Luc Besson

Valerian – Die Stadt der tausend Planeten

Krieg auf dem Heimatplaneten der Pearls. Foto: Universum Film
(Kinostart: 20.7.) Die Zukunft ist bunt – und schrill: In Luc Bessons zitatenreicher Comic-Verfilmung kämpfen zwei junge Spezialagenten im 28. Jahrhundert um das Überleben ihrer artenreichen Zivilisationen – ein visuell intensives Science-Fiction-Spektakel.

Im europäischen Kino gibt es einen sympathischen Größenwahn. Dazu gehört eindeutig, US-Amerikaner auf den Gebieten science fiction und action herauszufordern. Schließlich handelt es sich dabei um genres, in denen es nicht ausschließlich auf die Imaginationskraft ankommt, sondern auch auf das budget: Sieht ein Film zu billig aus, kauft einem das heute niemand mehr ab. Der französische Regisseur und Produzent Luc Besson gehört zu jenen europäischen Filmemachern, die diese Herausforderung nie gescheut haben.

 

Info

 

Valerian - Die Stadt der tausend Planeten (3D)

 

Regie: Luc Besson,

137 Min., Frankreich/ USA 2017;

mit: Dane DeHaan, Cara Delevingne, Clive Owen, Ethan Hawke

 

Website zum Film

 

Er drehte erfolgreiche SciFi-Filme wie „Das fünfte Element“ (1997) und „Lucy“ (2014), stand als Autor und Produzent hinter action-Reihen wie „Transporter“ und „96 Hours“ und tummelte sich mit „Arthur und die Minimoys“ sogar im Bereich der Computeranimation. Bessons Filme sind stets international: Mit großen Stars und multinationaler Besetzung zielen sie auf jeden erreichbaren Markt. Hinzu kommt, dass der Regisseur eine Tendenz zur Maßlosigkeit hat. Sobald es das budget hergibt, gönnt er sich gerne eine große Portion von Allem mit extra viel Schlagsahne. Sympathischer Größenwahn eben.

 

Hohes persönliches Risiko

 

„Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“, Bessons Verfilmung eines comic von Pierre Christin und Jean-Claude Mézières von 1967, hat dieses budget. Mit rund 180 Millionen US-Dollar bewegt er sich im Bereich aktueller amerikanischer blockbustercomic-Adaptionen. Die hatten sich in den letzten Monaten oft als finanzielles Risiko erwiesen, weil selbst viele Millionen Zuschauer keine Garantie mehr für hohe Gewinne sind. Für den Filmemacher, der mit seinem Unternehmen „EuropaCorp.“ selbst an der Produktion beteiligt ist, ist das Projekt also auch ein persönliches Risiko.

Offizieller Filmtrailer


Buntes Action-Spektakel

 

Und der Film selbst? Ist wie zu erwarten vor allem ein buntes Spektakel. Als Mischung aus visuell teilweise beeindruckender high tech science fiction mit wilden Verfolgungsjagden und lustigem retro-Charme. Etwa, wenn die Hauptfiguren plötzlich in psychedelisch angehauchten, klar als Pappe und Plastik erkennbaren Kulissen stehen und wie Zeitreisende aus „Barbarella“ (1967) wirken, einer anderen berühmten französischen comic-Verfilmung. Oder wenn der Film mit der Aufnahme einer Raumkapsel endet, die den US-amerikanischen Apollo-Missionen der 1960/70er Jahre nachempfunden ist.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier ein Interview mit Luc Besson über "Valerian - Die Stadt der tausend Planeten"

 

und hier eine Rezension des Films "Arrival" – faszinierend intelligenter SciFi-Psychothriller über Kommunikation mit Außerirdischen von Denis Villeneuve

 

und hier eine Besprechung des Films "The Whispering Star" – wunderbar elegisches SciFi-Kammerspiel über einen interstellaren Paketdienst von Sion Sono

 

und hier einen Beitrag über die Ausstellung "Things to Come - Science-Fiction-Film" – schöner Genre-Überblick im Museum für Film und Fernsehen, Berlin

 

und hier einen Bericht über den Film "The Lady - Ein geteiltes Herz" – Biopic über die Friedens-Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi in Myanmar von Luc Besson.

 

Luc Besson hatte noch nie ein Problem damit, seine Filme als Konglomerat aus modifizierten Ideen anderer Autoren und Filme zu begreifen. Bereits „Das fünfte Element“, in dem er Milla Jovovich als Pippi Langstrumpf from outer space und Bruce Willis als kampferprobten Taxiflieger aus New York den Angriff eines bösen Killerplaneten abwehren ließ, rief unverhohlen Erinnerungen an Filme wie „Blade Runner“, „Total Recall“ oder „Species“ wach. „Valerian“ bezieht sich deutlich auf James Camerons „Avatar“: Diesem Film könnten jene lang- und feingliedrigen Außerirdischen mit bläulich schimmernder Haut, die in der Handlung eine wichtige Rolle spielen, problemlos entstammen.

Planetare + zwischenmenschliche Schlachtfelder

 

Die Handlung ist angesichts mangelnder erzählerischer Stringenz und unzähliger Episoden, welche die Protagonisten an andere Schauplätze auf immer neuen Planeten versetzt, nur schwer auszumachen: Die bläulichen aliens, die ohne eigenes Verschulden ihren hübschen Paradies-Planeten in einer militärischen Katastrophe verloren haben, möchten ihre Zivilisation wieder auferstehen lassen, was jener Militär (Clive Owen), der für ihren Untergang verantwortlich war, unbedingt verhindern will. Mittendrin: die beiden Agenten Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne), die auf der zwischenmenschlichen Ebene ein weiteres kleines Schlachtfeld eröffnen.

 

Hier liegt vermutlich die deutlichste Unwucht des Films: Dem britischen Ex-Model Delevingne nimmt man die geradlinige, toughe und supercoole Agentin sofort ab. Was sie allerdings an dem von DeHaan verkörperten Titelhelden finden soll, der mit Tränensäcken, wässrigen Augen und undeutlicher Aussprache alles andere als dynamisch wirkt, bleibt völlig unklar.

 

Freude am Größenwahn

 

Doch bei Besson darf man sich von solchen Details nicht stören lassen: Was andere Filme vor inneren Widersprüchen kollabieren ließe, ist in seinem schrillen und temporeichen Spektakel, das dauernd amüsante Einfälle aufweist, nur eine Nebensache. Der französische Regisseur denkt groß, und daran kann man durchaus seine Freude haben.