Matthew McConaughey

Gold – Gier hat eine neue Farbe

Kenny Wells (Matthew McConaughey, li.) und sein Partner Michael Acosta (Edgar Ramírez) sind von Rückschlägen deprimiert. Foto: Studiocanal
(Kinostart: 13.4.) Die alte Fabel von Aufstieg und Fall: Zwei Glücksritter werden mit vermeintlichem Gold aus Indonesien steinreich – bis die Blase platzt. Matthew McConaughey spielt seinen Hochstapler phänomenal, doch Regisseur Stephen Gaghan inszeniert konventionell.

Die Geschichte ist uralt – in ihrer US-Variante mindestens 169 Jahre. Ab 1848 lockten Goldfunde in Kalifornien in wenigen Jahren Hunderttausende von Glückssuchern dorthin; die wenigsten wurden reich. Doch die Goldrausch-Episode zählt zu den Gründungsmythen der Vereinigten Staaten; daher lautet Kaliforniens offizieller Beiname „Golden State“.

 

Info

 

Gold –
Gier hat eine neue Farbe

 

Regie: Stephen Gaghan,

120 Min., USA 2016;

mit: Matthew McConaughey, Edgar Ramírez, Bryce Dallas Howard

 

Engl. Website zum Film

 

Eine zeitgenössische Version schildert Regisseur Stephen Ganagh. „Gold“ verlegt den coup eines kanadischen Bergbau-Unternehmens, das in den 1990er Jahren viele Anleger betrog, in die USA 1988. Kenny Wells (Matthew McConaughey) raucht Kette, trinkt zuviel und hat in Reno, Nevada, seine vom Vater geerbte Firma „Washoe Mining“ gründlich heruntergewirtschaftet. Außer seiner Freundin Kay (Bryce Dallas Howard) haben sich alle von ihm abgewandt; von seinen dubiosen Geschäftsideen will niemand etwas wissen.

 

Für Flugticket Schmuck verpfänden

 

Im Whisky-Rausch träumt Kenny von Goldschätzen in Indonesien – und setzt alles auf eine Karte. Er versetzt Kays Schmuck, fliegt nach Jakarta und trifft sich mit dem freelance-Geologen Mike Acosta (Edgar Ramírez); der hat vor Jahren ein großes Kupfer-Vorkommen aufgespürt. Kenny überredet Mike zur gemeinsamen Goldsuche im Dschungel; er treibt in den Staaten rund 200.000 US-Dollar Startkapital auf, während sich Mike vor Ort um Ausrüstung und Logistik kümmert.

Offizieller Filmtrailer


 

Lockruf des Geldes verdirbt Film

 

Die ersten Probebohrungen im Regenwald von Borneo verlaufen desaströs. Das Gestein ist wertlos, das Geld wird knapp, unbezahlte Arbeiter lassen ihre Bosse im Tropenregen stehen, und Kenny erkrankt schwer an Malaria. Zurück in den USA, erhält er einen Anruf von Mike: Eine Gesteinsprobe deute auf eine ergiebige Goldmine hin.

 

Knapp eine Stunde lang ist „Gold“ ein ansehnliches Abenteuer-Epos: mit etwas altmodischem Thema und Figuren, aber temporeich und streckenweise spannend. Doch der Lockruf des großen Geldes bekommt dem Film schlecht: Fortan sieht man Kenny meist in sterilen banker-Büros, wie er mit exaltierten Gesten den kommenden Goldregen beschwört – und irgendwelche Anzugträger mit Millionen-Beträgen einsteigen wollen.

 

Simpler plot + biederes Personal

 

Für eine erhellende Analyse von Finanzmarkt-Mechanismen, wie sie „The Big Short“ (2015) vorführte, ist der plot von „Gold“ zu simpel – und sein Personal zu bieder für eine lustvoll ausgemalte Groteske der Dekadenz wie etwa in „The Wolf of Wall Street“ (2013). Damit außer boomenden Börsenkursen noch etwas passiert, lässt ein böser Konkurrent seine Beziehungen spielen; so verliert das Glücksritter-Duo seine Schürflizenz.

