Der king of rock‘ n‘ roll trifft den damaligen Präsidenten Richard Nixon im Weißen Haus: Dieses unwahrscheinliche Szenario hat tatsächlich stattgefunden und ist auf einem Foto belegt. Wie es dazu kam, zeigt Regisseurin Liza Johnson in ihrer klugen Komödie „Elvis & Nixon“; sie erzählt zugleich von einem Amerika, das noch nicht dem Medienrausch verfallen war.
Info
Elvis & Nixon
Regie: Liza Johnson,
86 Min., USA 2016;
mit: Michael Shannon, Kevin Spacey, Alex Pettyfer
Filmrollen qualifizieren zum Agenten
Für die Öffentlichkeit ist er kein Rebell mehr, sondern der Las Vegas-Sänger mit dicker Brille und bunten Anzügen, eine Karikatur seiner selbst. Für einen Agenten-job fühlt er sich aber durch etliche Filmrollen, ein gewisses Talent zum Verkleiden und martial arts-Kenntnisse bestens geeignet. Er ist sich seiner Sache so sicher, dass er seine alten Memphis-Kumpels Jerry (Alex Pettyfer) und Sonny (Johnny Knoxville) um Hilfe bittet. Aber selbst die können ihm seine fixe Idee nicht ausreden; auch weil sie seine Beharrlichkeit zu gut kennen.
Offizieller Filmtrailer
Bürgerschreck trifft Spießer
Ob aus Größenwahn oder ehrlichem Antrieb: Er möchte helfen – indem er der Drogenbehörde seine Dienste als undercover agent anbietet. Damals wie heute scheint es üblich gewesen zu sein, dass ein übergroßes Ego neben Plattenverkäufen und kreischenden Fans auch Plaketten wie etwa der eines Agenten benötigt.
Die Zustimmung dafür will sich Presley direkt von Präsident Nixon (Kevin Spacey) holen. Auf dem Weg nach Washington schreibt er im Flugzeug einen Brief an Nixon und übergibt ihn höchstpersönlich am Weißen Haus, was seine Wirkung nicht verfehlt. Nixons PR-Stab wittert eine Chance, sein image bei der jungen Wählerschaft zu verbessern. Der Präsident selbst ist aber schwer davon zu überzeugen.
Erst die Aussicht, mit einem Autogramm des Sängers bei der eigenen Tochter zu punkten, stimmt ihn um. Es kommt zum Handschlag des einstigen Bürgerschrecks mit dem wahrscheinlich unrockbarsten US-Präsidenten der Geschichte. Ein cooler Riese mit Sonnenbrille neben dem hölzernen Nixon.
Bizarr, aber nicht albern
Gäbe es dieses Foto nicht, hielte man die Geschichte für die Kopfgeburt eines Autoren mit seltsamem Humor. Denn während heute zig Kameras und Reporter vor Ort sind, wenn sich ein Popstar mit einem Politiker trifft, zeigt Johnsons Film eine Epoche, in der Politik und Popkultur noch zwei unvereinbare Welten waren.
Es wäre leicht gewesen, aus dieser bizarren Story eine alberne Haudrauf-Komödie zu machen. Regisseurin Johnson geht aber mit dem komischem Potential sehr vorsichtig um. So wird der Film neben allem Humor, der nicht zu kurz kommt, auch eine durchaus ernstzunehmende satirische Studie über Größenwahn und Macht.
Ein Waffe als Geschenk
Hintergrund
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Die Rolle als fiktiver Präsident aus „House of Cards“ dürfte ihm aber sicher geholfen haben, auch wenn Nixon dessen glattes Gegenteil ist. Vieles ist dennoch überzeichnet; wie Frauen, die reihenweise in Schnappatmung verfallen, wenn Elvis vor ihnen steht. Vieles ist aber auch detailgenau, wie die Inneneinrichtungen, Anzüge oder Sonnenbrillen.
Pop und Politik – kein Widerspruch
Wenn der politische Technokrat schließlich auf einen immer noch unkonventionellen Charismatiker trifft, der sich nicht die Bohne um das Protokoll schert und erst einmal Nixons persönliche Schoko-Linsen aufisst, ist der absurde Gipfel eines Kampfes ungleicher Giganten erreicht; sie haben mehr gemeinsam, als es oberflächlich scheinen mag.
Beide haben den Kontakt zum wahren Leben verloren – und sind, jeder auf seinem Gebiet, mächtige Dinosaurier in einer sich radikal wandelnden Welt. Da erscheinen dieses Foto und die Geschichte dahinter nicht mehr ganz so absurd. Unterhaltsam ist sie auf jeden Fall.