
Im Zeitalter der 100-Millionen-Dollar-Blockbuster wirkt ein minimalistisches Kammerspiel leicht antiquiert. Solch ein Konzept kann nur mit außergewöhnlich guten Schauspielern aufgehen; tritt nur ein einziger Darsteller auf, sollte der brillant sein. Beim Psychodrama „No Turning Back“ ist das so: Tom Hardy, der in „Inception“ (2010) und „The Dark Knight Rises“ (2012) mitwirkte, bietet eine mitreißende one man show.
No Turning Back (Locke) Regie: Steven Knight, 85 Min., Großbritannien/ USA 2013; mit: Tom Hardy Info
Fahrt zur schwangeren Ex-Kollegin
Doch der ansonsten sehr pflichtbewusste Ivan informiert seine Firma, dass er morgen nicht vor Ort sein wird. Seiner Familie teilt er mit, dass er heute Abend nicht nach Hause kommen kann, obwohl ein wichtiges Fußballspiel im Fernsehen läuft. Stattdessen fährt er von Birmingham nach London, um einer früheren Arbeitskollegin bei der Geburt ihres Kindes beizustehen – das Kind ist von ihm.
Offizieller Filmtrailer
Psychopath + Bauingenieur
„No Turning Back“ ist der zweite Spielfilm, bei dem Steven Knight Regie führte. Zuvor schrieb er Drehbücher, etwa das von David Cronenbergs Russenmafia-Thriller „Tödliche Versprechen“ (2007). Auch sein Skript zu „No Turning Back“ besticht durch realitätsnahe und scharfzüngige Dialoge, die Tom Hardy als Ivan Locke zum Leben erweckt.
Hardys bisher beste Leistung war die Rolle des gewalttätigen Strafgefangenen „Bronson“ (2008) im gleichnamigen Film von Nicolas Winding Refn. Dieser Bronson war ein unberechenbarer und zugleich charismatischer Psychopath; also der größtmögliche denkbare Gegensatz zum rationalen, sanften und ein wenig langweiligen Bauingenieur Ivan Locke. Da verblüfft es doppelt, dass Hardy beide Rollen gleichermaßen überzeugend verkörpert.
Autofahrt zum Existenz-Ende
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit. Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "On The Road" - Roadmovie als Verfilmung des Beatnik-Kultbuchs von Jack Kerouac durch Walter Salles und hier einen Bericht über den Film “Jackie - wer braucht schon eine Mutter” –tragikomisches Roadmovie von Antoinette Beumer mit Holly Hunter und hier einen Beitrag über das Flüchtlings-Roadmovie “Black Brown White” von Erwin Wagenhofer. Hintergrund
Dabei nimmt der Druck auf Locke ständig zu. Die Situation auf der Baustelle droht völlig aus dem Ruder zu laufen; sein Chef kündigt ihm bereits die Entlassung an. Die psychisch labile Schwangere verlangt von Locke Liebesbekundungen, während seine Frau die Scheidung will. Es sieht danach aus, als werde der Mann am Steuer am Ende seiner Autofahrt ohne Job, Haus und Familie dastehen.
Überflüssige Toten-Anrufung
Kein Wunder, dass er irgendwann ins Fluchen und Schwitzen gerät; dennoch ist er fest entschlossen, seine Pflicht zu erfüllen. Etwas bemüht wirken nur die eingeschobenen Zwiegespräche mit seinem verstorbenen Vater. Zu offensichtlich sollen sie Lockes Handeln erklären, was gar nicht nötig wäre: Dieses Ein-Mann-Kammerspiel auf Rädern ist spannender als viele Thriller.