Mit der Ausstellung „Ein Gott – Abrahams Erben am Nil“ haben sich die Staatlichen Museen zu Berlin (SMB) viel vorgenommen, aber nicht sehr eindrucksvoll umgesetzt. Die gemeinsamen Ursprünge der drei monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam werden mit antiken Zeugnissen aus Ägypten vorgestellt: einem Land, wo alle drei Religionen heimisch waren, das aber derzeit von islamistischen Terror heimgesucht wird.
Info
Ein Gott – Abrahams Erben am Nil: Juden, Christen und Muslime in Ägypten von der Antike bis zum Mittelalter
02.04.2015 - 13.09.2015
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01.12.2015 - 30.04.2016
täglich außer montags
10 bis 18 Uhr.
donnerstags bis 20 Uhr
im Bode-Museum, Museumsinsel, Berlin
Katalog 29,95 €
Ohne inneren Zusammenhang
Zwar ist die Zusammenstellung von rund 250 Exponaten aus SMB-Bestand plus Leihgaben aus dem British Museum, Victoria & Albert-Museum und Louvre herausragend, doch ohne überzeugenden inneren Zusammenhang. Jedenfalls führt sie nicht in die Grundzüge der drei Weltreligionen ein, wie von den Kuratoren beabsichtigt: Inhaltlich bleibt die Präsentation überaus allgemein.
Impressionen der Ausstellung
Gabriel ist für Verkündigungen zuständig
Alle drei Religionen kennen heilige Bücher und einen einzigen Namen für ihren Gott. Sie teilen sich zudem einige heilige Figuren und Erzengel; beispielsweise ist Gabriel für Verkündigungen unterschiedlicher Art zuständig, etwa der Geburt Jesu oder des Koran. Als Gebetshäuser erbauen sie wahlweise Synagogen, Kirchen oder Moscheen.
Allerdings sind solche Basis-Informationen schon im Beiblatt zur Ausstellung finden – und auf ein paar kurzen Wandtexten. Sieht man vom überzogenen Anspruch ab, das Verhältnis der drei Religionen zu erklären und damit zum Weltfrieden beizutragen, bleibt eine Schau von über 250 Exponaten, die sich zu sehen lohnt.
Hervorragend erhaltene Porträts + Wollkutten
Am meisten beeindrucken spätrömische Grabbilder, die Anfang des 3. Jahrhunderts in der Oase Fayyum entstanden. Diese mit Wachsfarben auf Holz gemalten Porträts Verstorbener wirken so frisch und lebendig, als seien sie deutlich jüngeren Datums. Solche antiken Darstellungen sind extrem selten; sie blieben nur dank des trockenen Wüstenklimas derart gut erhalten.
Aus diesem Grund können auch ähnlich alte Mönchskutten aus Wolle gezeigt werden; die ersten Klöster befanden sich in der ägyptischen Wüste. Außerdem sind präzise bearbeiteter Bauschmuck, filigrane Elfenbein-Schnitzereien und kostbare Goldschätze zu sehen, alles allerdings in eher handlichen Formaten: Kein Stück ist größer als eine Grabstele.
Lebens-Zeichen wird Henkelkreuz
Dabei wird die Schau im Bode-Museum, dessen obere Etagen zu den schönsten in Berlin zählen, im eher unauffälligen Untergeschoß präsentiert; beim Rundgang finden sich Informations-Texte oft erst nach den betreffenden Objekten. Etwa am Ende einer längeren Vitrine: Nach der Betrachtung erfährt man, dass es hier um die Veränderung des altägyptischen Lebens-Zeichens ankh zum Henkelkreuz crux ansata geht.
Der Hinweis, dieses Zeichen symbolisiere das Weiterleben im Jenseits und damit die Überwindung des Todes, ist einer der wenigen Momente, an denen die Ausstellung inhaltliche Themen der drei Religionen überhaupt aufgreift. Sonst belässt sie es meist dabei, ihre Schätze auszubreiten, ohne die Besucher mit allzu viel Information oder gar Analyse zu belasten – oder sie formuliert launig wie für Schulklassen gedacht: „Wer gegen wen, wann und warum?“
Allah nur auf Arabisch schreiben
Der historische Teil der Ausstellung beginnt mit den jüdischen und koptischen Gemeinden in Alexandria unter römischer Herrschaft. Er führt vor, wie Bilder altägyptischer Götter wie Isis und Horus in christlichen Marien- und Jesusdarstellungen aufgegriffen und fortentwickelt wurden. Im 7. Jahrhundert bringen arabische Eroberer den Islam nach Ägypten; es folgt eine Phase von Stabilität, Wohlstand und steigernder Steuerlast für die Ungläubigen.
Christus-Bilder werden durch das Wort Allah ersetzt; die koptische Schrift, die vom griechischen Alphabet abgeleitet ist, durch die arabische. Aus der Zeit der schiitischen Dynastie der Fatimiden (909-1171) sind vergleichsweise viele Bilder erhalten, doch die christlich-koptische Tradition war aus dem öffentlichen Leben verdrängt. Synagogen aus dieser Epoche sind keine erhalten.
Pfau steht für Unsterblichkeit
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension der Ausstellung “Kraftwerk Religion – Über Gott und die Menschen” zu (Wechsel-)Wirkungen von Religionen im Deutschen Hygiene-Museum, Dresden
und hier einen Bericht über die Ausstellung “zeigen verhüllen verbergen – Schrein” – zur “Ästhetik des Unsichtbaren” im Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums, Köln
und hier eine Besprechung der Ausstellung "Du sollst dir (k)ein Bild machen" - sakrale + profane Kunst aus fünf Jahrhunderten im Berliner Dom.
Schließlich endet der Überblick über spätantikes Alltagsleben mit Grabriten. Doch auch hier wird der Reichtum von Symbolik für Tod und Auferstehung nur angerissen: der Adler gilt als Seelenbegleiter, der Pfau steht für Unsterblichkeit und die Weinranke für den Paradiesgarten.
Wer warum gegen wen?
Die Frage, inwieweit Konflikte zwischen drei monotheistischen Religionen mit ihren inhaltlichen Übereinstimmungen zusammenhängen oder gar durch sie bedingt sind, bleibt ungelöst; sie wird von der Schau schlicht ignoriert. Ob Engel dieselben Namen tragen und ähnlich abgebildet werden, sagt aber nichts darüber aus, warum ihre jeweiligen Anhänger einander befehden und ablösen – in den Worten der Ausstellung: Wer gegen wen, wann, und vor allem: warum?