
Es geht los wie ein klassisches Heldenepos: Hauptfigur Jack Silva (John Krasinski) kommt am Schauplatz der Schlacht zwischen Gut und Böse an. Am arg mitgenommenen Flughafen von Bengasi, Libyens zweitgrößter Stadt, wird er von seinem alten Kumpel Tyrone Woods (James Badge Dale) abgeholt. Schon an der übernächsten Ecke versperren bewaffnete Milizen die Straße: Woods bereinigt die brenzlige Situation mit einem frechen bluff. So sehen eigentlich Sieger aus.
Info
13 Hours: The secret Soldiers of Benghazi
Regie: Michael Bay,
144 Min., USA 2016;
mit: John Krasinski, Pablo Schreiber, Toby Stephens
9/11-Rede von Botschafter Stevens
Hier unterhält auch die CIA einen geheimen Stützpunkt: Hinter hohen Mauern eines privaten Anwesens arbeiten Dutzende von Agenten. In Sichtweite befindet sich das US-Generalkonsulat; es stand wegen der politischen Wirren längere Zeit leer. Nun hat sich US-Botschafter John Christopher Stevens angekündigt: Zum elften Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 will er an diesem Ort eine Ansprache halten, um Amerikas Unterstützung für Libyen zu bekräftigen.
Offizieller Filmtrailer
CIA-Leiter wartet auf Washington
Das alles weiß der Held noch nicht, und er wird es auch nur ansatzweise erfahren: Jack Silva und seine Kameraden auf Zeit sollen allein den CIA-Stützpunkt sichern. Alle sind ehemalige US-Elitesoldaten, die kurzfristig für diese Aufgabe angeheuert wurden – was nicht schwer war, denn keiner ist im zivilen Leben sonderlich erfolgreich. Mit gut bezahlten undercover-Einsätzen halten sie ihre Familien über Wasser.
Kurz nachdem Botschafter Stevens seine Rede im Konsulat vorgetragen hat, greifen Milizionäre mit schwerem Geschütz an. Der CIA-Leiter, ein teigiger Bürohengst, will ohne Befehl aus Washington nicht eingreifen. Also stürzen sich Silvas Leute auf eigene Faust ins brennende Inferno, um den Botschafter und seine entourage aus dem Gebäudekomplex zu retten.
Risikozuschlag als einzige Motivation
Feuer frei für eine apokalyptische Nacht mit allen special effects, die computer-generated images so her geben. Höhepunkt ist ein Parforce-Ritt auf der Bombe: die Kamera scheint huckepack auf dem Projektil mitzufliegen, bis es auf dem Konsulatsgelände einschlägt. Aufschlussreicher als feuersprühende Angriffswellen sind die Pausen dazwischen, in denen die tapferen Verteidiger verschnaufen und den einen oder anderen Gedanken äußern.
Vom Hurra-Patriotismus üblicher Kriegsfilme keine Spur; hier geht es nur ums Überleben. Dabei fehlt die Souveränität, mit der US-Soldaten in „Black Hawk Down“ (2001) von Ridley Scott in Somalia oder in „The Hurt Locker – Tödliches Kommando“ (2008) von Kathryn Bigelow im Irak agierten, diesen Kämpfern völlig: Sie reagieren nur. In „einer Schlacht, die ich nicht verstehe; in einem Land, das mir nichts bedeutet“, wie Silva am Ende resümiert: Einzige Motivation ist der Risikozuschlag.
Wer angreift + warum, bleibt unklar
Diese Söldner sind keine Staatsbürger in Uniform oder Kampfmaschinen mit Killerinstinkt. Eher illusionslose lumbersexuals mit tattoos und gestutzten Vollbärten, die intensiv im Fitness-Studio trainieren und zuweilen sogar Bücher lesen. Ihnen wäre durchaus Aufgeschlossenheit für ihren Einsatzort und dessen Bewohner zuzutrauen. Doch die Regie verweigert ihnen wie dem Publikum jegliche landeskundlichen Informationen.
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Besprechung des Films "Sicario" - vielschichtiger Thriller über den "Krieg gegen Drogen" an der US-mexikanischen Grenze von Dennis Villeneuve
und hier einen Bericht über den Film “Zwischen Welten” – Kriegsdrama über die Bundeswehr in Afghanistan von Feo Aladag mit Ronald Zehrfeld
und hier einen Beitrag über den Film "Captain Phillips" - Dokudrama über den Kampf der US-Armee gegen Piraten in Somalia von Paul Greengrass mit Tom Hanks.
Feuerpause auf dem kleinen Dienstweg
Zumal ihre heimischen Rivalen von der „Brigade des 17. Februar“, die mit den Amerikanern verbündet ist, mehrfach auftreten und für den einzigen Aha-Effekt sorgen: Als ihr Kommandant seinen Gegenspieler bei den Angreifern einfach mit dem Handy anruft, um eine Feuerpause zu vereinbaren. In einer Clan-Gesellschaft kann der kleine Dienstweg alle Fronten überbrücken.
An solchen Einblicken ist Regisseur Bay ansonsten desinteressiert. Das lässt seinen Kriegsfilm zur Bebilderung der Obama-Doktrin werden: Nach all den Fehlschlägen in Afghanistan, Irak, Ägypten und Libyen will Washington keinesfalls in weitere innerarabische Konflikte verwickelt werden. Daher wird Syrien zähneknirschend dem Kreml und seinem Günstling Assad überlassen. Was die USA so demoralisiert hat, zeigt „13 Hours“ mit viel Pyrotechnik in dröhnend langen zweieinhalb Stunden.