Terry Gilliam

Don Quixote ist mein Vorbild

Haben gut lachen: Terry Gilliam (li.) + Christoph Waltz bei den Dreharbeiten zu "The Zero Theorem". Foto: © 2014 Concorde Filmverleih
Mit der britischen Comedy-Truppe Monty Python filmte er legendäre Komödien; seither ging es für Terry Gilliam auf und ab. Geldnot macht erfinderisch: Wie er "The Zero Theorem" spottbillig in Rumänien drehte, erzählt der Regisseur feixend im Interview.

Mr. Gilliam, wie war die Zusammenarbeit mit Christoph Waltz, der inzwischen in Hollywood fest etabliert ist und nun auch den neuen Bond-Schurken spielen soll?

 

Großartig! Es hat viel Spaß mit ihm gemacht, obwohl er sehr ernst ist. Aber er ist auch sehr erfinderisch; für ihn ist die Kamera praktisch nie aus. Selbst wenn er in einer Szene nichts zu tun hat, war ich fasziniert, was er dennoch dazu beitrug. Als wir im Schneideraum saßen, war jede Aufnahme anders und wunderbar. Da hatten wir beim Aussuchen manchmal echt die Qual der Wahl.

 

Frustriert über Erfolg der Anderen

 

Im Film zeigt sich Waltz sogar nackt. War es schwierig, ihn dazu zu überreden?

 

Info

 

The Zero Theorem

 

Regie: Terry Gilliam,

107 Min., Großbritannien/ Rumänien/ Frankreich 2013;

mit: Christoph Waltz, Matt Damon, Tilda Swinton

 

Website zum Film

 

Das stand ja bereits im Drehbuch und das musste er dann auch tun (lacht). Aber wir waren sehr diskret, so dass sich alle wohl fühlten. Er ist ein wunderbarer Schauspieler; leider hat die Welt das erst realisiert, als er die 50 schon längst überschritten hatte.

 

Man hat es also mit einem Typen zu tun, der die meiste Zeit seines Lebens wahrscheinlich frustriert darüber war, wie andere berühmt und erfolgreich wurden. Er hat aber diese Zeit genutzt, um sich schauspielerisch auf höchstes Niveau zu bringen. Er ist eine komplexe Persönlichkeit geworden, weil er keinen leichten Weg hatte.


Offizieller Filmtrailer


 

Mehr als halbiertes Budget

 

„The Zero Theorem“ war also der perfekte Stoff für einen gemeinsamen Film?

 

Das Drehbuch wurde mir schon vor etlichen Jahren angeboten. Ich war sofort Feuer und Flamme, weil es irgendwie alles beinhaltete, womit ich mich in meinen früheren Filmen schon einmal befasst hatte. Aber dann kam das Projekt ins Stocken.

 

Ich widmete mich anderen Dingen wie meinem „Don Quixote“-Film, aus dem dann nichts wurde. Also kehrte ich zu „The Zero Theorem“ zurück – mit dem großen Unterschied, dass das Budget inzwischen von 20 auf 8,5 Millionen Dollar gesenkt worden war.

 

Berühmte Schauspieler arbeiten fast gratis

 

Wie haben Sie es geschafft, mit weniger als der Hälfte des ursprünglichen Budgets auszukommen?

 

Da muss man schon etliche Tricks anwenden, und vor allem äußerst clevere Mitarbeiter anheuern (lacht). Wir drehten außerdem in Bukarest, wo wir ein Viertel von dem bezahlten, was üblicherweise für Bauten und Spezialeffekte verlangt wird – und wir konnten ziemlich berühmte Schauspieler engagieren, die praktisch für nichts arbeiteten. So muss man heutzutage vorgehen (lacht).

 

Politischer cartoon in Zukunfts-Szenario

 

Also ein typischer Terry-Gilliam-Film. Wie würden Sie Ihren Stil selbst beschreiben?

