Blüten + Düfte aus der Decke
Ein verkleinerter Nachbau der Statue ist in der Ausstellung zu bewundern – im wohl schönsten Saal des Rundgangs: Farbige Projektionen und Vogelgezwitscher vom Band veranschaulichen, wie der achteckige Kuppelsaal der domus aurea einst gewirkt haben mag. In die Decke waren Elfenbeinplatten eingelassen, durch die Blüten gestreut und Düfte versprüht wurden. Kostbares Glas und feinstes Silbergeschirr bezeugen den verschwenderischen Luxus der kaiserlichen Hofhaltung.
Wobei solcher Aufwand in Roms superreicher Elite durchaus üblich war. Sie irritierte allenfalls, dass Nero das Stadtzentrum in eine weitläufige Parklandschaft wie für eine villa in der Provinz umwandeln wollte. Vergeblich: Die domus aurea blieb unvollendet und wurde später zum größten Teil von anderen Herrschern überbaut.
16-monatige Tournee durch Griechenland
Neros eigentliche Leidenschaft waren jedoch die Künste: Seit Kindertagen übte er sich als Maler, Bildhauer, Dichter, Sänger, Schauspieler und Wagenlenker. Gewisse Fertigkeiten gehörten zur Ausbildung jedes römischen Adligen, doch als einziger Kaiser ließ er sich systematisch in allen Disziplinen schulen. Bis zur Bühnenreife: Im Jahr 64 trat er in Neapel erstmals vor Publikum auf; ein Jahr später gab er sein Debüt in der Hauptstadt.
Im Folgejahr reiste er mit einem Tross von mehreren 1000 Personen nach Griechenland. Dort besuchte er sämtliche Städte, in denen sportliche oder musische Wettkämpfe stattfanden; teils wurden sie ihm zuliebe zeitlich verlegt. Nero gewann in allen Disziplinen und kehrte nach 16 Monaten mit 1808 (!) Siegerkränzen zurück – bei seinem Einzug nach Rom 67 n. Chr. ließ er sich mit einem quasi-militärischen Triumphzug feiern.
Wie ein antiker Berlusconi
Damit hatte er den Bogen überspannt. Morden in der eigenen Familie – hässlich, aber leider unvermeidlich. Sein wahnwitziges Bauprogramm – ruinös, doch es brachte viele Leute in Lohn und Brot. Aber dass er sich wie ein Sklave oder Plebejer auf der Bühne produzierte und es wagte, dafür das altehrwürdige Triumphzug-Ritual einzuspannen – das ging zu weit. Senatoren und hohe Beamtenschaft rückten von ihm ab.
Hintergrund
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Von Kirche als Antichrist dämonisiert
Nur Christen hassten ihn: Nero hatte sie für den Stadtbrand im Jahr 64 verantwortlich gemacht. Die damals noch obskure Sekte taugte gut als Sündenbock; vermutlich wurden weniger als 1000 ihrer Anhänger hingerichtet. Doch nach ihrem Aufstieg zur Reichs- und Weltreligion schlug sie zurück: Der Kaiser war aus ihrer Sicht der Prototyp eines Antichristen. Wie er in kirchlichen Schriften und Sakralkunst dämonisiert wurde, zeigt das Museum am Dom etwas überprägnant: Es nimmt „Nero und die Christen“ zum Anlass, 2000 Jahre Leidensgeschichte von Märtyrern nachzuzeichnen.
So paradox es klingen mag: Gerade diese Verteufelung sicherte sein Vermächtnis. Während die meisten römischen Kaiser nur noch Althistorikern geläufig sind, kennt jedes Kind Nero. Er gibt den idealen Buhmann ab, wenn Künstler einen Unhold herbeizitieren wollen. Diese bis heute reichende Tradition führt die Schau „Lust und Verbrechen – der Mythos Nero in der Kunst“ im Stadtmuseum Simeonstift anhand schön schrecklicher Beispiele vor.
Dagegen ist von seinem eigenen Kunstschaffen nichts überliefert, obwohl es ihm so sehr am Herzen lag. „Welch ein Künstler geht mit mir zugrunde!“, sollen Neros letzte Worte gewesen sein.