Einen geliebten Menschen zu verlieren, ist immer schwierig – vor allem für ein Kind. Von der furchtbaren Erfahrung, der eigenen Mutter beim Sterben zuzusehen, handelt Patrick Ness` Jugendroman „Sieben Minuten nach Mitternacht“ (2011), dessen Ko-Autorin Siobhan Dowd selbst einem Krebsleiden erlag. Das Jugendbuch wurde in vielen Ländern ein bestseller und begeisterte zahllose Erwachsene – wie den spanischen Regisseur Juan Antonio Bayona. Er hat den Roman kongenial verfilmt.
Info
Sieben Minuten nach Mitternacht
Regie: Juan Antonio Bayona,
108 Min., Großbritannien/ Spanien/ USA 2016;
mit: Lewis MacDougall, Felicity Jones, Sigourney Weaver
Albträume und Monster
Oft plagen ihn Albträume. Eines Nachts, genau sieben Minuten nach Mitternacht, verwandelt sich der uralte Baum vor seinem Fenster in ein riesiges, sprechendes Monster (Stimme: Liam Neeson). Es besucht Conor jede Nacht, erzählt ihm Geschichten und zwingt ihn, eine grausame Wahrheit zu akzeptieren: Dem Tod entkommt niemand.
Offizieller Filmtrailer
Horror mit großen Gefühlen
Bayonas frühere Spielfilme, der fantasy-Film „Das Waisenhaus“ (2007) und „The Impossible“ (2012) über eine tsunami-Katastrophe hielten bereits die balance zwischen Horror und großen Gefühlen, ohne in Kitsch abzugleiten. Diesmal nimmt der Regisseur das Publikum mit auf eine emotionale Reise im doppelten Sinne: durch die Fantasie des Jungen, die sich zunehmend mit der Wirklichkeit überschneidet.
Im realen Leben muss der Junge den körperlichen Verfall seiner Mutter mit ansehen. Dabei klammert er sich an schöne Momente der Normalität mit ihr; etwa wenn sie sich zusammen den Filmklassiker „King Kong und die weiße Frau“ von 1933 ansehen. Geschickt wird hier die visuelle Fährte gelegt, die Conors Vorstellungskraft anregt: Später trägt ihn das Baum-Monster in seinen Astpranken tragen, und er steht dem Riesen von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
Angst und Porzellan
Hintergrund
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und hier einen Bericht über den Film „Hugo Cabret“ – zauberhafte Kinderbuch-Verfilmung von Martin Scorsese
und hier einen Bericht über den Film “Moonrise Kingdom” – skurriles Kino-Märchen über erste Kinder-Liebe von Wes Anderson.
Das Monster wird ihm zum väterlichen Freund. Im Gespräch mit ihm lässt Conor seiner Wut auf die Ungerechtigkeit des Schicksals freien Lauf. Darauf antwortet der Baum mit gleichnishaften Geschichten – wunderbar animiert durch Aquarelle, die den Original-Illustrationen im Buch nachempfunden sind. Sie helfen ihm anzuerkennen, dass Gut und Böse manchmal nah beieinander liegen, und dass der Glaube nicht immer Berge versetzen kann.
Virtuose Ebenen-Verknüpfung
Die Szenen mit Conors Familien-Mitgliedern überzeugen durch hervorragende Darsteller; sie agieren zurückgenommen und ohne falsches Pathos. So beeindruckt bei diesem Film insbesondere die virtuose Verknüpfung von Imagination und Realität: „Sieben Minuten nach Mitternacht“ berührt den Zuschauer auf sehr unmittelbare Weise und nimmt ihn emotional mit – ein selten starkes Kinoerlebnis.