Colin Firth

Die Liebe seines Lebens (The Railway Man)

Eric (Colin Firth) auf einer Eisenbahnbrücke, die einst von britischen Kriegsgefangenen erbaut wurde, Foto: © 2015 Koch Films GmbH
(Kinostart 25.6.) Realer als "Die Brücke am Kwai": Ein britischer Ex-Kriegsgefangener sucht Jahre später nach seinem japanischen Peiniger. Die wahre Geschichte verfilmt Regisseur Jonathan Teplitzky mit authentischem Zeitkolorit und großem Staraufgebot.

Dass das Leben die besten Geschichten schreibt, stimmt nicht immer. In diesem Fall schon: Würde nicht zu Beginn darauf hingewiesen, dass der Film auf wahren Begebenheiten beruht, könnte man ihn für die schmalzige Kopfgeburt eines gutmenschelnden Drehbuchautors halten. Den Eindruck verstärken der deutsche Titel „Die Liebe seines Lebens“ und das Plakatmotiv: Colin Firth und Nicole Kidman traut vereint. Wer nun eine leicht verdauliche Romanze erwartet, wird aber gründlich überrascht.

 

Info

 

Die Liebe seines Lebens  (The Railway Man)

 

Regie: Jonathan Teplitzky,

116 Min., Australien/ Großbritannien 2013;

mit: Colin Firth, Stellan Skarsgård, Jeremy Irvine, Nicole Kidman

 

Website zum Film

 

Eric Lomax (Colin Firth), der sich als „Eisenbahn-Enthusiast“ bezeichnet, begegnet 1980 im Zug bei der Ausübung seiner Leidenschaft der schönen Krankenschwester Patti (Nicole Kidman). Sie findet den angejahrten, leicht schrulligen Herrn interessant genug, um sich nach der Bahnfahrt noch öfter mit ihm zu treffen; beide verlieben sich ineinander.

 

Beim Bier Kameraden anschweigen

 

Sie heiraten; nun könnte der ewige Junggeselle zufrieden und glücklich sein. Stattdessen schreckt er Nacht für Nacht aus Alpträumen hoch und kapselt sich ab; er will und kann seiner Frau nicht erzählen, was ihn plagt. Das erfährt sie erst von seinem alten Kriegskameraden Finlay (Stellan Skarsgård), mit dem Eric auch nie darüber spricht, sondern lieber schweigend beim Bier zusammensitzt.

Offizieller Filmtrailer


 

Radio Marke Eigenbau bei Todes-Eisenbahn

 

1942 kamen sie als britische Soldaten nach dem Fall von Singapur – laut Winston Churchill „das größte Desaster, das dem British Empire je passiert ist“ – in japanische Gefangenschaft. Sie wurden als Arbeitskräfte beim Bau der berüchtigten „Todes-Eisenbahn“ von Burma nach Thailand eingesetzt.

 

Beim Bau der Trasse mussten die Kriegsgefangenen mit bloßen Händen Schwerstarbeit leisten; dabei wurden sie geschlagen und bekamen wenig Verpflegung. Dem damals 21-jährigen Lomax (Jeremy Irvine) gelingt es als ausgebildetem Funker, mit seinen Kameraden Elektroteile ins Lager zu schmuggeln, aus dem sie ein Radio basteln.

 

9.000 alliierte Bahntrassen-Opfer

 

Heimlich hören sie BBC-Nachrichten über den Kriegsverlauf; die Meldungen über Niederlagen der Achsenmächte und das Vorrücken der Alliierten lassen ihre Mitgefangenen wieder Hoffnung schöpfen. Als das auffliegt, wird der Radio-Bastler von den Japanern grausam gefoltert; dabei tut sich ein japanischer Offizier (Hiroyuki Sanada) besonders hervor. Insgesamt kommen beim Bahnbau rund 9.000 britische und australische Soldaten ums Leben.

 

Lomax überlebt nur, weil der Krieg plötzlich aus ist. Nach seiner Heimkehr bleibt er traumatisiert und die Liebe zur Eisenbahn lange Jahre die einzige Konstante seines Lebens – bis zur Begegnung mit Patti. Sie setzt alles daran, ihrem Mann zu helfen. Dabei wird sie von Finlay unterstützt: Er hat inzwischen herausgefunden, dass und wo der japanische Folter-Offizier lebt. Eric muss nach Thailand reisen und sich der Vergangenheit stellen.

 

„Die Brücke am Kwai“ von 1957 war fiktiv

 

Die Autobiografie „The Railway Man“ des realen, 2012 gestorbenen Eric Lomax, die als Vorlage für den im Original gleichnamigen Film diente, war in angelsächsischen Ländern ein Bestseller. Fast zwei Jahre nach seiner internationalen Premiere kommt die deutsche Fassung in hiesige Kinos; das könnte am 70. Jahrestag des Kriegsendes liegen.

 

Hierzulande ist allerdings die britische Armee-Historie kaum geläufig. Das Wenige, was über ihre Niederlage in Südostasien bekannt sein dürfte, stammt aus dem Kriegsfilm-Klassiker „Die Brücke am Kwai“ von 1957 – der allerdings fiktiv war: Ein Fluss dieses Namens existiert nicht, und der Bau der Bahnstrecke zwischen Burma und Thailand geschah unter noch wesentlich schlimmeren Bedingungen als im Film dargestellt.

 

Mitten unter schwitzenden Zwangsarbeitern

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Kingsman - The Secret Service" - Agentenfilm-Parodie mit Colin Firth von Matthew Vaughn

 

und hier einen Bericht über den Film "The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben" - Biopic über das Informatik-Genie Alan Turing im Zweiten Weltkrieg von Morten Tyldum mit Benedict Cumberbatch

 

und hier einen Beitrag über den Film "The Deep Blue Sea" - Dreiecksbeziehungs-Melodram im England der Nachkriegszeit von Terence Davies mit Rachel Weisz.

 

Wer in den Tropen war, kann sich annähernd vorstellen, wie mörderisch kräftezehrend solche Arbeit im extrem heißen und feuchten Klima bei wenig Wasser und Nahrung gewesen sein muss. Diese Qualen nachfühlbar zu machen, hat sich Regisseur Jonathan Teplitzky offenbar vorgenommen; es ist ihm hervorragend gelungen.

 

Man glaubt, mitten im Gewühl der Steine klopfenden Gefangenen und Zwangsarbeiter zu sein, und meint, ihren Schweiß riechen zu können. Das sind ebenso beklemmende Momente wie die Folter-Szenen. Die Rahmenhandlung in Großbritannien mit Eric und seiner Frau Patti überzeugt gleichfalls, vor allem durch ihr wohltuend zurückhaltendes und berührendes Spiel.

 

Freundschaft als Heldentat

 

Colin Firth brilliert einmal mehr als großartiger, facettenreicher Charakter-Darsteller; auch die jungen Protagonisten können durchaus mithalten. Dennoch wirkt es, als sei insgesamt die Szenerie noch geschönt, von den Schauspielern ganz zu schweigen.

 

Doch der Film konzentriert sich auf die menschliche Seite der Geschichte: Erics Rachegelüste, Wut und Verzweiflung, aber auch Versöhnung – bei der Begegnung mit seinem Peiniger stellt er fest, dass der Krieg auch ihn zerstört hat. Beide werden Freunde bis zu ihrem Lebensende: Das ist die eigentliche, nun ja, Heldentat, die viele Leser und Kinobesucher fasziniert.