 

Woraufhin beide einen Sohn des Ex-Diktators Suharto um den Finger wickeln – und flugs wieder im Geschäft sind. Spätestens jetzt wird der Umgang mit dem asiatischen Schauplatz geradezu ärgerlich. Schon zuvor tauchte Indonesien nur als Potpourri aus hauptstädtischen Hotel-Lobbys, ein paar Postkarten-Ansichten der grünen Hölle und Bildern von armen Teufeln an Bohrgestängen auf.

 

Vom „Traffic“- + „Syriana“-Schöpfer

 

Der damalige Staatschef Suharto, der von 1967 bis 1998 herrschte, war ein durchaus korrupter Kleptokrat – doch seine „Neue Ordnung“ gewiss kein Marionetten-regime, dass sich von westlichen Hochstaplern austricksen ließ. Was der Film aber suggerieren muss, um seine Handlung eilends zu Ende erzählen zu können; bis zum unvermeidlichen Absturz.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Dallas Buyers Club"  – hervorragendes HIV-Drama von Jean-Marc Vallée mit Matthew McConaughey, prämiert mit Oscar 2014 als bester Hauptdarsteller

 

und hier eine Besprechung des Films "The Wolf of Wall Street" – grandiose Börsen-Groteske von Martin Scorsese mit Leonardo DiCaprio + Matthew McConaughey

 

und hier einen Beitrag über den Film "The Big Short" – bestechende Analyse der Finanzkrise 2007/8 von Adam McKay mit Brad Pitt

 

und hier einen Beitrag über den Film "Gold"  – Spät-Western über Goldsucher von Thomas Arslan mit Nina Hoss.

 

Solch konventionell lineare Inszenierung verwundert bei diesem Regisseur: Stephen Gaghan bekam 2001 einen Oscar für sein Drehbuch zum Drogen-thriller „Traffic – Macht des Kartells“ unter der Regie von Steven Soderbergh. 2005 drehte Gaghan den verschachtelten Politkrimi „Syriana“ über die Verflechtungen von Öl-Interessen und Terror in Nahost; dessen Drehbuch war gleichfalls Oscar-nominiert. Beide Filme zählen zu den komplexesten, die je in Hollywood entstanden sind. Seither trat Gaghan dort kaum noch in Erscheinung.

 

Aasiger Zocker-Typ mit 20-Kilo-Wanst

 

Hat er in elf Jahren sein Handwerk verlernt, oder lag es an schwierigen Drehbedingungen? Das team hatte in Borneo mit sintflutartigen Überschwemmungen zu kämpfen. Jedenfalls überlässt der Regisseur die Leinwand ganz seinem Hauptdarsteller, der seine one man show wonnevoll auskostet.

 

Dafür legt sich Matthew McConaughey mächtig ins Zeug: mit Haarkranz und Halbglatze, 20-Kilo-Wanst und Zähnen, die kaum besser sind als bei Borneo-Bewohnern. Er säuft und pafft, grinst und grimassiert, chargiert und wütet ohne Unterlass – ein aasiger Zocker-Typ, der unbeirrbar seiner Illusion vom Hauptgewinn nachläuft und damit auch noch durchkommt.

 

Durchhalteparolen zu Pioniergeist

 

Was McConaughey aus diesem Haudegen an Schmierenkomödie herausholt, ist beeindruckend. Doch auf Dauer wirkt das ebenso ermüdend wie seine Durchhalteparolen vom „Lebe Deinen Traum!“-Pioniergeist. So erweist sich der deutsche Untertitel „Gier hat eine neue Farbe“ als genauso großspurig wie die beiden Hauptfiguren: Diese Farbe ist seit der Bronzezeit dieselbe, wie die alte Fabel von Aufstieg und Fall.