Guillaume + Stéphane Malandrin

Ich bin tot, macht was draus!

Wim (Wim Willaert, li.) und Yvan (Bouli Lanners, mi.) versuchen, die Asche ihres toten Freundes Jipé als Tandoori-Gewürz durch den Zoll zu schmuggeln. Foto: Camino Filmverleih
(Kinostart: 28.4.) Lemmy, Bowie, Prince – der nächste ist Jipé: Vom Tod ihres Sängers lässt sich eine belgische Altrocker-Band ihre US-Tournee nicht durchkreuzen. Daraus schlagen die Regie-Brüder Malandrin anarchische Funken – als etwas andere Trauerarbeit.

Im Grunde hätten alle Künste nur zwei Themen, hat ein kluger Kopf einmal bemerkt: die Liebe und den Tod. Das gilt auch für die Leinwand: Mit dem belgischen Film „Ich bin tot, macht was draus!“ kommt eine Geschichte über Sterben, Trauern und Abschiednehmen ins Kino, die sich all dem auf sehr rustikale Art und Weise nähert.

 

Info

 

Ich bin tot, macht was draus!

 

Regie: Guillaume + Stéphane Malandrin,

96 Min., Frankreich/ Belgien 2015;

mit: Bouli Lanners, Wim Willaert, Lyès Salem

 

Website zum Film

 

Halb verrückter road trip, halb kerniges buddy movie, springt diese anarchisch schräge Komödie frech und derb mit Gevatter Tod um. Was kaum jedermanns Geschmack sein dürfte. Doch trotz – oder gerade wegen – des clownesken Humors gelingt den Brüdern Guillaume und Stéphane Malandrin eine originelle Hommage an das Leben und die Freundschaft – nach dem Motto: Jeder Mensch stirbt, aber nicht jeder Mensch lebt!

 

Große Bären mit Bärten 50+

 

Die belgische Rockband „Grand Ours“ („Großer Bär“) steht kurz vor dem Durchbruch: Eine US-Tournee soll endlich den ersehnten Erfolg bringen. Allerdings sind die vier bärtigen Herren an E-Gitarre, Schlagzeug und Mikrofon schon längst jenseits der 50 und nicht gerade vom Glück verwöhnt.

Offizieller Filmtrailer


 

Asche-Urne vom Flügel des Bruders klauen

 

Kurz vor dem Abflug nach Los Angeles verliert Sänger Jipé bei einem Konzert erst seine Stimme und anschließend auch sein Leben, weil er nicht mehr um Hilfe rufen kann. Seine Bandkollegen Yvan (Bouli Lanners), Wim (Wim Willaert) und Nicolas (Eddy Leduc) sind schon viel zu lange harte Jungs mit rock‘ n‘ roll lifestyle, als dass sie darüber vor Kummer vergingen.

 

Also soll die Amerika-Tournee wie geplant stattfinden – mit der Asche des Sängers im Gepäck. Dazu muss das Trio seine Urne erst Jipés Bruder entwenden, einem erfolgreichen chansonnier; sie steht in seiner Villa auf dem Flügel, an dem er seine Balladen komponiert. An deren Glastüren drücken sich die Rocker erst die Nasen platt, bevor sie die sterblichen Überreste ihres Kumpels in einer aberwitzigen Befreiungs-Aktion an sich bringen.

 

Posthum taucht schwuler Partner auf

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Das brandneue Testament" himmlische Tragikomödie aus Belgien von Jaco Van Dormael

 

und hier einen Beitrag über den Film „The Broken Circle“ – bewegendes Melodram über eine belgische Bluegrass-Band von Felix van Groeningen

 

und hier einen Bericht über den Film „Not Fade Away“  – vielschichtiges Drama über den Werdegang einer Amateur-Rockband mit James Gandolfini von David Chase.

 

Schon in dieser Szene führen die Protagonisten ihre unangepasste Schrulligkeit ausgiebig vor – eine Spezialität belgischer Tragikomödien. Diese starken Charaktere helfen dem Bruderpaar Malandrin auch über die ein oder andere Schwäche des Films hinweg. Ihre Regie springt zwischen verschiedenen Erzählstilen hin und her, lässt eingeführte Figuren wieder im Nichts verschwinden und zerfällt dramaturgisch in verschiedene Teile – sei es als Referenz an diese chaotischen Rebellen, oder schlicht aus Leichtsinn.

 

Jedenfalls bricht die Gruppe in die USA auf; dabei hat sie plötzlich noch einen Mann im Schlepptau. Wie sich herausstellt, war Sänger Jipé schwul, und sein langjähriger Lebenspartner Danny (Lyes Salem) will bei der Bestattung dabei sein. Offenbar kannten die Bandmitglieder ihren Frontmann doch nicht so gut, wie sie dachten.

 

Abschied im kanadischen Nirgendwo

 

Je länger die Reise dauert, desto irrwitziger wird sie. Nur soviel: Nachdem Jipés Asche beim Zoll als Gewürz deklariert und teilweise verspeist wurde, muss später das Flugzeug notlanden. So landet das Quartett versehentlich im Norden Kanadas, bei den Inuit. Hier im Nirgendwo – genauer: in der 1500-Einwohner-Kleinstadt Schefferville – finden die Männer einen Weg, den mittlerweile in alle Winde verteilten Jipé endgültig zu verabschieden. Genau so, wie sie auch leben: unangepasst und leichtsinnig. Ähnlich stimmig wirkt der Film – ein herrlich verqueres Beispiel für Trauerbewältigung, bei der sich keiner verbiegen muss.