 

Wahrscheinlich bin ich der Letzte, der sagen kann, wie ein Terry-Gilliam-Film funktioniert (lacht). Eine Idee muss mich faszinieren; damit fängt alles an. Dann mache ich einen politischen cartoon daraus, weil ich eine abstrakte Sicht auf unsere Welt bevorzuge, in der wir leben.

 

Deshalb verpacke ich die Geschichten gern in ein angedeutetes Zukunfts-Szenario, um mich von der Eingrenzungen der realen Welt zu befreien. Dennoch kommt es mir immer darauf an, damit unsere Gegenwart zu kommentieren.

 

Hauptsache, aktiv Ideen umzusetzen

 

Christoph Waltz sucht sozusagen in Ihrem Auftrag wieder einmal nach dem Sinn des Lebens – so hieß schon 1983 ein Film von ihnen. Sind Sie der Antwort inzwischen näher gekommen?

 

Nein, ich lebe lieber das Leben, als mir Gedanken darüber zu machen, was sein Sinn ist (lacht). Hauptsache ist, ich bleibe aktiv und kann meine Ideen umsetzen – das macht mich glücklich; ich glaube, es gibt keinen besseren Sinn als das. Es gibt viele, die denken, es muss noch etwas Größeres geben.

 

Ich hingegen glaube, dass das alles ist, was wir haben, und man muss das Beste daraus machen. Man sollte jedoch versuchen, den Planeten in einem besseren Zustand zu verlassen, als man ihn bei seiner Geburt vorgefunden hat.

 

Welt nicht akzeptieren, wie sie beschrieben wird

 

Sie mussten als Regisseur immer wieder Rückschläge hinnehmen; viele Projekte scheiterten oder entstanden unter schwierigsten Umständen.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "The Zero Theorem" - von Terry Gilliam

 

und hier eine Besprechung des Films “Citizenfour” – beeindruckende Doku von Laura Poitras über Abhörskandal-Enthüller Edward Snowden

 

und hier einen Beitrag über den Film "I Origins – Im Auge des Ursprungs" - Science-Fiction-Mystik-Drama mit Michael Pitt von Mike Cahill

 

und hier einen Bericht über den Film "Interstellar" - visuell überwältigendes Science-Fiction-Epos mit Matthew McConaughey von Christopher Nolan.

 

Davon habe ich mich aber nie unterkriegen lassen. „Don Quixote“ ist dabei zum Sinnbild für mich geworden, weshalb ich mich immer wieder damit beschäftige. Don Quixote, der gegen Windmühlen ankämpft, fasziniert mich als Figur; vielleicht identifiziere ich mich manchmal zu sehr mit ihm.

 

Denn er ist jemand, der die Welt nicht so akzeptieren will, wie sie die meisten beschreiben. Sie ist vielleicht doch viel außergewöhnlicher (lacht), als wir denken. Don Quixote gibt nicht auf, egal, wie oft er scheitert.

 

Kein Monty Python könnte noch reiten

 

Sie werden also nicht aufgeben, „Don Quixote“ doch noch realisieren zu wollen?

 

Nein, obwohl ich langsam müde werde, je älter ich werde (lacht).

 

Vielleicht sollten Sie „Don Quixote“ mit Ihren alten Monty-Python-Wegbegleitern drehen, dann kommt das fehlende Geld ganz von allein?

 

Ja, das wäre was! Aber dafür sind sie als Schauspieler wahrscheinlich nicht gut genug, und sie sind zu alt. Ich glaube nicht, dass einer von ihnen noch ein Pferd besteigen könnte (lacht).

 

Bin im Kopf um die 28

 

Wir gefällt es Ihnen selbst, jetzt 75 Jahre alt zu werden?

 

Das klingt ganz schön alt. Zumindest in Zahlen, aber der Typ in meinem Kopf ist wahrscheinlich immer noch um die 28. Aber was in meinem Kopf abgeht, ist die eine Sache, wie mein Körper darauf reagiert, eine andere. Mal sehen, wer zum Schluss gewinnt (lacht).