Ryan Gosling + Russell Crowe

The Nice Guys

Als könnten sie kein Wässerchen trüben: Privatdetektiv Holland March (Ryan Gosling, li.) + Miet-Schläger Jackson Healy (Russell Crowe). Foto: © 2016 Concorde Filmverleih
(Kinostart: 2.6.) Als Autos noch Autos und Brüste noch Brüste waren: In dieser Gangster-Komödie jagt Regisseur Shane Black beide Helden durch eine wirre Öko-Porno-Story im Los Angeles der 1970er Jahre – mit cleveren Dialogen und leicht peinlichem Humor.

Nach so einem Auftakt kann es nur besser werden: Der neue Film von Regisseur Shane Black, der mit den „Lethal Weapon“-Filmen das buddy action-genre prägte, beginnt 1977 in Los Angeles mit einem schlechten Witz. In einer noblen Villa stibitzt ein Junge seinen schlafenden Eltern ein Erotik-Magazin. Während er freudig das Motiv in der Heftmitte betrachtet, durchbricht ein von der Straße abgekommenes Auto die Hauswand, schießt auf der anderen Seite wieder hinaus und landet im Gebüsch.

 

Info

 

The Nice Guys

 

Regie: Shane Black,

116 Min., USA 2016;

mit: Russell Crowe, Ryan Gosling, Kim Basinger

 

Website zum Film

 

Als der Knabe hinausläuft, entdeckt er, dass die Fahrerin aus dem Wagen geschleudert wurde. Sie hat fast nichts an und stirbt an Ort und Stelle. Ein Kameraschwenk aufs Nummernschild zeigt: Soeben ist Porno-Starlet Misty Mountains tödlich verunglückt. Der Junge zeigt Pietät und bedeckt die nackte Leiche: ein echter nice guy. Darum geht es fortan: Ob die beiden Helden, die in diesen Fall hineingezogen werden, im Vergleich zu den Verbrechern, die sie jagen sollen, die netteren Typen sind.

 

Privatschnüffler ohne Geruchssinn

 

Holland March (Ryan Gosling) und Jackson Healy (Russell Crowe) können sich anfangs nicht besonders leiden. Holland ist das, was man einen Privatschnüffler nennt, obwohl er schon vor Jahren seinen Geruchssinn verloren hat. Jackson war früher bei der Navy; nun verdrischt er gegen Geld Leute, die minderjährigen Mädchen nachstellen. Dummerweise ist Holland beauftragt worden, die minderjährige Amelia Kuttner aufzuspüren; sie wird vermisst.

Offizieller Filmtrailer


 

Porno-Projekt gegen die Autoindustrie

 

Natürlich kreuzen sich die Wege der beiden, was dem schmächtigen Holland einige Blessuren einträgt. Doch da seine vorlaute Tochter namens Holly (Angourie Rice) mit Jackson gut kann, sind die beiden bald unfreiwillige Partner. Zu Hollands Klienten zählt auch die Tante der toten Porno-Darstellerin; bald kommt das Duo einem verzwickten Fall auf die Spur.

 

Die verschwundene Amelia engagierte sich für Umweltschutz; dafür wollte sie offenbar einen Porno drehen, um Machenschaften der Autoindustrie anzuprangern. Auf diese Idee würden nicht einmal die „Fuck for Forest“-Aktivisten kommen. Sie ist aber auch nicht so wichtig; der löchrige plot dient nur als dünner roter Faden, um die Schauwerte des Films aufzufädeln.

 

Parodie auf buddy movies der 1980/90er

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Inherent Vice – Natürliche Mängel" – Verfilmung des 70er-Jahre-Späthippie-Krimis von Thomas Pynchon durch Paul Thomas Anderson mit Joaquin Phoenix

 

und hier eine Besprechung des Films "Criminal Activities" – raffinierte Gangster-Komödie von Jackie Earle Haley mit John Travolta

 

und hier einen Bericht über den Film „Only God forgives“ – bildgewaltiger Rache-Thriller von Nicolas Winding Refn mit Ryan Gosling

 

und hier einen Beitrag über den Film „Fuck for Forest“ – Doku über Öko-Sex-Aktivisten von Michał Marczak.

 

Vor allem: Jede Menge Prügeleien und Schießereien – mit dem running gag, dass immer ein Unbeteiligter erschossen wird, wenn ein vertrottelter Ermittler sich vor einer Kugel wegduckt. Noch häufiger fällt Holland von irgendwas herunter. Während das Duo dabei kaum begreift, wer Freund oder Feind ist, liefert es sich recht clevere und witzige Wortgefechte mit Hollands Tochter Holly. Sie fungiert auch als moralische Instanz, indem sie festlegt, wer nice guy ist und wer nicht.
 

So amüsant die Dialoge auch sind – von ihnen bleibt nicht viel hängen. Ohnehin schlagen die beiden Protagonisten einen Ton an, im dem wohl niemand vor fast 40 Jahren gesprochen hat; er gibt eher gegenwärtiges Bewusstsein wieder. So parodiert „The Nice Guys“ einerseits die buddy movies der 1980/90er Jahre und aktualisiert sie gleichzeitig mit einer Prise Film noir und der Option auf Fortsetzungen wie bei der „Lethal Weapon“-Serie.

 

Trauer um verlorene Unschuld

 

Doch hinter diesen offensichtlich ökonomischen Manövern gähnt dort, wo der Film einen sinnvollen Kern haben sollte, große Leere. Aus der ganzen hochtourigen action samt nonsense-Handlung lässt sich höchstens herauslesen, dass Regisseur Shane Black wohl einer Art verlorener Unschuld hinterher trauert: der Zeit vor AIDS und Kokain-Opfern, als Autos noch aussahen wie Autos und nicht wie Elektro-Rasierer, und Brüste noch Brüste und keine Silikon-Produkte waren.

 

Damit gelingt dem Regisseur unterm Strich nur ein schlapper remix von anderen period pieces der 1970er Jahre wie „American Hustle“ (2013) und „Inherent Vice“ (2014). Mit prächtiger Ausstattung: Man könnte diesen teuer wirkenden Reigen aus Tapetenmustern, Sportwagen und Frisuren dieser Ära problemlos genießen, wäre da nicht dieser unentschieden lavierende Pennäler-Humor, der einfach ein bisschen peinlich ist.