Es gibt nicht viel, auf das sich Cineasten im Kinojahr verlassen können. Eine Konstante ist die jährliche Komödie von Woody Allen. „Café Society“ ist ein nostalgischer Ausflug in die frühen Jahre von Hollywood und wie gewohnt mit Stars besetzt.
Info
Café Society
Regie: Woody Allen,
96 Min., USA 2016;
mit: Jesse Eisenberg, Steve Carell, Kristen Stewart
Scheinbar perfektes Leben
Als sie von ihrem Freund verlassen wird, sieht Bobby seine Chance und legt sich als Tröster ins Zeug. Vonnie erliegt seinem linkischen, aber beharrlichen Charme. Seinem Heiratsantrag samt Angebot, mit ihm nach New York zu ziehen, begegnet sie aber zögerlich – auch weil ihr Exfreund sich erfolgreich wieder in ihr Leben drängelt. Bobby gibt auf, kehrt enttäuscht nach New York zurück und steigt in den lukrativen Nachtclub seines gangster-Bruders Ben (Corey Stoll) ein.
Nach einer gründlichen Umgestaltung verwandelt er ihn zum angesagten Szene-Treffpunkt. Dort lernt Bobby das hübsche It Girl Veronica (Blake Lively) kennen. Die beiden heiraten und bekommen ein Kind. Das Leben von Bobby – in dessen Lokal alles verkehrt, was damals Rang und Namen hat – scheint perfekt; bis eines Tages Vonnie im Club auftaucht.
Offizieller Filmtrailer
Nostalgischer Kostümfilm
Wäre hier nicht Woody Allen am Werk, könnte man bei dieser Konstellation nicht mehr als eine durchschnittliche romantische Komödie erwarten. Aber allein die Kulisse der Art Déco Interieurs in den glamourösen 1930er Jahren macht den Film zum Augenschmaus; etwa wenn Bobby auf eine Hollywood-party eingeladen ist und die Kamera auf den raffinierten Schneiderkostümen und Seidenroben der Damen verweilt.
Der schönen Oberfläche steht die verzwickte story in nichts nach. Abgesehen davon, dass Bobbys charakteristische Körperhaltung und Gestik wie eine jüngere Ausgabe des Regisseurs selbst wirkt, hat sie einige Parallelen zu Allens Biographie. Dass Bobby sich als eingefleischter New Yorker in Hollywood nicht etablieren möchte, erinnert an das gespannte Verhältnis, das der Regisseur selbst zur Traumfabrik hat und schon 1977 im Film „Der Stadtneurotiker“ thematisierte.
Im Zweifel für das Geld
Hintergrund
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Neben den historischen Parallelen und Kulissen handelt der Film vor allem von Allens Lieblingsthemen: von Sehnsüchten und Träumen, den Wirrungen der Liebe und Entscheidungen, die das Leben prägen. So ist Bobby für Vonnie zwar ein netter Typ, aber auch ein Außenseiter. Sie möchte mehr vom Leben, als Bobby ihr bieten kann – und wählt den älteren Herren mit Einfluss und Geld.
Romantische Selbstzitate
Dass Bobby solche Erfolge auch erreichen wird, nämlich in New York, hat sie ihm nicht zugetraut. Umso größer ist ihre Überraschung, als sie ihn wiedertrifft; da ist er längst selbst zum star in seinem eigenen club geworden. Alles scheint wieder offen: Für den jungen Mann sind Frau und Kind kurz vergessen, während er mit seiner Ex-Geliebten nach einer party durch das nächtliche New York wandert und bei Sonnenaufgang mit ihr auf einer Brücke im Central Park landet.
Das ist mindestens so romantisch wie die berühmte Szene in „Manhattan“ (1979) mit Allen und Diane Keaton unter der Brücke – und eines von vielen Selbstzitaten, für die der 80-jährige Regisseur bekannt ist. Zwar ist Allen mit seinem neuen Film kein großer Wurf gelungen, aber Freude macht er trotzdem. Genau richtig für einen gemütlichen Kinoabend im November.