Was viele Hollywood-blockbuster so enttäuschend macht, ist ihre entsetzlich einfache Durchschaubarkeit. Wer sich einigermaßen mit den Produktionsbedingungen der Filmfabrik auskennt, sieht hinter jeder Einstellung ihr Getriebe rattern. Zielgruppen-Überlegungen, Altersfreigaben, der Zwang zum Spektakel und die Volten der Drehbuch-Mechanik überlagern und entstellen den eigentlichen Film.
Info
Ghost in the Shell
Regie: Rupert Sanders,
120 Min., USA 2017;
mit: Scarlett Johansson, Takeshi Kitano, Juliette Binoche, Pilou Asbæk
Fangemeinde protestiert
Nun hat sich Hollywood den Stoff einverleibt. Wie zu erwarten, löste der erste Trailer in der fan-Gemeinde des Originals erhebliche Widerstände aus; was in solchen Kreisen völlig normal ist und in der Regel das Einspielergebnis eher verbessert. Doch leider behalten selbst die kleinlichsten Kritiker bei der neuesten „Ghost in the Shell“-Version in allen Punkten recht.
Offizieller Filmtrailer
Profitdenken + Schlampigkeit
Angefangen beim offensichtlichsten Frevel, den solche Großproduktionen routinemäßig begehen: whitewashing, also die Besetzung von Rollen anderer Hautfarbe oder Herkunft mit weißen Schauspielern. Angesichts der ethnischen Unbestimmtheit der Hauptfiguren ist das fast nachvollziehbar; und die stars Scarlett Johansson und Pilou Asbæk spielen das ungleiche Duo Major und Batou auch ganz passabel.
Doch nachvollziehbar ist das Gegenteil von cool – und eine uncoole Vermengung von Profitdenken und Schlampigkeit durchzieht sich den gesamten Film wie ein Glasfaserkabel. Schon in der Eingangssequenz macht das Drehbuch der Dichotomie von analoger Seele und digitalem ghost den Garaus, obwohl sie für die story von manga und anime sehr wichtig ist. Stattdessen werden sie zu Synonymen füreinander erklärt, was die Akteure in ihren Dialogen ständig wiederholen.
Mix aus Powerfrau + Männerfantasie
Zudem wird den Hauptfiguren Batou und Major, die im Vorbild von 1995 bereits als fertige Persönlichkeiten auftauchen, unter dem Vorwand von Charakter-Entwicklung alles Mysteriöse genommen. Mit den üblichen lahmen Methoden, wie Rückblenden und an den Haaren herbeigezogenen Begegnungen mit ihrer eigenen Vergangenheit. Da der plot ja gleich zu Beginn des Films falsch abgebogen ist, musste auch ein völlig neues skript her.
Im Zentrum steht Major: eine cyborg-Polizistein mit menschlichem Gehirn und synthetischem Körper, die sich außerplanmäßig an ihre Vergangenheit erinnert: Sie ist, als Mischung aus Powerfrau und Männerfantasie, das letzte in einer langen Reihe gelungener Experimente. Mitleid mit ihren Vorgängern bringt sie dazu, sich gegen ihre Schöpfer zu stellen – aber dann auch wieder nicht.
Bitte nicht ans Vorbild erinnern
Leider gehört Kohärenz nicht zu den Stärken des Films. Wichtige Figuren, wie etwa der „Puppetmaster“, wurden gestrichen oder bis zur Unkenntlichkeit verändert. Andere überflüssige Akteure sind dazu gekommen. Das ergibt ein Sammelsurium von erzählerischen Klischees, nur zusammengehalten durch den look.
Hintergrund
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Hauptsache höhere Auflösung
Regisseur Oshii verknüpfte infernalische action-Sequenzen mit einem nachdenklichen, stillen plot, in dem jedes Element seine Bedeutung hatte, und in dem auch mal ausgiebig geschwiegen wurde. Sein Werk ist ein konzentrierter, im besten Sinne „reiner“ Film. Im Bestreben, alles mit Erklärungen zu versehen und den Bedarf an futuristischen Schauwerten zu erfüllen, vermischt Regie-Nachfolger Sanders all diese Zeichen und Bilder ohne Rücksicht auf Verluste oder Bedeutungsebenen.
Etwas „Blade Runner“ hier, etwas „Star Wars“ da – am Ende geht es ihm nur darum, die markantesten Bilder der manga/anime-Vorlage mit hundertfach höherer Auflösung zu re-inszenieren. Alles, was drum herum einen richtigen Film ausmacht, wurde weggelassen, angepasst, zurechtgebogen, missverstanden, ignoriert oder verschlimmbessert. „Ghost in the Shell“ (2017) hat keine Seele. Diese Version ist eine schicke, leere Hülle.