Roland Emmerich

Independence Day: Wiederkehr

Ein ganz normales Verteidigungs-Raumschiff. Foto: 20th Century Fox
(Kinostart: 14.7.) Wiederholung der Tragödie als Farce: Die Fortsetzung der Weltraumoper von 1996 gerät zu einer zähen Materialschlacht, für die Regisseur Roland Emmerich berühmt-berüchtigt ist – als spannungslose Dauerklimax aus CGI-Detonationen.

Im Weltall sind alle Menschen gleich – gleich klein. Insbesondere im Verhältnis zu den überdimensionalen Fluggeräten, den Satelliten und der babylonischen Raumstation, durch die sich die Kamera schlängelt, wie vor Ehrfurcht erstarrt. Ein atmosphärisch schöner Einstieg in den zweiten Teil von „Independence Day“; der Vorgänger von 1996 war einer der erfolgreichsten science fiction-Filme aller Zeiten.

 

Info

 

Independence Day: Wiederkehr

 

Regie: Roland Emmerich,

129 Min., USA 2016;

mit: Liam Hemsworth, Jeff Goldblum, Charlotte Gainsbourg

 

Website zum Film

 

Manche seiner Bilder – etwa solche der pizzatellergroßen UFOs, die kulturelle Wahrzeichen von Weltmetropolen in Schutt und Asche bombten – haben sich ins kollektive Gedächtnis der Prä-9/11-Generation eingegraben. Für Will Smith, der damals als Kampfpilot Hiller die Erde retten musste, war das der Beginn einer steilen Schauspieler-Karriere. Inzwischen sind seine Honorar-Forderungen zu hoch, um für den Nachfolge-Film engagiert zu werden, wie es Regisseur Roland Emmerich eigentlich geplant hatte.

 

20. Todestag des Kampfpilot-Heroen

 

Andere Figuren aus der Original-Besetzung spielen wieder mit: etwa der Satelliten-Techniker David Levinson (Jeff Goldblum), der gealterte Ex-Präsident Whitmore (Bill Pullman) oder Brent Spiner als verwirrter alien-Forscher Dr. Brakish Oku. Zu Filmbeginn wird des 20. Todestags von Pilot Hiller gedacht, der im Sternenkrieg fiel. Die Machtzentrale in Washington lässt erahnen, dass die Welt auch zwei Jahrzehnte später noch vom Angriff der Außerirdischen gezeichnet und die Bedrohung nicht verschwunden ist.

Offizieller Filmtrailer


 

Alien-Raumschiff passt kaum auf Kinoleinwand

 

Zwar hat sich die Menschheit hochentwickelte alien-Technologie angeeignet, so dass die US-Hauptstadt aussieht wie ein SciFi-Videospiel aus den 1990er Jahren. Um einen möglichen Neuangriff abzuwehren, spannt sich ein ausgefeiltes Abwehrsystem als Schutzschild um die Erde. Nur einige Skeptiker bezweifeln, dass der intergalaktische Frieden ewig währen werde: wie Levinson, der mit Dauerfragezeichen im Gesicht an UFO-Wracks herumforscht, oder die Psychologin Catherine Marceaux (Charlotte Gainsbourg).

 

Damit, dass die aliens vor 20 Jahren kurz vor ihrem Exodus einen Hilferuf ins All gesendet haben, der von einer noch viel mächtigeren Spezies beantwortet wird, hat niemand gerechnet. Als ihr Riesen-UFO auf dem Bildschirm im oval office auftaucht, gibt US-Präsidentin Lanford mit angriffslustigen Raubtieraugen den Feuerbefehl. So einen Krieg hat die Menschheit noch nicht gesehen: Das alien-Raumschiff passt kaum auf die Kinoleinwand, wenn es unter gutturalem Grollen seinen bedrohlichen Schatten auf die skyline wirft.

 

Kommissköpfe-Armee überrollt Fortschritt

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Interstellar" – visuell überwältigendes SciFi-Epos in fünf Dimensionen von Christopher Nolan

 

und hier eine Besprechung des Films "Prometheus – Dunkle Zeichen" – monumentales SciFi-Epos über Leben aus dem All von Ridley Scott

 

und hier einen Beitrag über den Film "Snowpiercer" - SciFi-Drama im ewigen Eis von Bong Joon-ho

 

und hier eine Kritik des Films "Stonewall" - Dokudrama über die Anfänge der Schwulen-Bewegung von Roland Emmerich

 

und hier einen Bericht über den Film "Anonymus" – opulenter Historien-Thriller über Shakespeare von Roland Emmerich.

 

Spätestens jetzt verspielt Regisseur Emmerich jeden Kredit, den er sich mit dem Vorgängerfilm und hier mit einer unterhaltsamen ersten halben Stunde popcorn-Kino verdient hat. Denn Krieg bedeutet auch die Entfesselung einer der zähen Materialschlachten, für die der deutsche Filmemacher berüchtigt ist. Samt jede Menge aufdringlicher Militär-Trommelwirbel und Nahaufnahmen entsetzter Gesichtern, denen nur noch einfällt, „Oh mein Gott!“ oder „Jesus!“ auszurufen – als hätte sich der Himmel nicht längst von ihnen abgewandt.

 

Alle denkbaren Fortschritte der letzten 20 Jahre, die eine Frau als Präsidentin oder advanced technologies erahnen lassen, werden von einer Armee der Bürstenhaarschnitte überrollt: Auf ihnen ruht jetzt die letzte Hoffnung der Menschheit. Während des rund einstündigen shoot-out erstickt eine Dauerklimax aus CGI-Detonationen restlos jede Spannung. Toll sind hingegen die establishing shots, die den Zuschauer in die unendlichen Tiefen des Weltalls saugen und mit den desorientierenden Dimensionen des Universums den Menschen in seiner Kleinheit auf den Boden der Tatsachen bringen.

 

Feinde schweißen zusammen

 

So wird diese „Independence Day“-Fortsetzung zum fastfood für feelgood-SciFi-fans. Sie setzt trotz 200 Millionen US-Dollar Budget weder visuell noch inhaltlich neue Standards für das genre. Am Ende bleibt nur eine Erkenntnis: „Wir mögen unsere Differenzen haben, aber wir müssen jetzt alle zusammenhalten“, sagt Ex-Präsident Whitmore in einer Radioansprache an die Menschheit.

 

Das birgt eine zynische Wahrheit, die in Zeiten von Brexit, Donald Trump und AfD auf eine UFO-Invasion hoffen lassen sollte: Nichts schweißt Menschen besser zusammen als ein gemeinsamer Feind. Auch im Weltall sind wir alle gleich – gleich dumm.