Die big caper-Filme („großes Ding“) etablierten sich als subgenre des Gangsterfilms in der ersten Hälfte der 1950er Jahre. Längst hatte das Gangsterleben den glamour verloren, den die frühen Tonfilme noch beschworen hatten. Sie waren keine Fantasien vom rücksichtslosen Aufstieg, sondern vom Ausstieg aus dem Milieu. Ein letzter großer coup sollte den Protagonisten das verpfuschte Leben richten: Man wollte raus aus der großen Stadt, um ein solides Dasein auf dem Land zu führen. Doch in Filmen wie „The Asphalt Jungle“ (1950) von John Huston und „The Killing“ (1956) von Stanley Kubrick scheiterten die Träume stets. Verbrechen durfte sich auf der Leinwand nicht bezahlt machen.
Info
Logan Lucky
Regie: Steven Soderbergh,
118 Min., USA 2016;
mit: Channing Tatum, Adam Driver, Daniel Craig
White Trash statt bunte Casinos
In „Logan Lucky“ wartet man jedoch vergeblich auf glitzernde Casinos oder ein Stelldichein der größten Leinwandstars der Gegenwart. Im Bergarbeiterort Charlotte, North Carolina, ist alles mindestens zwei Nummern kleiner: Die Typen, die hier die Tageseinnahmen einer Autorennstrecke aus deren Rohrpostsystem stehlen wollen, kommen nicht als gangster daher, sondern als poor white trash, wie US-Amerikaner ihre Unterschicht uncharmant nennen. Vor allem die Nebenfiguren überzeichnet Soderbergh so stark, als seien statt Superhirnen nur Super-Hirnis am Werk. Reibungslos läuft hier gar nichts – und immer wieder tauchen neue absurde Probleme auf.
Offizieller Filmtrailer
Dem genre treu
Dabei nimmt Soderbergh das genre durchaus ernst: Die handelnden Personen und ihre Funktion bei der Verwirklichung des Raubzugs werden ausführlich vorgestellt; ihre Motivation, ihre „handwerklichen“ Stärken und ihre charakterlichen Schwächen erörtert. Treibende Kraft hinter dem kriminellen Schaffen ist Jimmy Logan (Channing Tatum), der seine Karriere als Sportler mit einem kaputten Knie beenden musste und wegen dieses handicap nun auch noch seinen Job als Minenarbeiter verliert.
Hintergrund
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Kaleidoskop der US-Provinz
Dass Joe für den großen coup mit einem kniffligen Ablenkungsmanöver erst einmal unbemerkt aus dem Gefängnis geschmuggelt werden muss – und hinterher ebenso unbemerkt wieder hinein – ist in Sachen Planung und Durchführung praktisch ebenso aufwändig wie der eigentliche Raub. Vorgetragen wird das alles mit einem staubtrockenen Humor, der zur regungslosen Miene von Adam Driver passt, die man schon aus dem Film „Paterson“ kennt.
Jenseits von gags, zu denen auch ein Streit des Gefängnisdirektors mit den Insassen um die TV-Serie „Games of Thrones“ zählt, bietet „Logan Lucky“ ein recht genaues Bild der US-Provinz: Minenschließungen und Arbeitslosigkeit, kaputte Familien und Gesangswettbewerbe für Kinder, country music und Leute, die immer noch t-shirts mit dem Namenszug von 1970er-Südstaaten-Rockern wie Charlie Daniels tragen. Auch wenn die Zeit in Charlotte still zu stehen scheint: So blöd, wie die Hinterwäldler manchmal wirken, sind sie natürlich doch nicht.