Live fast, die young: Dieser Jugendkultur-Mythos ist unverwüstlich. Eine aktuelle Version servierte Helene Hegemann in ihrem Romandebüt von 2010. „Axolotl Roadkill“ enthielt alle standards: jede Menge sex & drugs & rock ’n‘ roll, wobei zeitgemäße techno beats durch wilde club raves hämmerten. Dazu Kater, Katzenjammer und nägelkauende Nabelschau bei der haltlos durch ihren Alltag taumelnden teenager-Hauptfigur Mifti, dem kaum kaschierten alter ego der damals 18-jährigen Autorin.
Info
Axolotl Overkill
Regie: Helene Hegemann,
93 Min., Deutschland 2017;
mit: Jasna Fritzi Bauer, Arly Jover, Mavie Hörbiger
Von Berghain-blogger abgekupfert
Mitten im lautesten Kritiker-Jubel wurde klar: Hegemann hatte abgekupfert. Lange Passagen über sex- und drogengeschwängerte Nächte im „Berghain“-club waren wörtlich aus internet-Texten des bloggers Airen übernommen; auch bei anderen Kollegen hatte sich die Autorin ausgiebig bedient. War ihre coming of age-story eher eine copy & paste-Orgie und ihr angeblich exzessiver Lebenswandel angelesen? Sie rechtfertigte sich mit wortreichen Erklärungen über die Unbestimmbarkeit des schreibenden Subjekts im Zeitalter von open source – doch der Plagiats-Verdacht blieb.
Offizieller Filmtrailer
Zwischen Preis-Gala + Heroin-Dröhnung
Vor zwei Jahren drehte Hegemann ihren ersten Spielfilm; nun kommt er endlich ins Kino. Nicht als Roman-Verfilmung, beteuert die Nachwuchs-Regisseurin; deshalb heißt er „Axolotl Overkill“. Doch die Parallelen sind offensichtlich: Die Hauptfigur Mifti (Jasna Fritzi Bauer) haust als frühreife und altkluge 16-Jährige mit Schwester und Bruder in einer chaotischen teenie-WG. Ihr Vater lebt mit seiner Geliebten im minimalistischen design-Betonklotz. Wenn seine Tochter ihn besucht, bombardiert er sie mit Bildungsbürger-Sottisen; sonst kümmert er sich kaum um Mifti.
Hintergrund
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und hier einen Bericht über den Film "Lollipop Monster" - originell bebildertes Coming-of-Age-Drama über eine Mädchen-Freundschaft mit nymphomaner Lolita von Ziska Riemann + Luci van Org.
Altbackene freak show
Sie habe das Innenleben ihrer Romanheldin nach außen kehren und in Handlung umsetzen wollen, erzählt Hegemann. Wenn es denn eine gäbe: In diesem beliebigen Episoden-Reigen wird nie plausibel, warum etwas passiert oder jemand plötzlich auftaucht und irgendwelche Satzbrocken ausspuckt. Mifti trudelt missmutig und orientierungslos durchs nächtliche Berlin; die Kamera trudelt mit und lichtet Belangloses ab. Da ist jeder dreiminütige music video clip fesselnder.
Den formlos ausfransenden Bildersalat hält allenfalls der Narzissmus seiner Macherin zusammen. Sie kann sich an ihrer alter ego-Hauptdarstellerin nicht satt sehen: Das Objektiv fängt Jasna Fritzi Bauer aus tausend Blickwinkeln ein, verharrt gefühlte Ewigkeiten auf ihrem Antlitz und registriert jede Zuckung. Selten hat eine Regisseurin ihre grenzenlose Selbstverliebtheit so offensiv ausgestellt wie Hegemann. Als Ausgleich dafür, dass sie nichts zu sagen hat: Diese freak show aus dauerkoksenden und -plappernden Kaputtniks, die sie über die Leinwand scheucht, passt zu keiner Jugendkultur – sie wirkt ungeheuer altbacken.