Steven Soderbergh

Logan Lucky

Die Bangs (v.l.n.r.): Fish Bang (Jack Quaid), Sam Bang (Brian Gleeson) und Joe Bang (Daniel Craig). Foto: Studiocanal Filmverleih
(Kinostart: 14.9.) Kleine Leute, großer Coup: In der Gangster-Komödie des ″Oceans Eleven‶-Regisseurs Steven Soderbergh planen drei Geschwister aus der Unterschicht einen kniffligen Raubüberfall – samt skurrilen Einblicken in die US-Südstaaten-Provinz.

Die big caper-Filme („großes Ding“) etablierten sich als subgenre des Gangsterfilms in der ersten Hälfte der 1950er Jahre. Längst hatte das Gangsterleben den glamour verloren, den die frühen Tonfilme noch beschworen hatten. Sie waren keine Fantasien vom rücksichtslosen Aufstieg, sondern vom Ausstieg aus dem Milieu. Ein letzter großer coup sollte den Protagonisten das verpfuschte Leben richten: Man wollte raus aus der großen Stadt, um ein solides Dasein auf dem Land zu führen. Doch in Filmen wie „The Asphalt Jungle“ (1950) von John Huston und „The Killing“ (1956) von Stanley Kubrick scheiterten die Träume stets. Verbrechen durfte sich auf der Leinwand nicht bezahlt machen.

 

Info

 

Logan Lucky

 

Regie: Steven Soderbergh,

118 Min., USA 2016;

mit: Channing Tatum, Adam Driver, Daniel Craig

 

Weitere Informationen

 

Die 1960er Jahre überführten die big caper-Filme schließlich mit Augenzwinkern und weniger bitteren Untertönen in die elegante Kriminalkomödie, die es bis heute gibt. Was uns zum US-Regisseur Steven Soderbergh führt, der seinen selbst gewählten Rückzug aus dem Kinogeschäft vorerst beendet hat. Sein comeback ist eine amüsante Variation des subgenres. Sie ähnelt seinem größten Publikumserfolg „Ocean’s Eleven“ (2001), der seinerseits das remake einer Komödie aus den 1960er Jahren war.

 

White Trash statt bunte Casinos

 

In „Logan Lucky“ wartet man jedoch vergeblich auf glitzernde Casinos oder ein Stelldichein der größten Leinwandstars der Gegenwart. Im Bergarbeiterort Charlotte, North Carolina, ist alles mindestens zwei Nummern kleiner: Die Typen, die hier die Tageseinnahmen einer Autorennstrecke aus deren Rohrpostsystem stehlen wollen, kommen nicht als gangster daher, sondern als poor white trash, wie US-Amerikaner ihre Unterschicht uncharmant nennen. Vor allem die Nebenfiguren überzeichnet Soderbergh so stark, als seien statt Superhirnen nur Super-Hirnis am Werk. Reibungslos läuft hier gar nichts – und immer wieder tauchen neue absurde Probleme auf.

Offizieller Filmtrailer


 

Dem genre treu

 

Dabei nimmt Soderbergh das genre durchaus ernst: Die handelnden Personen und ihre Funktion bei der Verwirklichung des Raubzugs werden ausführlich vorgestellt; ihre Motivation, ihre „handwerklichen“ Stärken und ihre charakterlichen Schwächen erörtert. Treibende Kraft hinter dem kriminellen Schaffen ist Jimmy Logan (Channing Tatum), der seine Karriere als Sportler mit einem kaputten Knie beenden musste und wegen dieses handicap nun auch noch seinen Job als Minenarbeiter verliert.

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll" - brillantes Biopic des US-Entertainers von Steven Soderbergh mit Michael Douglas

 

und hier eine Besprechung des Films "Side Effects" - spannender Psychopharmaka-Thriller mit Channing Tatum von Steven Soderbergh

 

und hier einen Bericht über den Film "Abgang mit Stil - Going in Style" - feinsinnige Gauner-Komödie von Zach Braff

 

und hier einen Beitrag über den Film "Criminal Activities" - raffinierte Gangster-Komödie von Jackie Earle Haley

 

Mit von der Partie sind seine Schwester Mellie (Riley Keough) und sein jüngerer Bruder Clyde (Adam Driver), der im Irakkrieg einen Arm verloren hat und nun als barkeeper arbeitet. Clyde glaubt, dass auf der Logan-Familie ein Fluch liege, doch seine Geschwister sind weniger abergläubisch. Das Team vervollständigen zwei ausgesprochene hillbillies („Hinterwäldler“) und ihr älterer Bruder Joe: ein Safe-Knacker, dem der blondierte Bond-Darsteller Daniel Craig mit viel verve Kontur und Witz verleiht.

 

Kaleidoskop der US-Provinz

 

Dass Joe für den großen coup mit einem kniffligen Ablenkungsmanöver erst einmal unbemerkt aus dem Gefängnis geschmuggelt werden muss – und hinterher ebenso unbemerkt wieder hinein – ist in Sachen Planung und Durchführung praktisch ebenso aufwändig wie der eigentliche Raub. Vorgetragen wird das alles mit einem staubtrockenen Humor, der zur regungslosen Miene von Adam Driver passt, die man schon aus dem Film „Paterson“ kennt.

 

Jenseits von gags, zu denen auch ein Streit des Gefängnisdirektors mit den Insassen um die TV-Serie „Games of Thrones“ zählt, bietet „Logan Lucky“ ein recht genaues Bild der US-Provinz: Minenschließungen und Arbeitslosigkeit, kaputte Familien und Gesangswettbewerbe für Kinder, country music und Leute, die immer noch t-shirts mit dem Namenszug von 1970er-Südstaaten-Rockern wie Charlie Daniels tragen. Auch wenn die Zeit in Charlotte still zu stehen scheint: So blöd, wie die Hinterwäldler manchmal wirken, sind sie natürlich doch nicht.