Jens Schanze

La buena vida − Das gute Leben

Ein Indio fischt ein Stück Kohle aus dem Fluss. Foto: © Camino Filmverleih
(Kinostart: 14.5.) David gegen Goliath im Regenwald von Kolumbien: Dem größten Steinkohle-Tagebau Südamerikas soll ein Indio-Dorf weichen − die Bewohner wehren sich. Regisseur Jens Schanze dokumentiert den ungleichen Kampf in einprägsamen Bildern.

Ein schier endlos langer Güterzug voller Kohlewaggons rast durch den Regenwald. Staubfontänen spritzen bei den täglichen Sprengungen auseinander. Dazwischen geschnitten sind Einstellungen, die das idyllische Indio-Dorf Tamaquito zeigen: Hütten aus Holz und Lehm, vor denen die Bewohner entspannt in ihren Hängematten liegen. Der Dokumentarfilm „La buena vida“ ist voller einprägsamer Bilder.

 

Info

 

La Buena Vida -
Das gute Leben

 

Regie: Jens Schanze

97 Min., Kolumbien/Deutschland 2014;

mit: Jairo Fuentes, Henris Ureche

 

Website zum Film

 

Am meisten beeindruckt eine gewaltige Panorama-Ansicht: Sie zeigt eine unbefestigte Straße, die sich durch den sattgrünen Tropenwald schlängelt. Langsam schwenkt die Kamera nach oben und gibt den Blick auf frei auf die gigantische Kohlegrube am Horizont. „El Cerrejón“ hockt über dem Dschungel wie ein gigantischer böser Käfer oder wie ein Raumschiff aus dem All: keine Spur vom „guten Leben“.

 

700 Quadratkilometer Ödnis

 

„El Cerrejón“ im Norden Kolumbiens ist mit einer Fläche von 700 Quadratkilometern der riesigste Steinkohletagebau Lateinamerikas und einer der größten der Erde. Unaufhörlich fressen sich die Schaufelrad-Bagger voran und verwandeln üppige Vegetation in eine staubige Mondlandschaft. Etliche Indio-Gemeinden wurden vom Cerrejón-Konzern bereits mit staatlicher Billigung zwangsumgesiedelt.

Offizieller Filmtrailer OmU


 

Alle stehen hinter Dorf-Vorsteher

 

Fast alle haben das mit sich machen lassen. Doch die nur 30 Familien der Wayúu-Indios in Tamaquito sind entschlossen, erst dann einer Umsiedlung zuzustimmen, wenn der Konzern all ihren Forderungen nachkommt. Die kleine, unbeugsame Gemeinde steht geschlossen hinter ihrem jungen, aber sehr bedachten Vorsteher Jairo Fuentes. Insbesondere pocht sie darauf, dass in der neuen Siedlung die Wasserversorgung gesichert sein muss.

 

Filmemacher Jens Schanze begleitet den Umsiedlungs-Prozess von den ersten, zähen Verhandlungen mit Konzern-Vertretern bis zum Einzug der Bewohner von Tamaquito in ihre neuen Häusern. Schanze lässt in direct cinema-Manier die Bilder und das Gesagte für sich sprechen. Was ihm so gut gelingt, dass der Film über weite Strecken mehr wie ein Sozialdrama als wie eine Dokumentation wirkt.

 

Kolumbien ist wichtigster deutscher Kohlelieferant

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Amazonia (3D) – Abenteuer im Regenwald" - erste 3D-Doku über tropischen Dschungel von Thierry Ragobert

 

und hier einen Bericht über den Film "Und dann der Regen – También la Lluvia" von Icíar Bollaín mit Gael García Bernal über postkoloniale Konflikte zwischen Spaniern + Indios

 

und hier einen Beitrag über die Ausstellung "Das göttliche Herz der Dinge" – Altamerikanische Kunst u.a. aus Kolumbien aus der Sammlung Ludwig im Rautenstrauch-Joest-Museum, Köln.

 

Er beginnt mit der Sprengung eines Kohlebergwerks in Westdeutschland. Bis 2018 soll die Subventionierung des deutschen Steinkohle-Bergbaus eingestellt werden. Damit ist sein Aus unausweichlich, während der Braunkohle-Tagebau weiterläuft. Trotzdem werden hierzulande neue Kohlekraftwerke gebaut. Für sie wird inzwischen fast der gesamte Brennstoff aus dem Ausland importiert. Dabei ist Kolumbien zum wichtigsten Kohlelieferanten der Bundesrepublik aufgestiegen.

 

Das gute Leben führen eher wir Deutsche mit Strom aus kolumbianischer Kohle. Die früheren Bewohner von Tamaquito haben am Ende zwar moderne Häuser mit Küchen und Bädern. Entgegen aller Versprechungen und Verträge fehlt ihnen aber Wasser zum Duschen und zum Anbau von Obst und Gemüse. Damit fehlt den Wayúu in der trockenen Gegend, in der sie jetzt leben, eine Existenzgrundlage; ihr Alkoholkonsum nimmt bedrohliche Ausmaße an.

 

Zwei Bäder + Minigolf-Anlage

 

Andere profitieren jedoch vom Tagebau; etwa die Mitarbeiter des Cerrejón-Konzerns: Ihr Arbeitgeber hat für sie eine eigene Siedlung errichtet. Stolz präsentiert deren Verwalter schöne Einfamilienhäuser, deren technischer Standard ihm zufolge dem US-amerikanischen entspricht. Hier gibt es auch zwei öffentliche Bäder und eine Minigolf-Anlage − alles da für „la buena vida“.