Der häufige Gebrauch einer Redensart bedeutet noch lange nicht, dass sie allgemeingültig und wahr ist. „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“ reizt wohl jeden Wortmenschen zum Widerspruch. Von dieser Prämisse geht „Words & Pictures“ aus: Regisseur Fred Schepisi lässt zwei der schönen Künste im Kampf um die Vorrangstellung aufeinander los; ihre jeweiligen Verfechter sind praktischerweise beiderlei Geschlechts.
Info
Words & Pictures – In der Liebe
und in der Kunst ist alles erlaubt
Regie: Fred Schepisi,
111 Min., USA 2013;
mit: Clive Owen, Juliette Binoche, Valerie Tian
Von der Vernissage in die Schulklasse
Zum neuen Schuljahr wird die unnahbare Dina Delsanto (Juliette Binoche) eingestellt; sie soll Kunst unterrichten. Noch vor kurzem war sie eine gefeierte Künstlerin mit Ausstellungen weltweit; dieser Ruf eilt ihr voraus. Allerdings ist sie nicht ohne Grund bei ihrer Schwester in der Provinz untergekommen: Eine Gelenk-Erkrankung schränkt ihre Bewegungsfreiheit zunehmend ein, was sie aber entschieden zu verbergen versucht.
Offizieller Filmtrailer
Erotisches Knistern löst Privatfehde aus
Gleich die erste Begegnung von Jack und Dina artet zum Schlagabtausch aus, dem heftiges erotisches Knistern folg. Bis das in Wohlgefallen enden darf, liefern sich die beiden eine kleine Privatfehde, in die sie bald die ganze Schule mit hineinziehen.
Als Künstlerin ist Dina davon überzeugt, das Worte nur lügen und Bildern mehr Bedeutung zukommt. Diese Haltung vermittelt sie im Unterricht ihren Schülern, die sie bewundern: wegen ihrer Verve und ihrer mitunter verletzenden Ehrlichkeit. Literatur-Liebhaber Jack kann das nicht auf sich sitzen lassen.
Schreibblockade + Malen mit Krücken
Der folgende schulinterne Wettstreit wird mit allen Mitteln geführt, denn für Jack geht es um seine Existenz: Bisher schmückte sich die Schule mit ihm als echtem Künstler im Lehrer-Kollegium, nun läuft ihm die Malerin bei der Schuldirektion den Rang ab. Er hat schon seit Jahren nichts Brauchbares mehr geschrieben; auch die von ihm geleitete literarische Schülerzeitung hat schon bessere Tage gesehen.
Dina hingegen versucht, trotz ihrer Behinderung weiter zu malen. Sie quält sich mit diversen Hilfsmitteln, ist jedoch in unbeobachteten Momenten genau so verzweifelt wie der vermeintliche Konkurrent – zwei sehr verletzliche und verletzte Seelen, die es wohl gut miteinander hätten. Statt dessen beharken sie sich gegenseitig und haben viel Spaß daran.
Wie in screwball comedies der 1940er
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Der Dieb der Worte" - Hochstapler-Thriller im Literaturbetrieb von Brian Klugman + Lee Sternthal
und hier einen Beitrag über den Film "Shadow Dancer" - Polit-Thriller über IRA-Terror von James Marsh mit Clive Owen
und hier einen Bericht über den Film “Die Liebesfälscher – Copie Conforme” – Beziehungsdrama von Abbas Kiarostami mit Juliette Binoche.
Ansonsten kommt die akademisch-romantische Komödie von Hollywood-Altmeister Fred Schepisi jedoch reichlich betulich daher. Mitunter wirkt es arg didaktisch, wenn etwa Schüler aus der Wort- und Bilder-Fraktion im offiziellen Wettstreit gegeneinander auf dem Podium antreten – um am Ende einvernehmlich herauszufinden, dass natürlich beide Künste gleich wichtig sind.
Befriedigtes Harmoniebedürfnis
Die Idee, den Kampf der Geschlechter als einen künstlerisch-intellektuellen zu erzählen, ist allemal originell. Doch der Film kann sich nicht entscheiden, ob er high school-Drama, Künstler-Porträt oder eine flockige RomCom im Lehrer-Milieu sein will. Dass man trotzdem gern zusieht, liegt vor allem an den beiden Hauptdarstellern: Sie machen aus ihren Figuren echte Charaktere mit den nötigen Ecken und Kanten.
Außerdem sieht Clive Owen selbst im schlabberigen Cord-Anzug noch manierlich aus. So geht man geistig nicht unterfordert aus dem Kino – das allgemeine Harmoniebedürfnis wird auch befriedigt. Und: Sie kriegen sich natürlich. Mehr braucht es manchmal nicht.