
The man you love to hate: Sein Debütfilm „Die Sau“ wurde 1999 auf einem Kleinfestival prämiert – seither hat Regisseur Tetsuo Aoki (Kiyohiko Shibukawa) nicht mehr viel hinbekommen. Der 39-jährige wohnt noch bei den Eltern, schleppt aber oft Mädels ab, die Filmemacher supercool finden: Seine Besetzungscouch steht im Jugendzimmer. Dauernd knapp bei Kasse, betreibt er eine Hinterhof-Schule für unbegabte Schauspiel-Anfänger, die unbedingt zum Fernsehen wollen.
Info
Lowlife Love
Regie: Eiji Uchida,
110 Min., Japan 2015;
mit: Kiyohiko Shibukawa, Yoshihiko Hosoda, Maya Okano
Filme als call girl mitfinanzieren
Davon träumen hier alle: Tokios kreativer underground scheint von Filmverrückten zu wimmeln. Sie führt Regisseur Eiji Uchida genüsslich vor: etwa die affektierte Kyoko, die für eine Rolle mit jedem Regisseur ins Bett ginge – aber erst, nachdem sie seine Filmographie gecheckt hat. Oder den vierschrötigen Produzenten Kida, der kaum seinen Kaffee bezahlen kann, aber Erpresser im Nu mit exzellenten Mafia-Kontakten abwimmelt. Oder die minderjährige Kaede; als größter fan von Tetsuo geht sie anschaffen, um seinen nächsten Film mit zu finanzieren.
Offizieller Filmtrailer
Bastard-B-Movies mit Mini-Budgets
„Lowlife Love“ ist aber keine freak show über loser-Typen, sondern eine plausibel konstruierte Satire auf Zynismus und Amoral der Filmindustrie. Sobald sie kann, wirft sich Minami dem blockbuster-Regisseur Kano an den Hals; als Morgengabe bringt sie Kens Drehbuch mit. Später wickelt sie einen TV-Kollegen um den Finger, weil er bessere Rollen bietet. Ohne star und script wird Tetsuo von allen fallen gelassen. Dabei haben die meisten irgendwie mit käuflichem Sex zu tun, um halbwegs über die Runden zu kommen.
Hintergrund
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und hier einen Beitrag über den Film “Maps to the Stars” – sarkastische Satire auf die Filmbranche in Hollywood von David Cronenberg
und hier einen Bericht über den Film "Underwater Love – A Pink Musical" – schräges "Pink Movie" aus Japan von Shinji Imaoka.
Einem dreckigen Miststück verfallen sein
In „Lowlife Love“ beobachtet Uchida besonders genau; er kennt sich bestens in diesem Milieu aus. Großspurige Dilettanten, Illusionen über den eigenen Marktwert und Gelder aus dubiosen Quellen prägen die Branche weltweit; hier garniert von Nudelsuppen-Garküchen und groupies in Schulmädchen-Uniformen. Als setting für durchweg gute Schauspieler: Kiyohiko Shibukawa verleiht seinem Kotzbrocken Tetsuo den räudigen Charme des jungen Fassbinder; Maya Okano mausert sich überzeugend vom Landei Minami zur abgezockten Diva.
Sie müssen sich über ihre nächsten engagements wohl keine Sorgen machen, denn trotz aller Unbill werfen die meisten Regisseure nie endgültig hin. „Filmemachen ist, als wäre man einem dreckigen Miststück verfallen, von dem man nicht loskommt“, beschreibt es der erfolgreiche Kano: „Also kann man auch nach Herzenslust weitervögeln.“