Małgorzata Szumowska

Im Namen des …

Priester Adam (Andrzej Chyra) trägt einen Jugendlichen im Wasser. Foto: Salzgeber & Co. Medien
(Kinostart: 15.5.) Verbotene Liebe im katholischen Polen: Der Priester einer Dorfgemeinde verguckt sich in einen jungen Außenseiter, der seine Gefühle erwidert. Ihr Tabu-Thema entwickelt Regisseurin Szumowska unaufgeregt, kraftvoll und anrührend.

Ein Mann rennt durch den sommerlichen Wald. Es ist noch früh; Nebelschwaden hängen zwischen den Bäumen. Fast scheint es, als liefe er vor etwas weg. Dabei ist Pater Adam (Adam Chyra) gerade erst angekommen an seiner neuen Pfarrstelle mitten in der polnischen Provinz.

 

Info

 

Im Namen des ...

 

Regie: Małgorzata Szumowska,

96 Min., Polen 2012;

mit: Mateusz Kościukiewicz, Andrzej Chyra, Tomasz Schuchardt

 

Website zum Film

 

Hier empfindet man den neuen Priester als Segen. Er ist kein typischer Vertreter des Klerus: Adam hört Popmusik, trägt in seiner Freizeit gern moderne Markenkleidung, ist ein guter Tänzer und fügt sich schnell ins Dorfleben ein. Man merkt, dass er Spaß am Leben hat.

 

Spät berufener Geistlicher

 

Adam hat seine Berufung zum Geistlichen erst spät entdeckt. Das verschafft ihm einige Vorteile bei den jugendlichen Deliquenten, die er in seinem Gemeindezentrum für schwer Erziehbare betreut. Er verurteilt sie nicht von vorneherein, sondern bemüht sich um ein respektvolles und freundschaftliches Verhältnis zu allen.


Offizieller Filmtrailer


 

Wie Jesus-Darsteller für Passionsspiel

 

Der Pater fühlt sich mit seiner Aufgabe ebenso wohl wie im Dorf. Das ändert sich schlagartig, als er auf den jungen, exzentrischen Lukasz (Mateusz Kościukiewicz) trifft: Mit langen Haaren und seinem Zehntage-Bart wäre Lukasz als Jesus-Darsteller der Star eines jeden süddeutschen Passionsspiels.

 

Der Dorf-Außenseiter ruft in Adam alte Sehnsüchte hervor, die er gut verdrängt glaubte. Auch der junge Mann scheint an Adam mehr als nur freundschaftlich interessiert zu sein. Solche Dinge bleiben in dem kleinen Ort nicht lange verborgen; das ruft die Kirchen-Hierarchie auf den Plan.

 

Ein Priester, der es wagt, zu lieben

 

Kriminelle Ausprägungen priesterlicher Zuneigung geistern immer mal wieder durch die Medien. Das war allerdings nicht der Ansatz von Regisseurin Małgorzata Szumowska. Sie wollte einen Film über einen „Priester machen, der es wagt, zu lieben“ – was im erzkatholischen Polen an sich schon ungewöhnlich ist.

 

Eine Liebe zwischen zwei Männern im Kirchen-Kontext ist noch wesentlich heikler und dürfte für einigen Gesprächsstoff gesorgt haben. Doch so sensationell sich das Thema anhört, so wenig spektakulär inszeniert Szumowska den Film – dafür umso anrührender. Die Regisseurin lässt sich viel Zeit, im ländlichen setting ihre Figuren zu entwickeln.

 

Betrunken mit dem Papst tanzen

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Ida"  - gelungenes Drama über eine jüdische Nonne in Polen von Pawel Pawlikowski

 

und hier einen Bericht über den Film “Kreuzweg” – Milieustudie strenggläubiger Christen von Dietrich Brüggemann, prämiert mit dem Silbernen Bären 2014

 

und hier einen Beitrag zum Film "Der Fremde am See" - intensiver schwuler Kammerspiel-Thriller von Alain Guiraudie.

 

Es ist Hochsommer, manchmal zirpen die Grillen überlaut. Alles geht scheinbar leichter; so veranlasst ein harmloser Flirt beim Sommerfest die gelangweilte Lehrersfrau, sich Adam als Geliebte anzubieten. Da kämpft Adam aber schon gegen seine alten Dämonen an, wie er glaubt. Er joggt viel, nimmt kalte Bäder und betäubt sein Verlangen in Alkohol. Einmal tanzt er völlig betrunken mit dem Bild des Papstes zu lautem Pop.

 

Aber seine Sehnsucht verschwindet nicht, zumal Lukasz ganz offensichtlich seine Nähe sucht. Allmählich öffnet sich Adam und lässt in unbeobachteten Momenten ein wenig Gefühl zu, wofür die Regisseurin wunderbare Bilder findet. Beiden fahren etwa zufällig im Auto an einem Maisfeld vorbei. Lukasz steigt aus, rennt hinein und ruft Adam mit Gebrüll, worauf sie sich immer in Rufweite durch das Feld jagen – aber nicht treffen.

 

Strafversetzung auf Verdacht

 

Dabei bleibt die Kamera dicht bei den Hauptakteuren; sie tragen enorm zur Wucht bei, die diese Geschichte entwickelt. Beide spielen verhalten und natürlich zwei Außenseiter, die sich gemeinsam irgendwie normal fühlen können und nur von religiösen Konventionen eingeschränkt werden. Schließlich wird Adam allein wegen des Verdachts, homosexuell zu sein, auf eine andere Pfarrstelle versetzt.

 

Bei aller Dramatik bleibt der Grundton leise und unaufgeregt. Den Film als Protest gegen das Zölibat zu interpretieren, wäre wohl übertrieben. Doch „Im Namen des….“ ist eindeutig ein Plädoyer für die Liebe und das Recht auf persönliches Glück. Das gilt zwar für viele Filme, aber sieht selten so kraftvoll und anrührend aus wie hier.