Charlotte Gainsbourg

3 Herzen

Madame Berger (Catherine Deneuve, mi.) und ihre Töchter Sophie (Chiara Mastroianni, li.) und Sylvie (Charlotte Gainsbourg). Foto: Wild Bunch Germany GmbH
(Kinostart: 19.3.) Liebesleben als Kette verpasster Chancen: Regisseur Benoît Jacquot lässt seinen Helden endlos zwischen Charlotte Gainsbourg und Chiara Mastroianni schwanken − mit löchrigem Drehbuch für ein unglaubwürdiges Edelkitsch-Melodram.

Ein Mann läuft spätabends abgehetzt durch fast menschenleere Straßen einer Kleinstadt. Der letzte Zug nach Paris steht noch am Gleis des kleinen Provinzbahnhofs. Der Mann rennt so schnell wie möglich − doch in dem Augenblick, als er den Bahnsteig erreicht, schließen sich die Türen: Der Zug fährt ab. Verzweifelt blickt Marc (Benoît Poelvoorde) den Rücklichtern hinterher; er kommt wieder einmal zu spät.

 

Info

 

3 Herzen

 

Regie: Benoît Jacquot,

106 Min., Frankreich 2014;

mit: Chiara Mastroianni, Charlotte Gainsbourg, Catherine Deneuve

 

Website zum Film

 

Nun muss der Finanzbeamte irgendwie die Zeit überbrücken. In einer Kneipe sieht er die geheimnisvolle Sylvie (Charlotte Gainsbourg), folgt ihr und spricht sie an; es ist der Auftakt zu einem langen Gespräch. Ziellos lassen sich beide durch die Nacht treiben, unterhalten sich über Gott und die Welt, tauschen aber weder Namen noch Telefonnummern aus.

 

Herzattacke verhindert rendez-vous

 

Doch sie verabreden, sich nächste Woche im Pariser Park Jardin des Tuileries zu treffen. Beide sind überzeugt, ihren Idealpartner gefunden zu haben, doch ein Zwischenfall verhindert ein Wiedersehen: Am vereinbarten Tag erleidet Marc eine Herzattacke und verpasst dadurch sein rendez-vous mit Sylvie. Er fürchtet, sein Lebensglück verloren zu haben; ein endloses „Was-wäre-wenn“-Gedankenspiel lässt Marc seine vermeintliche Traumfrau nicht vergessen.


Offizieller Filmtrailer


 

Arg konstruierte Dreiecks-Geschichte

 

Glück oder Unglück? Schicksal oder Zufall? Zur rechten oder falschen Zeit am richtigen oder verfehlten Ort? Solche existentiellen Probleme wälzt Regisseur Benoît Jacquot in dieser Dreiecksgeschichte, einem romantischen Melodram mit Thriller-Untertönen. Allerdings verheddert sich der thematisch nicht uninteressante Film durch seine arg konstruierte Handlung in allerlei Unglaubwürdigkeiten.

 

Monate später kehrt Marc dienstlich in die Kleinstadt zurück, in der er damals den Zug verpasste, und lernt auf dem Finanzamt eine andere Schönheit kennen: Die Antiquitäten-Händlerin Sophie (Chiara Mastroianni) lebt in derselben Stadt. Mit ihr geht alles ganz leicht. Die beiden beginnen eine Liebesbeziehung; der glückliche Marc zieht aus Paris zu ihr in die Provinz.

 

Drehbuch voller fadenscheiniger Ausreden

 

Bald darauf plant das Paar seine Hochzeit. Was Marc nicht weiß: Sophie ist die Schwester von Sylvie, die mittlerweile mit ihrem Lebensgefährten in die USA ausgewandert ist. Erst nachdem sich Marc und Sophie das Ja-Wort gegeben haben, sehen sich alle drei wieder. Wieder einmal zu spät für Marc, der sich nun zwischen den beiden Schwestern hin- und hergerissen fühlt.

 

Die Personen-Konstellation des Filmes hätte viel Potential für ein spannendes Kammerspiel, doch eine plausible Geschichte wird nicht daraus. Regisseur Benoît Jacquot erfindet in seinem selbst verfassten, löchrigen Drehbuch eine fadenscheinige Ausrede nach der anderen, warum Marc und Sylvie nicht früher davon erfahren, wie nah sie sich wieder gekommen sind.

 

Wortloses Anstarren + rasche Flucht

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Die unerschütterliche Liebe der Suzanne" - ergreifendes Melodram über die Geliebte eines Drogen-Dealers von Katell Quillévéré

 

und hier eine Lobes-Hymne auf das Mehrgenerationen-Melodram “Die Liebenden – von der Last, glücklich zu sein” von Christophe Honoré mit Catherine Deneuve + Chiara Mastroianni

 

und hier einen Beitrag über den Film  Leb wohl, meine Königin! - Historiendrama über Frankreichs Monarchin Marie Antoinette von Benoît Jacquot mit Léa Seydoux + Diane Kruger.

 

Beide Schwestern sind ein Herz und eine Seele; sie telefonieren regelmäßig via Skype miteinander. Trotzdem findet es Sophie offenbar überflüssig, ihrer Schwester ihren künftigen Ehemann vorzustellen. Derweil geht Marc in ihrem Elternhaus ein und aus, wo die Wände des herrschaftlichen Treppenhauses mit Fotos der Schwestern als junge Mädchen gepflastert sind. Trotzdem vergehen Jahre, bis bei Marc endlich der Groschen fällt: ein unnötig hinausgezögerter Höhepunkt, der die Geduld des Zuschauers strapaziert.

 

Richtig hanebüchen wird es, wenn die beiden verhinderten lover sich endlich wieder sehen. Regisseur Jacquot scheint kein Dialog für seine Protagonisten eingefallen zu sein: Ein ums andere Mal starren sich beide wortlos an, um rasch voreinander zu fliehen. Das ist so redundant wie nervtötend und ziemlich weit hergeholt: Man mag ihnen ihre Liebe und Seelenverwandtschaft nicht so recht glauben. Wenn sie sich schließlich heimlich in die Arme fallen, nimmt man ihnen diesen plötzlichen Ausbruch von Leidenschaft nicht ab.

 

Verloren in Nichtigkeiten

 

So verschenkt der Film nach viel versprechendem Anfang die emotionale Tiefe seines Themas; er plätschert glatt und bedeutungsschwanger dahin, bis er sich am Ende in Nichtigkeiten verliert. Da hilft auch die souveräne Catherine Deneuve als Mutter der Schwestern und ihr hübsches Haus mit Garten nichts: Alle Konflikte bleiben pure Behauptung und werden dem Zuschauer als Edelkitsch-Epos einer unsterblichen Liebe untergejubelt.