Ilker Çatak

Es war einmal Indianerland

Der Indianer (Robert Alan Packard) verabschiedet sich. Foto: © Camino Filmverleih
(Kinostart: 19.10.) Jung sein ist schön, aber schmerzhaft: In der Roman-Verfilmung von Ilker Çatak erlebt ein 17-jähriger Boxer den Sommer seines Lebens. Doch neben der Liebe lernt auch die Härten des Lebens kennen - unkonventionelles Coming-Of-Age-Drama.

Eigentlich will sich der 17-jährige, ambitionierte Boxer Mauser (Leonard Schleicher) nur auf seinen bald anstehenden Kampf konzentrieren. Doch statt endlich seinen neuen Punchingball an die Decke zu dübeln und zu trainieren, kommt ihm ständig etwas dazwischen: Zuerst lernt er auf einer Party in einem Schwimmbad die verführerische Jackie (Emilia Schüle) kennen und verliebt sich Hals über Kopf in sie. Der erste Sex steht an. Wenig später gerät er ernsthaft mit seinem Kumpel Kondor (Joel Basman) aneinander; überdies macht ihm die seltsame Edda (Johanna Polley) aus der Videothek eindeutige Avancen.  

 

Info

 

Es war einmal Indianerland

 

Regie: Ilker Catak,

97 Min., Deutschland 2016;

mit: Leonard Scheicher, Emilia Schüle, Clemens Schick

 

Website zum Film

 

Als wäre das nicht Ablenkung genug, bekommt Mauser bald ein handfestes Problem. Sein abgebrühter Vater Zöllner (Clemens Schick) ist auf der Flucht, nachdem er Mausers Stiefmutter Laura (Katharina Behrens) im Streit erschlagen hat.

Ein Indianer, der nicht spricht

 

Zudem kreuzt ständig ein alter Indianer den Weg des Jugendlichen. Eine seltsame Erscheinung, die nie spricht und immer wieder verschwindet. Sie steht eindeutig auf der Seite des jungen Helden. Mit Eddas Hilfe gelangt Mauser schließlich auf das legendäre „Powwow“-Festival. Dort hofft Mauser, endlich seinen Vater zu finden – hoffentlich vor der Polizei.

Offizieller Filmtrailer


 

Beton-Dschungel voller Abenteuer

 

„Es war einmal Indianerland“ spielt in einem namenlosen, abgerockten Plattenbauviertel am Rande einer deutschen Großstadt. Der Film setzt keineswegs auf realistisch anmutende Sozialtristesse, sondern inszeniert diesen Ort als Beton-Dschungel voller Abenteuer und Gefahren. Hauptsächlich geht es dem 33-jährigen Regisseur Ilker Çatak um die Bebilderung der Gefühlslage seiner Protagonisten. Sie durchleben alle Dramen des Heranwachsens zum ersten Mal und befinden sich dauernd im emotionalen Ausnahmezustand. Die eigentliche Handlung wird fast zur Nebensache.

 

Ilker Çataks Debüt nach dem Jugendbuch von Nils Mohl, der auch am Drehbuch mitschrieb, ist ein überdrehter, fast comicartiger Trip im Stil eines Musikvideos. Schnelle, harte Schnitte, häufige Brennweitenwechsel sowie knallige Farben und ein cooler Soundtrack sorgen für ein hohes Tempo. 

 

Skurrile Figuren

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Tiger Girl" - improvisierte Coming-Of-Age-Story von Jakob Lass

 

und hier einen Bericht über den Film „Love Steaks“ – rasant realistischer Film über Amour-Fou-Jugendliebe von Jakob Lass

 

und hier einen Bericht über den Film "Liebe Mich!" – charmantes Low-Budget-Beziehungsdrama unter Twentysomethings von Philipp Eichholtz.

 

Das erinnert sowohl an „Trainspotting“ als auch an die Filme Wes Andersons. Vor allem beim Panoptikum skurriler Nebenfiguren; etwa zwei mexikanischen Müllsammlern, die Deutschland auf dem absteigenden Ast sehen. In zwei Kurzauftritten glänzt Bjarne Mädel als grantelnder Taxifahrer und Tankwart.

 

Neben ihnen verblasst der Hauptdarsteller Leonard Schleicher, dessen Figur Mauser ständig seine Gefühlslage kommentiert. Emilia Schüle gibt als Jackie mal wieder die rehäugige Verführerin und Joel Basman als Kondor den kaputten Typen. Eine echte Entdeckung ist Johanna Polley als so unkonventionelle wie schlagfertige Edda, die sich mutig zu ihren Gefühlen bekennt. Ihr mitunter seltsam anmutendes Outfit trägt sie mit viel lässiger Würde.

Lust am Erzählen

 

So wird „Es war einmal Indianerland“ zur klassischen coming of age-Geschichte. Von vielen anderen Filmen dieses Genres hebt sich der Film durch seine äußerst kurzweilige Machart ab: Die überbordende Lust am Erzählen ist kaum zu bändigen.