. Belebte Alltagsgegenstände werden hier zu Zeichen für die Abwesenheit ihrer Träger.
Expressionismus, Dada, Konstruktivismus
1888 in Berlin geboren, studiert Richter erst Architektur, dann Kunst in Berlin, Weimar und Paris. Er schafft erste Werke und arbeitet für die expressionistischen Zeitschriften „Die Aktion“ und „Der Sturm“. Im Krieg schwer verwundet, geht er 1916 nach Zürich und schließt sich dort der Dada-Bewegung an. 1919 beteiligt er sich an der Münchener Räterepublik.
1921 wird sein erster, abstrakter Film „Rhythmus 21“ vorgeführt und löst einen Skandal aus. Im Folgejahr kehrt Richter nach Berlin zurück und gibt mit Werner Graeff und Mies van der Rohe die konstruktivistische Zeitschrift „G“ (wie Gestaltung) heraus. 1927 will er mit Kasimir Malewitsch in Berlin einen „suprematistischen“ Film drehen, doch der wird nie fertig.
Je eine „Begegnung“ pro Raum
Die NS-Machtübernahme 1933 überrascht Richter in Moskau; er flüchtet in die Niederlande. Über die Schweiz und Chile kommt er 1940 in die USA, wo er das Filminstitut am City College in New York leitet. Dort bildet er künftige US-Filmavantgardisten wie Stan Brakhage und Maya Deren aus und beginnt wieder zu malen; 1976 stirbt er in der Schweiz.
Seinen wechselhaften Lebenslauf unterteilt die Ausstellung in „Begegnungen“. In den meisten Räumen werden Filme-Ausschnitte mit Bildern, Fotografien und Architektur-Modellen kontrastiert. Für Richters bekanntesten Film „Träume zu verkaufen“ (1944/7), an dem Marcel Duchamp, Max Ernst, Fernand Léger und Man Ray mitwirkten, ist ein eigener Raum reserviert: der Höhepunkt der Ausstellung.