Nur ein Schatten ihrer selbst: Maureen (Kristen Stewart) verbringt ihre Arbeitstage mit shopping in Luxus-Boutiquen. Als persönliche Einkäuferin sucht sie für den superstar Kyra (Nora von Waldstätten) stapelweise neue Kleider und Juwelen aus, die sie in deren Pariser Edel-Apartment bringt. Dabei sieht sie ihre Auftraggeberin nie; Kyra und Maureen kommunizieren nur über voice messages und emails miteinander.
Info
Personal Shopper
Regie: Olivier Assayas,
105 Min., Frankreich/ Deutschland 2016;
mit: Kristen Stewart, Lars Eidinger, Nora von Waldstätten
Abstraktes von Hilma af Klint
Um sich die Wartezeit zu verkürzen, klickt sich das Möchtegern-Medium auf smartphone und iPad durch diverse websites zum Thema Spiritismus. Etwa zur schwedischen Künstlerin Hilma af Klint (1861-1944), die Anfang des 20. Jahrhunderts abstrakte Bilder malte – im Auftrag höherer Mächte, wie sie dachte. Ein stets nach Neuem gierender Kunstbetrieb hat 2013 ihre outsider art wiederentdeckt; deren ästhetischer Reiz hält sich aber in Grenzen.
Offizieller Filmtrailer
Smartphone-gesteuerte Schnitzeljagd
Außerdem liest sich Maureen in die übersinnlichen Neigungen von Victor Hugo (1802-1885) ein. Der berühmte Romancier hielt jahrelang spiritistische Sitzungen ab; er glaubte, mit mehr als 100 großen Geistern der Vergangenheit in Verbindung zu stehen. Über Hugos Tischerücken und Gespenster-Gespräche wird man ausführlich im Schulfunk-Stil eines internet tutorial unterrichtet.
In der leeren Villa ihres toten Bruders muss sich Maureen allerdings mit dürftigen Signalen von Klein-Geistern wie Klopfzeichen und tropfenden Wasserhähnen begnügen. Denn auch das Jenseits ist inzwischen digitalisiert: Plötzlich erhält sie mysteriöse SMS – ihr Absender verblüfft mit intimem Detailwissen. Maureen lässt sich auf eine smartphone-gesteuerte Schnitzeljagd ein. Dahinter könnte aber auch Kyras Noch-Liebhaber Ingo (Lars Eidinger) stecken, der sich mit stalking amüsiert.
Dauergegrübel über Übersinnliches
Soweit das abstruse Personal dieses Films: eine orientierungslose Arbeitsameise der bling bling-Sphäre, eine abwesend allmächtige Ausbeuter-Chefin und eine dekadente dandy-Nebenfigur; die wird nur eingeführt, um aus dieser blutleeren Kunstwelt mit Gewalt herauszukommen. Dazu viel Geraune über allerlei Okkultes, das willkürlich kommt und geht.
Hintergrund
Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Die Wolken von Sils Maria" - vielschichtiges Schauspielerinnen-Drama mit Kristen Stewart + Juliette Binoche von Olivier Assayas
und hier ein Interview mit Regisseur Olivier Assayas über „Die Wolken von Sils Maria“
und hier einen Beitrag über den Film "Die wilde Zeit – Après mai" – brillante Kollektiv-Biographie der französischen Jugend in den frühen 1970er Jahren von Olivier Assayas
und hier einen kultiversum-Bericht über den Film "Carlos – Der Schakal" – Biopic über den linksradikalen Top-Terroristen der 1970er Jahre von Olivier Assayas.
Dämon Ideenlosigkeit
Ein einziges Mal gönnt der Regisseur sich und dem Zuschauer einen angeblichen Blick auf die andere Seite – und der gerät so bieder wie das Turmgespenst im Spukschloss. Das verwundert bei Assayas, der seine Filme meist schnörkellos im Diesseits verankert; mit „Carlos – Der Schakal“ (2010) und „Die wilde Zeit – Après mai“ (2012) hat er den rebellischen Geist der 1970er Jahre so konzise und kraftvoll im Kino heraufbeschworen wie kaum ein anderer.
Zwar ließ er Kristen Stewart schon am Ende von „Die Wolken von Sils Maria“ (2014) sich in Luft auflösen – aber das passte als rätselhafte Volte einer Gratwanderung zwischen den Welten. Diesmal stapft sie nur zusehends ermattet durch demoralisierenden Dauerfrust. Welcher Dämon mag wohl in Assayas gefahren sein; etwa der der Ideenlosigkeit? Vermutlich war es der gleiche, der beim Festival von Cannes die jury bewog, diesen Hui-Buh-Humbug mit dem Preis für die Beste Regie zu prämieren.