Ein Grünschnabel aus Schottland in den Weiten von Colorado: Der 16-jährige Jay Cavendish (Kodi Smit-McPhee) hat seine große Liebe verloren. Als der junge Adlige mit der Bauerntochter Rose schäkerte, ging etwas schief; Hals über Kopf musste Rose mit ihrem Vater John in die Neue Welt fliehen. Vor Herzeleid wie von Sinnen ist Jay ihnen über den Atlantik nachgereist; nun reitet er durch die Prärie und sucht sein sweetheart.
Info
Slow West
Regie: John Maclean,
84 Min., Großbritannien/ Neuseeland 2015;
mit: Michael Fassbender, Kodi Smit-McPhee, Ben Mendelsohn
Nicht ohne Gesetzlose + Indianer
Zwei verschworene Männer auf Pferden, die unendlichen Weiten des Wilden Westens vor sich und den bestirnten Himmel über sich: Das ist eine klassische Western-Konstellation. In seinem Spielfilm-Debüt reichert sie Regisseur John Maclean mit ebenso klassischen Elementen an: etwa einer Bande Gesetzloser, die hinter den Protagonisten her ist, oder einem unwegsamen „Geisterwald“ voller Indianer, den sie durchqueren müssen.
Offizieller Filmtrailer
Neo-Western andernorts mit neuen Aspekten
Nun liegt die Blütezeit des klassischen Western mehr als ein halbes Jahrhundert zurück. John Ford, John Wayne und Sergio Leone sind längst tot; nur der 85-jährige Clint Eastwood dreht weiter fleißig Filme. Jüngste Versuche wie in „The Salvation“ mit Mads Mikkelsen, die traditionelle Formel stilrein wiederzubeleben, waren bislang nicht sonderlich erfolgreich.
Heutige Neo-Western interpretieren eher Versatzstücke des Genres neu: in anderen Weltgegenden wie „Den Menschen so fern“ von David Oelhoffen, der in Algerien spielt, oder „Das finstere Tal“ in den Tiroler Alpen von Andreas Prohaska. Oder sie lenken den Blick auf bislang unterbelichtete Aspekte, etwa das jämmerliche Dritte-Welt-Elend der ersten Pionier-Siedler und die Rolle starker Frauen in „The Homesman“ von und mit Tommy Lee Jones.
Rothäute als bunt bemalte Vogelscheuchen
Hintergrund
Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.
Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Den Menschen so fern" - packender Sahara-Western mit Viggo Mortensen von David Oelhoffen
und hier einen Bericht über den Film “Das finstere Tal” – perfekter Western in den Südtiroler Alpen von Andreas Prochaska
und hier eine Besprechung des Films "The Homesman" - aufwühlender Frauen-Western von Tommy Lee Jones mit Hillary Swank
und hier einen Beitrag über den Film “The Salvation – Spur der Vergeltung” – brillantes Remake klassischer Western mit Mads Mikkelsen von Kristian Levring
Doch ein Historienfilm über die USA Ende des 19. Jahrhunderts genügte Maclean offenbar nicht; so zitiert er allerlei gags und gimmicks herbei, die zwar für Lacher sorgen, aber das Zeitkolorit zerstören. Da werden Pistoleros zu schießwütigen Trotteln und Rothäute zu bunt bemalten Vogelscheuchen, die sich wie Federvieh abschlachten lassen.
Alle Sympathieträger erledigt
Seinen Tiefpunkt erreicht dieses mash up aus Klischees aller Filmepochen im Finale: einer endlos zerdehnten Ballerei, bei der das Drehbuch jede noch so absurde Wendung und die Kamera möglichst viele artifiziellen Perspektiven auskostet. Nachdem alle Kugeln verschossen und Kulissen abgefackelt wurden, sind sämtliche Sympathieträger erledigt – und damit auch jeder denkbare Sinn dieses Spektakels.
Ein Schützenfest für Freunde von durchgestyltem trash; wie beim Regie-Kollegen Quentin Tarantino, der in seinen langatmig ausgewalzten Gewaltorgien auch jede Bedeutung zermalmt.