Steven Spielberg

Bridge of Spies – Der Unterhändler

James Donovan (Tom Hanks) auf dem Flughafen Tempelhof in Berlin. Foto: © 2015 Twentieth Century Fox
(Kinostart: 26.11.) Spion gegen Spion: Regisseur Steven Spielberg verfilmt den ersten Agenten-Austausch im Kalten Krieg als atmosphärisch dichtes Period Piece. Tom Hanks glänzt als wagemutiger Amateur-Diplomat – mit leider antiquiert wirkender Fairness.

Rückblick in die kältesten Tage des Kalten Kriegs: Zwischen Korea-Krieg, Mauerbau und Kuba-Krise stand die Erde am Rand der atomaren Auslöschung. Das Wettrüsten von NATO und Warschauer Pakt, Spionage und tiefes Misstrauen der beiden Supermächte USA und Sowjetunion bestimmten die Welt bis Ende der 1980er Jahre.

 

Info

 

Bridge of Spies -
Der Unterhändler

 

Regie: Steven Spielberg,

141 Min., USA/ Deutschland 2015;

mit: Tom Hanks, Mark Rylance, Sebastian Koch

 

 

Website zum Film

 

Eine spannende Episode aus dieser Phase der Block-Konfrontation erzählt Regisseur Steven Spielberg in seinem neuen Film. „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ schildert ausführlich einen einvernehmlichen Agenten-Austausch trotz aller ideologischen Gegensätze und ist damit erstaunlich aktuell. Allerdings schleicht sich mitunter das Gefühl ein, man sähe einen Propaganda-Streifen aus längst vergangenen Tagen.

 

Zur Verräter-Verteidigung genötigt

 

Rudolf Abel (Mark Rylance) wird 1957 in New York als Spion im Dienst der UdSSR verhaftet. Das Gesetz und die Weltöffentlichkeit gebieten einen fairen Prozess, aber in Zeiten antikommunistischer Hysterie ist niemand scharf darauf, diesen „Verräter“ zu verteidigen. So wird Anwalt James Donovan (Tom Hanks) von der CIA mehr genötigt als gebeten, Abels Verteidigung zu übernehmen.

Offizieller Filmtrailer


 

Jeder hat Anspruch auf fairen Prozess

 

Donovan war zwar Ankläger bei den NS-Kriegsverbrecher-Prozessen in Nürnberg, danach aber als Versicherungsjurist tätig. Er fühlt sich mit einem Verfahren dieser Größenordnung überfordert; doch schnell wird klar, dass niemand eine engagierte Verteidigung erwartet. Donovan überrascht alle, indem er seine Aufgabe ernst nimmt.

 

Der integre Anwalt beharrt auf den Grundrechten der US-Verfassung: Jedermann hat Anspruch auf unparteiischen Rechtsbeistand. Donovan verbessert Abels Haftbedingungen, muss dafür Anfeindungen hinnehmen, zollt aber seinem Mandanten Respekt für dessen Loyalität zu seiner Nation. Das verbindet beide Männer, obwohl sie unterschiedliche Weltanschauungen vertreten.

 

Mission im nicht anerkannten Staat

 

Abel entgeht durch Donovans engagierte Verteidigung der Todesstrafe, was sich wenig später als Glücksfall erweist. Der US-Pilot Francis Gary Powers (Austin Stowell) wird im Mai 1960 bei einem Aufklärungsflug über sowjetischem Territorium abgeschossen und wegen Spionage verurteilt; der Vorfall geht als „U 2-Affäre“ in die Zeitgeschichte ein.

 

Nun soll ein Gefangenenaustausch – Abel gegen Powers – organisiert werden. Im Auftrag der CIA reist Donovan im August 1961 während des Mauerbaus in geheimer Mission nach Berlin, um als Unterhändler in der sowjetischen Botschaft den Ablauf der Aktion einzufädeln. Seine Aufgabe wird dadurch verkompliziert, dass die DDR von den USA nicht als souveräner Staat anerkannt wird.

 

Showdown auf der Glienicker Brücke

 

Doch Ostberliner Vopos haben den US-Studenten Frederic Pryor inhaftiert: Mit dieser Geisel soll der ostdeutsche Anwalt Wolfgang Vogel (Sebastian Koch) eine diplomatische Aufwertung des SED-Regimes erwirken. Auf eigene Faust verhandelt Donovan nun sowohl mit den Sowjets als auch DDR-Offiziellen, die rabiat ihre je eigenen Interessen verfolgen. Bis zum showdown auf der Glienicker Brücke zwischen Westberlin und Potsdam – der Brücke der Spione.

 

Hintergrund

 

Weitere Rezensionen finden Sie in der Presseschau bei Film-Zeit.

 

Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "A most wanted Man" – kühl-sachlicher Agenten-Thriller in Hamburg von Anton Corbijn.

 

und hier einen Bericht über den Film “Dame, König, As, Spion” – brillante Verfilmung des Spionage-Thrillers von John Le Carré durch Tomas Alfredson

 

und hier einen Beitrag über die Doku “The Real American – Joe McCarthy” von Lutz Hachmeister über den US-Kommunistenjäger der 1950er Jahre.

 

Dieses historische Geschehen setzt Regisseur Spielberg im altmodischen Nostalgie-look tadellos in Szene. Das Zeitkolorit stimmt; zahllose Ruinen in beiden Teilen der Stadt erinnern an die Narben des Zweiten Weltkriegs. Szenen über den Aufbau der Mauer beschwören den an Panik grenzenden Ausnahmezustand dieser Tage herauf – wobei ihn der Film fälschlicherweise in den Winter verlegt, damit es zum „Kalter Krieg“-Klischee passt.

 

Ehrenmedaille oder Erschießung

 

Tom Hanks spielt seine Standardrolle als positiver Held routiniert. Auch die anderen Figuren machen ihre Sache gut: vor allem Mark Rylance als fatalistisch-melancholischer Spion, der nicht weiß, ob ihn nach Rückkehr in die Sowjetunion eine Ehrenmedaille oder seine Erschießung erwartet, und Sebastian Koch als zwielichtiger DDR-Anwalt.

 

Doch es bleibt ein schaler Eindruck. Zwar konzentriert sich Steven Spielberg in jüngster Zeit immer öfter auf historische Themen; trotzdem verwundert, dass er gerade dieses Sujet aufgegriffen hat. Dabei bemüht sich Spielberg sichtlich um ein ausgewogenes Bild und ermahnt zu Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Doch zugleich wird stets betont, dass es sich um amerikanische Werte handelt, die aufrechte US-Bürger in die Welt tragen.

 

Gut + Böseist Geschichte

 

In Zeiten von Guantanamo-Straflager und US-Drohnen-Angriffen auf „irreguläre Kämpfer“ wirken solche Appelle leider antiquiert. Das mindert nicht die ehrbare Absicht von Spielberg, seine US-Mitbürger an ihre humanistischen Werte und ihren Sinn für Fairness zu erinnern. Doch der Kalte Krieg als Gegensatz der Machtblöcke ist Geschichte – und mit ihm die eindeutige Unterscheidung von Gut und Böse samt Gewissheit, auf der richtigen Seite zu stehen.