
Es ist das größte und älteste Museum für Kunstgewerbe in Deutschland. 1868 gegründet, wechselte es im Lauf der Jahrzehnte mehrfach Namen und Standort: Zeitweise war es im heutigen Martin-Gropius-Bau untergebracht, später im Berliner Stadtschloss. Seit 1985 ist es am Kulturforum zu finden; nun wird es nach dreijähriger Umbauphase wieder eröffnet.
Info
Wiedereröffnung des Kunstgewerbemuseums
ab 22.11.2014
täglich außer montags
10 bis 18 Uhr,
am Wochenende ab 11 Uhr;
Kunstgewerbemuseum am Kulturforum, Matthäikirchplatz, Berlin
Kurzführer 9,95 €;
Katalog Mode-Galerie 29,95 €
Monströs + gewalttätig wie M.C. Escher
Es sollte fast zwei Jahrzehnte dauern, bis das brutalistische Ungetüm fertig war. Als es 1985 endlich eröffnet wurde, wirkten seine abweisende Fassade, das unübersichtliche Innere und die verwinkelten Freitreppen wie in Grafiken von M.C. Escher ziemlich unbrauchbar. Architektur-Kritiker überboten sich mit Verrissen, wetterten über „monströse Hässlichkeit“ oder „gewalttätige Formensprache“.
Interview mit Architekt Wilfried Kühn + Impressionen aus dem Kunstgewerbemuseum
NEUE KUNST oder SCHWIMMBAD
Dort war nur der West-Berliner Teil der Sammlung zu sehen. Das Ost-Berliner Pendant lagerte im Schloss Köpenick; beide Teile wurden nach 1990 fusioniert. Eine Kollektion von Weltrang, die mit viel Aufwand zusammengetragen worden war: So übernahm der erste Museumsdirektor Julius Lessing die königlich preußische Kunstkammer und kaufte 1874 das Ratssilber der Stadt Lüneburg an. Auf der Pariser Weltausstellung 1900 erwarb er nicht nur Schmuck von René Lalique, sondern baute im Überschwang auch das Ziergitter von dessen Vitrine ab.
Dieses Gitter ziert nun prominent die „Schatzkammer“ für floralen Jugendstil, die das auf Museen spezialisierte Architekturbüro Kuehn Malvezzi im Obergeschoss errichtet hat. Es ist in großen, grellroten Balkenlettern beschriftet, die perfekt zum Mehrzweckhallen-Charme des Treppenhauses passen: NEUE KUNST. Da könnte auch SPORTHALLE oder SCHWIMMBAD stehen.
Kein Geld mehr für Stadtlandschaft
Diese „Superzeichen als Wegeleitsystem“ sind die auffälligste Neuerung unter den eher sparsamen Eingriffen, die das Architekturbüro mit einem Budget von 4,45 Millionen Euro ausgeführt hat. Wäre das Geld nicht aufgebraucht, hätte Architekt Wilfried Kühn gerne noch vor dem Bau eine „natürliche Stadtlandschaft zum Flanieren mit Restaurants“ angelegt, um die Niemandsland-Atmosphäre vor dem Eingang aufzulockern. Daraus wird erstmal nichts.
Was ist sonst noch neu und warum? Ins Auge springt es nicht. Die klotzigen Treppen, die Gutbrod einbauen ließ, sind nun weiß abgesetzt, was den Überblick erleichtern soll. Nach wie vor ist der mittelalterliche Welfenschatz – goldglänzende Reliquien aus dem Braunschweiger Dom – in langen Reihen stummer Vitrinen im Erdgeschoss aufgereiht; es verkündet nun in Versalien, dass hier ALTE KUNST zu finden ist.
Deutlich reduzierte Objekt-Fülle
Auch im Obergeschoss hat sich an der Anordnung der riesigen Bestände aus Barock und Klassizismus – Möbel, Silber, Porzellan uvm. – wenig geändert. Wirklich neu ist der Aufbau im Bereich von Jugendstil bis Art déco. Hier wurde die Überfülle an Objekten, die schon viele Museumsbesucher erschöpft hinaustaumeln ließ, deutlich reduziert.
Kuehn Malvezzi hat vier Kabinette als „Räume im Raum“ eingebaut, die klar und übersichtlich gestaltet sind. Sie sind außen mit Vitrinen und innen mit größeren Arbeiten bestückt. Was ermöglicht, Gegenstände unabhängig vom Tageslicht zu beleuchten sowie sie farblich und atmosphärisch zu hinterlegen. Das ist gelungen, beschränkt sich aber auf diesen Bereich.