
Briten sind ebenso bekannt für ihre Klassengesellschaft wie für ihre Leidenschaft für erlesenen Tee. Den trinken echte gentlemen selbstverständlich nicht in einem ordinären Café, sondern in ihrem Club, zu dem nur Mitglieder Zugang haben. Wer Zugang zu Schaltstellen der Macht sucht, sollte bereits als Student einem der Geheimclubs an den Elite-Universitäten angehören. Regisseurin Lone Scherfing zeigt eine solche – allerdings fiktive – Geheim-Gesellschaft in Oxford.
Info
The Riot Club
Regie: Lone Scherfig,
106 Min., Großbritannien 2014;
mit: Sam Claflin, Max Irons, Douglas Booth
Überall in Oxford Hausverbot
Da es dem Riot Club an Nachwuchs mangelt, werden Alistair und Miles als Mitglieder angeworben: Offenbar findet der latent homosexuelle Clubvorstand Hugo (Sam Reid) Gefallen an Miles. Beide Neulinge müssen entwürdigende Aufnahmerituale über sich ergehen lassen. Dann steht das Club-Jahresdinner an: in einem gutbürgerlichen Pub, der außerhalb liegt. Ganz im Sinne des Namensvaters eskalieren dieses Dinner jedes Jahr derart, dass der Riot Club in Oxford überall Hausverbot hat.
Offizieller Filmtrailer
Subtile Stimmung + Holzschnitt-Charaktere
Regisseurin Lone Scherfig hat das Bühnenstück „Posh“ („nobel“ oder auch „schnieke“) von Laura Wade verfilmt, die das Drehbuch schrieb. Als Dänin blickt Scherfig von außen auf die britische upper class. Das Thema ist ihr nicht neu: Bereits ihr Drama „An Education“ von 2009, das im London der 1960er Jahre angesiedelt war, widmete sich der britischen Klassengesellschaft.
Dabei fing Scherfig die britishness des Schauplatzes in dieser Epoche gelungen ein; man konnte kaum glauben, dass die Regisseurin ihren internationalen Durchbruch mit dem Film „Italienisch für Anfänger“ (2000) erlebt hatte, der nach puristischen Dogma-Regeln gedreht worden war. Auch in „The Riot Club“ kommt die besondere Atmosphäre im erzbritischen Oxford gut zur Geltung. Damit hört die stimmungsvolle Subtilität auch schon auf: Alle Charaktere sind absolut holzschnittartig.
Bloß nicht „PIN-Nummer“ sagen
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung des Films “Kill Your Darlings” - Drama über die Studentenjahre der Beatnik-Dichter Allen Ginsberg, Jack Kerouac + William S. Burroughs von John Krokidas
und hier einen Beitrag über den Film “Ginger & Rosa” – über Bohemien-Jugend in London 1962 von Sally Potter
und hier eine Kritik des Films "Jimmy's Hall" - Klassenkampf-Drama im Irland der 1930er Jahre von Ken Loach.
Dagegen bleiben Jung-Adlige selbst in höchster Not blasiert. In einer Szene wird Alistair seine Bankkarte gestohlen. Als die Diebe auch die PIN-Nummer fordern, kann sich das Opfer den Hinweis nicht verkneifen, dass dieser Begriff falsch ist: „Es heißt nur PIN – persönliche Identifikationsnummer. Wer PIN-Nummer sagt, sagt damit Nummer Nummer; das ist einfach nicht korrekt.“
So blöd wie Bankkarten-Räuber
Solche Überdeutlichkeiten nähren beim Zuschauer den Eindruck, Regisseurin Scherfig halte ihn für genauso begriffsstutzig wie die Bankkarten-Räuber. Nun glänzen Sozial-Studien aus dem extrem egalitären Dänemark öfter mit volkspädagogischen Botschaften von erhabener Schlichtheit: damit jeder sofort versteht, wie Gut und Böse verteilt sind. Wie in diesem Film, in dem sich ausgerechnet eine dänische Regisseurin am britischen Standesdünkel abarbeiten muss.