James Franco

The Disaster Artist

Der berüchtigte Hollywood-Außenseiters Tommy Wiseau (James Franco) umgibt sich gerne mit schönen Frauen. Foto: Warner Bros. Pictures Germany
(Kinostart: 1.2.) Je schlechter, desto besser: Der Film "The Room" von Tommy Wiseau ist ein miserables Machwerk, wird aber von Trashfilm-Fans geliebt. Nun hat Schauspieler James Franco dazu das Making Of gedreht – es gerät kaum besser als das Original.

Dieser Film verknüpft zwei Phänomene, die füreinander bestimmt scheinen: die Faszination für Regisseure von Trash-Filmen wie Ed Wood (1924-1978). Dem Erfinder dilettantischer b-movies wie „Plan 9 aus dem Weltall“ (1959) setzte Tim Burton 1994 mit seinem Oscar-prämierten biopic ein Denkmal. Und das Phänomen James Franco: Der Schauspieler hat sich im Mainstream-Kino etabliert und zum Liebling Hollywoods gemausert. Daneben lebt er seine Arbeitswut als Regisseur und Produzent von Obskurem und Abseitigem aus.

 

Info

 

The Disaster Artist

 

Regie: James Franco,

104 Min., USA 2017;

mit: Dave Franco, James Franco, Seth Rogen

 

Website zum Film

 

Dennoch ist „The Disaster Artist“ keine runde Sache geworden. Die Hauptfigur der wahren Geschichte ist Tommy Wiseau. Der Branchen-Außenseiter tritt als Regisseur mit großen Ambitionen auf; ihm fehlt aber jedes Talent. 2003 brachte er den Film „The Room“ heraus, für den er das Drehbuch geschrieben sowie die Produktion, Regie und Hauptrolle übernommen hatte.

 

Zuerst ein Flop, dann ein Hit

 

Die überambitionierte Dreiecksgeschichte trieft vor Melodramatik und unfreiwilliger Komik. Anfangs ein Flop, entwickelt sich das Machwerk allmählich zum Kultfilm: Er wird bis heute in ausverkauften Nachtvorstellungen gezeigt, bei denen das Publikum voller Inbrunst die hölzernen Dialoge der drittklassigen Darsteller mitspricht.

Offizieller Filmtrailer


Der Schauspiel-Berserker

 

„The Disaster Artist“ basiert auf dem gleichnamigen Buch von Tom Bissel und Greg Sestero, der  in „The Room“ mitspielte und darin die Entstehungsgeschichte des Films beschreibt. Es liegt nahe, dass sich James Franco als Regisseur dieses behind the scenes-Stücks an dessen Macher orientiert: Franco hat seinen Film ebenfalls in Personalunion produziert, die Regie und die Hauptrolle übernommen. Den Part des Greg Sestero besetzt er mit seinem jüngeren Bruder Dave Franco.  

 

Die Handlung beginnt, als die beiden ungleichen Charaktere Wiseau und Sestero in einer Schauspielklasse aufeinander treffen. Zuerst spricht der unsichere Greg stockend vor; dann  verwandelt Tommy das Auditorium mit einem expressiven Schrei in die Kulisse einer one man show. Die ist zwar ziemlich untalentiert, strotzt aber vor Unerschrockenheit. Greg begreift, dass das genau ist, was er braucht. Er spricht den schwarzhaarigen Berserker an; gemeinsam studieren beide eine Szene ein. Eine Arbeits-Freundschaft fürs Leben, die der Film Station für Station durchbuchstabiert.

 

Auf nach Hollywood

 

Das ist zunächst unterhaltsam: etwa, wenn beide ihre erste Textprobe in einem vollbesetzten Restaurant aufführen. Oder sie an der Stelle, an der ihr Idol James Dean einst starb, den Schwur ablegen, dass auch sie eines Tages zu Stars werden. Dafür ziehen sie nach Los Angeles in Tommys geräumige Wohnung. Als Tommy für seine anstrengend exzessiven Auftritte ständig Abfuhren kassiert, kommt Greg auf die Idee, einen Film zu drehen. Tommy wirft kurzerhand das Drehbuch für „The Room“ aufs Papier. Da er aus dubiosen Quellen genug Geld für equipment und crew hat, kann das Duo bald mit den Dreharbeiten beginnen.  

 

Die Produktion wird zum Desaster. Tommys Größenwahn und Unvermögen strapazieren alle Beteiligten, was leider recht holzschnittartig abgehandelt wird. Zaghaft versucht Greg, in ein eigenes Leben mit Freundin und kleineren Engagements auszubrechen, doch für diesen Konflikt interessiert sich James Franco wenig. Lieber zeigt er sich selbst als Tommy beim Wüten- und irgendwann ist das vermurkste Werk vollbracht: „The Room“ feiert Premiere, und auf Zerwürfnis und tiefen Fall der beiden Hauptfiguren folgt die gemeinsame Rettung durch unfreiwillige Komik. Statt als ernstzunehmender Filmemacher mit eigener cineastischer Vision reüssiert Tommy als Kult-Regisseur einer Mitternachts-Groteske.

Banaler Lebenstraum

 

Hintergrund

 

Lesen Sie hier eine Rezension des Films "Every Thing Will Be Fine" – Schuld-und-Sühne-Drama von Wim Wenders mit James Franco 

 

und hier einen Bericht über den Film "Altmann" - Dokumentation über den US-Filmemacher Robert Altmann von Ron Mann

 

und hier einen Beitrag über den FilmHitchcock – Biopic über den Regisseur von Sacha Gervasi.

 

Manchmal fühle er sich seinem Protagonisten näher, als ihm lieb sei, sagt James Franco. Doch ihm gelingt es kaum, diese Nähe im Film spürbar zu machen. Tommy bleibt eine skurrile Erscheinung, die es sich verbittet, über seine Herkunft oder seinen Reichtum zu spekulieren. Ein paar Andeutungen über Einsamkeit in der Kindheit reichen nicht aus, um seinen Charakter zu erklären; zumal sein recht banaler Lebenstraum sich auf den Willen reduziert, um jeden Preis ein Star werden zu wollen.  

 

Regisseur Franco bebildert den Film recht konventionell; es gelingt ihm nicht, eine eigene Herangehensweise für die altbekannten Motive von Männerfreundschaft und schräg ausgelebtem american dream zu finden. Stattdessen lässt er in TV-Manier talking heads auftreten, die wortreich den Kultfilm-Status von „The Room“ beschwören. Ansonsten setzt er ganz auf das Spiel des Hauptdarstellers – also sich selbst. Wobei Francos Mimik trotz seiner präzisen Imitation des realen Vorbilds Wiseau allzu oft ins Süffisante kippt.

 

Pure Schadenfreude?

 

„The Disaster Artist“ ist zwar stellenweise unterhaltsam, trägt aber nichts zur Klärung der Frage bei, warum manche missratene Filme später zu Kult-Objekten avancieren, deren treue Fan-Gemeinde sich an ihnen – aus Schadenfreude? – nicht satt sehen kann: Je schlechter, desto besser.