Phie Ambo

Viel Gutes erwartet uns − Good Things Await

Kälbchen sehen Dich an. Foto: Mindjazz Pictures
(Kinostart: 19.3.) Was Kühe alles können: mit Hörnern kosmische Kräfte einfangen und mit Blut den Boden vergeistigen. Regisseurin Phie Ambo porträtiert einen dänischen Bio-Bauern, der trotz krauser Ideen das weltbeste Gourmet-Restaurant beliefert.

Dokumentarfilmerin Phie Ambo meint es gut mit dem dänischen Ökobauern Nils Stokholm, der seinen Hof nach den Prinzipien der Anthroposophie betreibt. Dieser Hof steht im Zentrum des Filmes. Und gleich zu Beginn sagt der streitbare Viehzüchter den gewichtigen Satz: „Das Leben hat eine Bedeutung“. Er steht auf einer artenreichen Blumenwiese, von denen es in der Agrarlandschaft nur noch wenige gibt.

 

Info

 

Viel Gutes erwartet uns −
Good Things Await

 

Regie: Phie Ambo,

93 Min., Dänemark 2014;

mit: Niels Stokholm

 

Weitere Informationen

 

Hier grast eine der letzten Herden des Roten Dänischen Milchrindes. Den Erhalt dieser Rasse hat sich Stokholm auf die Fahne geschrieben. Doch dem Film geht es um mehr: den Erhalt des Planeten Erde. Davon kündet die unvermittelt einsetzende Sphären-Musik. Sie lässt den Bildern der Herde wenig Chance, für sich selbst zu sprechen; stattdessen sollen sie Heilsbotschaften übermitteln. Wie schon der Titel anklingen lässt: „Viel Gutes erwartet uns“.

 

Kalb-Geburt in fünf Minuten

 

Für das Gute bürgen die „Buddhist Broadcast Foundation“ und die „Rudolf-Steiner-Skolen“ in Arhus, die das Projekt unterstützen. So werden wir schon in den ersten fünf Filmminuten Zeuge einer Geburt: Ein Stierkalb kommt zur Welt − der Kameramann muss helfen.


Offizieller Filmtrailer OmU


 

Probleme mit Öko-Kontrollbehörden

 

Die Geschichte ist schlicht. Ein 80-jähriger Landwirt betreibt als Seiteneinsteiger mit seiner Partnerin und Unterstützern seit 30 Jahren einen biodynamischen Bauernhof mit Kuhhaltung; ganz gegen den Zeitgeist, auch den ökologischen. Daher hat er Probleme mit den Kontrollbehörden, die für das Ökosiegel zuständig sind. Seine Vermarktungs-Möglichkeiten sind eingeschränkt, Subventionen werden reduziert. Was die Existenz des Hofes bedroht.

 

Das versteht allerdings nur, wer genau aufpasst. Auf der Tonspur bietet der Film nur O-Töne plus Musik; Kommentare und Erläuterungen fehlen. Lediglich im Vorspann werden einige Hintergrund-Infos eingeblendet.

 

Krude Blut-und-Boden-Theorie

 

Das Porträt von Bauer und Hof ist durchflochten mit Exkursen zur ökologischen und anthroposophischen Landwirtschaft, zu Bodenfruchtbarkeit und Nachhaltigkeit. Diverse Mythen der chemisch-industriellen Landwirtschaft werden in Frage gestellt; etwa, dass es keine Alternative zu Kunstdünger und Agro-Gentechnik gebe. Stattdessen werden andere Mythen gepflegt − etwa über die Kraft von Kuhhörnern, kosmische Kräfte einzufangen.

 

Bauer Stokholm führt auch aus, dass das Blut der Schlachttiere den Boden vergeistige. Diese krude Blut-und-Boden-Theorie wird ergänzt durch eine ähnliche, wonach auch Regenwürmer den Boden durchgeistigen. Auf solchermaßen vergeistigten Wiesen haben seine Kühe viel Auslauf. Wer also noch keine Kühe auf grünen Wiesen gesehen hat: Hier gibt es sie zahlreich, stimmungsvoll musikalisch begleitet.

 

Weder Anbinden noch Enthornen

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung der Doku “Slow Food Story” – unterhaltsame Geschichte der Slow-Food-Bewegung von Stefano Sardo.

 

und hier einen Bericht über den Film “Das grüne Wunder – Unser Wald “ - Langzeit-Doku von Naturfilmer Jan Haft

 

und hier einen Beitrag über die Doku “Sushi – The Global Catch” über die Überfischung der Weltmeere von Mark S. Hall.

 

Im Stall sind die Kühe angebunden, damit sie sich nicht gegenseitig mit ihren Hörnern verletzen. Das Anbinden ist aber nicht „öko“, was die Kontrolleure bemängeln. Der Film suggeriert, Stokholm müsse die Kühe anbinden, da er gegen die Enthornung sei. Allerdings hat die EU längst verfügt, dass bei Öko-Qualität sowohl Anbinden als auch Enthornung verboten sind; manche Milchbauern setzen beides um. Das scheint die Regisseurin nicht zu wissen: Für sie ist der Öko-Landwirt ein Pionier und Einzelkämpfer.

 

Stokholm spricht nicht nur mit Kontrolleuren und Filmemachern, sondern häufig auch mit Vertretern der Kopenhagener Edelrestaurant-Szene; dort hat er gute Freunde. In ihren Gourmet-Tempeln, allen voran das legendäre „Noma“, werden Produkte seines Hofes verarbeitet.

 

Rollrasen statt rotem Teppich

 

Das „Noma“ wurde mehrmals zum weltbesten Restaurant gekürt. Hier speist die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt mit Staatsgästen, wenn es um Klimaschutz und green economy geht. Anstatt über den roten Teppich schreiten sie dann über Rollrasen, was der Film glamourös zeigt.

 

Am Ende des Filmes deckt ein Sturm den Kuhstall ab, während Stokholm sich auf einen Prozess wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz vorbereitet. Beide Prüfungen besteht er; der Film endet optimistisch mit einem neuen Finanzierungsmodell für den Hof. Das letzte Bild gehört der Herde: junge Kälber, die in die Kamera schauen, sie dann ignorieren.